Belgarath der Zauberer
weg.«
»Mach die Tür auf, Pol. Ich muß mit dir reden.«
»Laß mich in Ruhe, Vater.«
Ich zuckte mit den Schultern. »Es ist deine Tür. Wenn du sie nicht aufmachst wirst du sie ersetzen müssen.«
Ihr Gesicht wirkte gezeichnet, als sie öffnete. »Was gibt es, Vater?«
»Du hast keine Zeit für Tränen, Polgara. Du kannst dich später ausweinen. Jetzt brauche ich dich. Riva kann nicht einmal klar denken; deshalb habe ich Daran als Regenten eingesetzt. Jemand muß sich um ihn kümmern, und ich habe etwas zu erledigen, das unbedingt getan werden muß.«
»Warum ich?«
»Fang du nicht auch noch damit an, Pol. Warum sagt das jeder zu mir? Du wirst hierbleiben und Daran zur Seite stehen. Gib acht daß er nicht ebenso in Melancholie versinkt wie sein Vater. Die Angarakaner haben die Augen überall, und wenn sie ein Zeichen von Schwäche entdecken, müssen wir mit einem Besuch von Ctuchik rechnen. Reiß dich jetzt zusammen. Putz dir deine Nase, und bringe dein Gesicht in Ordnung. Daran spricht zur Zeit mit Rivas Wächter. Ich bringe dich zu ihnen, und dann muß ich fort.«
»Du bleibst nicht einmal zur Beerdigung?«
»Ich habe die Beerdigung in meinem Herzen, Pol, ebenso wie du. Keine Zeremonie kann mir das abnehmen. Mach dich nun zurecht Du siehst schrecklich aus.«
Es tut mir leid, Pol, aber ich konnte nicht anders handeln. Ich mußte euch beide vom Abgrund der Verzweiflung fortreißen, indem ich euch mit Arbeit überhäufte. Etwas anderes fiel mir nicht ein.
Meine Tochter und mein Enkelsohn waren in das Gespräch mit Brand vertieft, als ich einen Vorwand geltend machte und die Insel verließ. Dann ging ich jedoch in die Berge hinter Rivas Stadt und entdeckte einen ruhigen Platz.
Dann hockte ich mich nieder und weinte wie ein verzweifeltes Kind.
Eisenfaust erholte sich nie wieder völlig vom Verlust seiner Frau. Er war allerdings schon an die Sechzig, als Beldaran uns verließ; deshalb war es ohnehin schon fast an der Zeit, daß Daran die Regentschaft übernahm. Mir verschaffte das die Gelegenheit, Pol zu zwingen, auf der Insel zu bleiben – und sie beschäftigt zu halten. Es ist wichtig, eine Aufgabe zu haben, wenn man trauert. Hätte ich etwas Wichtiges zu tun gehabt, als Poledra gestorben war, wäre gewiß vieles anders verlaufen.
Vermutlich erinnerte ich mich – schwach – daran, als ich ins Tal gelangte. Ich beschäftigte mich eingehend mit den Mrin-Texten. Ich studierte sie ausgiebig auf der Suche nach einem Hinweis, der mich vor Beldarans Tod hätte warnen können. Glücklicherweise fand ich nichts. Hätte ich etwas gefunden, wäre ich von Schuldgefühlen überwältigt worden.
Nach etwa sechs oder sieben Jahren überbrachte mir ein Bote Darans die Nachricht, daß Eisenfaust gestorben war. Bärenschulter war im vergangenen Winter dahingegangen, und Stiernacken und Flinkfuß waren beide nun sehr alte Männer. Einer der Nachteile eines sehr langen Lebens besteht darin, daß man im Laufe der Zeit sehr viele gute Freunde verliert. Manchmal habe ich das Gefühl, daß ich die meiste Zeit meines Lebens auf Beerdigungen verbrachte. Polgara kehrte im Jahr darauf ins Tal zurück und brachte einige Truhen voller medizinischer Bücher mit Vermutlich stand darin nichts, das Beldaran damals hätte helfen können; aber ich glaube, Pol wollte sichergehen. Ich weiß nicht, was sie getan hätte, wäre sie auf eine Heilmethode gestoßen; aber sie hatte genausoviel Glück wie ich.
In den nächsten fünfzig Jahren verlief alles ruhig im Tal. Daran heiratete, hatte einen Sohn und wurde alt, während Pol und ich unsere Studien fortsetzten. Unser gemeinsamer Verlust brachte uns gegenseitig näher. Als ich mich intensiver mit den Mrin-Texten befaßte, beunruhigte mich immer mehr, was vor uns lag, aber soviel ich feststellen konnte, hatten wir alles richtig vorbereitet. Wir waren also gerüstet.
Beldin kehrte Ende des einundzwanzigsten Jahrhunderts aus Mallorea zurück und berichtete, daß dort nicht viel los war. »Soweit ich feststellen kann, wird nichts geschehen, bis Torak aus seiner Abgeschiedenheit in Ashaba kommt.«
»Hier ist es ähnlich«, erwiderte ich. »Die Tolnedrer haben das Gold in Maragor gefunden, und sie bauten eine Stadt an einem Ort namens Tol Rane an der maragischen Grenze. Sie versuchen, die Marager dazu zu bringen, Handel zu treiben, sind aber nicht sehr erfolgreich. Ist Zedar noch in Ashaba?«
Er nickte. »Ich schätze, daß Brandgesicht seine Anwesenheit braucht.«
»Ich wüßte nicht,
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