Belgarath der Zauberer
sie mich ebenso kühl wissen. »Ich werde mit dir gehen, ob es dir gefällt oder nicht.«
»Wie du willst.« Ich gab auf. Ich hatte schon vor langer Zeit gelernt, wie sinnlos es war, ihr Befehle erteilen zu wollen.
So waren wir zu viert, als wir die Grenze nach Alorien erreichten und nach Belar Ausschau hielten. Ich glaube, er wich uns aus, denn wir konnten ihn nicht finden. Er hätte den Stammeskriegen jederzeit Einhalt gebieten können, doch Belar war unglaublich stur. Er wollte keinesfalls Partei ergreifen, als seine Alorner untereinander zu streiten anfingen. Unparteilichkeit ist ein schöner Charakterzug bei einem Gott, aber das hier war lächerlich. Wir brachen schließlich unsere Suche nach ihm ab und begaben uns an die Mündung des Flusses, der den Namen unseres Meisters trägt, und blickten über den Golf, der nun Golf von Cherek heißt. Wir sahen dort Schiffe, die mir aber nicht seetüchtig erschienen. Eine flache Prahm mit eckigem Bug entspricht nicht meiner Vorstellung eines Schiffes, das über die Wogen hinweggleitet. Die Zwillinge und ich besprachen uns, und wir beschlossen, unsere Gestalt zu wandeln und lieber über den Golf zu fliegen, als eine dieser lecken Badewannen zu heuern.
»Ich stelle fest daß du das Fliegen immer noch nicht beherrschst«, meinte die Schneeule, die geistergleich an meiner Seite flog.
»Ich schaff es schon«, erwiderte ich, während ich wild mit den Flügeln schlug.
»Aber nicht sehr gut.« Sie mußte immer das letzte Wort haben; deshalb gab ich auch keine Antwort, sondern bemühte mich statt dessen, meine Schwanzfedern aus dem Wasser zu halten.
Nach einem Flug, der mir unendlich lange vorkam, erreichten wir den schlichten Hafen, der damals den Platz des heutigen Val Alorn einnahm, und suchten nach König Chaggats direktem Vorfahren, König Uvar Krummschnabel. Wir fanden ihn auf der mit Baumstümpfen übersäten Lichtung vor seinem Blockhaus, wo er Holz hackte. Ran Vordue IV, der damalige Herrscher über Tolnedra, lebte in einem Palast. Uvar Krummschnabel herrschte über ein Reich, das mindestens ein dutzendmal größer war als Tolnedra, aber er hauste in einem aus Baumstämmen errichteten Schuppen, in den es hineinregnete. Ich vermute, es wäre ihm nie in den Sinn gekommen, einem seiner Leibeigenen zu befehlen, Holz für ihn zu hacken. Das System der Leibeigenschaft hatte in Alorien nie wirklich funktioniert, denn die Alorner geben keine guten Sklaven ab. Man hatte die Sklaverei nie richtig abgeschafft; sie wurde einfach nicht praktiziert. Wie dem auch sei, Uvar stand mit nacktem Oberkörper auf seiner Lichtung, schwitzte wie ein Schwein und hackte Holz, was das Zeug hielt.
»Sei gegrüßt Belgarath«, hieß er mich willkommen, ließ die Axt auf den Hackstock niedersausen und wischte sich den Schweiß aus dem bärtigen Gesicht Ich hielt stets Kontakt mit den alornischen Königen, deshalb kannte er mich.
»Sei gegrüßt Krummschnabel«, erwiderte ich. »Was geht hier bei euch vor?«
»Ich hacke Holz«, stellte er mit tiefernstem Gesicht fest.
»Ja«, meinte ich, »das ist mir auch gleich aufgefallen, aber darüber wollte ich nicht reden. Wir hörten, daß ihr hier einen Krieg führt.«
Uvar hatte kleine Augen, wie Schweine sie haben, und er schielte mich um seine riesige, gebrochene Nase herum an. »Oh«, sagte er, »das. Es ist kein besonders großer Krieg. Damit werde ich schon fertig.«
»Uvar«, begann ich, so geduldig ich nur konnte, »wenn du damit fertig werden willst, ist es dann nicht Zeit, daß du damit anfängst? Der Krieg dauert nun schon ein ganzes Jahr und ein halbes dazu.«
»Ich war ziemlich beschäftigt, Belgarath«, verteidigte er sich. »Ich mußte mein Dach ausbessern, und der Winter steht vor der Tun deshalb muß ich Feuerholz machen.«
Könnt ihr glauben, daß dieser Mann ein direkter Vorfahr von König Anheg war?
Um meinen Ärger zu verbergen, stellte ich ihm die Zwillinge vor.
»Warum gehen wir nicht alle hinein?« schlug Uvar vor. »Drinnen wartet ein Faß wirklich gutes Bier auf uns. Außerdem habe ich genug vom Holzhacken.«
Die Zwillinge verbargen – beide mit derselben Geste -ein Lächeln, das sich in ihre Gesichter stahl, und wir betraten Uvars ›Palast‹, einen unordentlichen Schuppen mit schmutzigem Boden und unvorstellbar grob gezimmerten Möbeln.
»Was hat diesen Krieg ausgelöst, Uvar?« fragte ich den König von Alorien, nachdem wir auf wackeligen Stühlen um seinen Tisch Platz genommen und sein Bier gekostet
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