Belgarath der Zauberer
nachdem er gestorben war. Danach war ich der Meinung, genug über die Morindim erfahren zu haben. Also legte ich meine Verkleidung ab und ging wieder nach Hause.
Auf meinem Weg zurück ins Tal kam ich an ein großes, säuberlich mit Ried gedecktes Blockhaus, das an einem kleinen Fluß inmitten einer Gruppe riesiger Bäume stand. Das war gleich am Nordende des Tals, und ich bin dort schon oft vorbeigekommen. Ich schwöre, daß ich das Haus dort noch nie zuvor gesehen hatte. Mehr noch – soweit mir bekannt war, gab es im Umkreis von fünfzehnhundert Meilen keine Siedlung, abgesehen von unseren Türmen im Tal. Ich fragte mich, wer wohl an einem so einsamen Ort ein Blockhaus errichtet haben mochte; deshalb ging ich zur Tür, um einen Blick auf diese kühnen Pioniere zu werfen.
Es gab jedoch nur einen Bewohner dort, eine Frau, die wohl wesentlich jünger aussah, als sie tatsächlich war. Ihr Haar war von gelbbrauner Farbe und ihre Augen seltsam golden. Merkwürdigerweise trug sie keine Schuhe, und ich stellte fest, daß sie hübsche Füße hatte.
Als ich näher kam, stand sie in der offenen Tür – als hätte sie mich erwartet. Ich stellte mich vor und sagte ihr, daß wir Nachbarn waren, was sie nicht zu überraschen schien. Ich dachte mir nicht viel dabei, außer daß sie zu den Leuten gehörte, die es vorzogen, allein zu sein. Ich wollte mich gerade von ihr verabschieden, als sie mich zum Essen einlud. Das war schon seltsam. Ich war nicht sonderlich hungrig gewesen, als ich mich dem Blockhaus näherte, doch als sie das Essen erwähnte, fühlte ich mich geradezu ausgehungert.
Im Inneren der Hütte war alles ordentlich, hell und sauber, mit all den Kleinigkeiten, an denen man ein Haus erkennt, in dem eine Frau wohnt, im Gegensatz zu den unordentlichen Schuppen, in denen Männer hausten. Für ein Blockhaus war es außerordentlich geräumig, und obwohl es mich nichts anging, fragte ich mich, wozu die Frau so viel Platz brauchte.
An den Fenstern hingen – selbstverständlich – Vorhänge, und irdene Topfe mit Wildblumen standen auf den Fenstersimsen und auf der Mitte des polierten Eichentisches. Im Kamin brannte lustig ein Feuer, und ein großer Kessel blubberte vor sich hin. Wundervolle Düfte stiegen davon auf, wie auch von den Laiben frisch gebackenen Brotes aus dem Backofen.
»Wie wär’s, wenn du dich vor dem Essen wäschst?« schlug sie mit Feingefühl vor.
Um ehrlich zu sein, daran hatte ich gar nicht gedacht.
Sie schien mein Zögern als Zustimmung zu werten und brachte mir einen Eimer warmes Wasser vom Herd, ein Handtuch und ein Stück brauner, selbstgemachter Seife. »Da draußen«, sagte sie und deutete auf die Tür.
Ich ging hinaus, stellte den Eimer auf ein Gestell neben der Tür und wusch mir Hände und Gesicht. Danach fiel mir ein, daß ich auch meinen Oberkörper waschen sollte, also zog ich meinen Kittel aus und tat es. Ich trocknete mich ab, kleidete mich wieder an und ging zurück ins Blockhaus.
Sie rümpfte die Nase. »Bemerkenswert«, sagte sie anerkennend. Dann deutete sie auf den Tisch. »Setz dich«, sagte sie. »Ich werde dir dein Essen bringen.« Sie nahm einen getöpferten Teller aus einem Regal und ging lautlos über ihren makellos sauberen Boden. Dann kniete sie neben dem Herd nieder, füllte den Teller und brachte mir ein Essen, wie ich es seit Jahren nicht mehr genossen hatte.
Ihre Vertrautheit erschien mir ein wenig seltsam, half mir jedoch über die Verlegenheit hinweg, die man in Gegenwart Fremder mitunter empfindet.
Nachdem ich gegessen hatte – zugegeben etwas mehr, als ich hätte essen sollen –, unterhielten wir uns. Ich fand, daß diese Frau mit den goldbraunen Haaren ungewöhnlich klug war. Damit will ich sagen, daß sie meistens meine Meinung teilte.
Ist euch das auch schon aufgefallen? Wenn wir die Intelligenz anderer beurteilen, bewerten wir, wie sehr ihre Art zu denken der unseren gleicht. Ich bin sicher, daß es Leute gibt, die gänzlich anderer Meinung sind als ich, und ich bin tolerant genug, ihnen zuzugestehen, daß sie nicht vollkommene Idioten sind. Trotzdem ziehe ich die Gesellschaft der Leute vor, die meine Ansichten teilen.
Darüber solltet ihr vielleicht mal nachdenken.
Ich genoß ihre Gesellschaft und stellte fest, daß ich mir Entschuldigungen ausdachte, um nicht gehen zu müssen. Sie sah außerordentlich gut aus, und ihr Duft verwirrte mir die Sinne. Sie sagte, ihr Name sei Poledra, und er gefiel mir. Ich mochte nahezu alles an ihr. »Ich frage
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