Belgarath der Zauberer
Falls ihr also Fragen habt dann stellt sie jetzt.«
»Unser Freund hier ist der mächtigste Zauberer der Welt«, erklärte Cherek seinen Söhnen salbungsvoll. »Es gibt nichts, das er nicht tun könnte.« Ich fürchte, er glaubte wirklich, was er sagte.
»Keine Fragen?« wollte ich wissen und warf einen Blick auf meine vier Begleiter. »Gut«, meinte ich, »jetzt seid ihr dran, mit mir Schritt zu halten.« Ich formte das Bild in meinen Gedanken und schlüpfte in meine Wolfsgestalt Ich hatte das schon so oft getan, daß es mir längst keine Probleme mehr bereitete.
»Belar!« stieß Dras hervor und machte einen Satz rückwärts.
Dann rannte ich ein Stück in nordöstlicher Richtung, drehte mich um und setzte mich, um auf sie zu warten. Selbst Alorner können dieses Verhalten deuten.
Der Priester Belars, welcher die ersten Kapitel des Buches der Alorner zu Papier brachte, nahm es offensichtlich nicht so genau mit der Wahrheit, als er unsere Reise beschrieb. Entweder war er betrunken, während er die Berichte aufzeichnete, oder ihm fehlten die Tatsachen. Vielleicht war er auch der Ansicht, daß die Wahrheit viel zu prosaisch für sein schriftstellerisches Talent sei, von dem er felsenfest überzeugt war. Er behauptete, daß Dras, Algar und Riva tausend Meilen nördlich auf uns warteten, was schlichtweg nicht der Wahrheit entsprach. Er schrieb auch, daß mein Haupthaar und der Bart durch den Frost dieses bitteren Winters weiß geworden seien. Auch das war gelogen. Mein Haar war schon lange zuvor weiß geworden – hauptsächlich meiner Beziehung zu den Kindern des Bärengottes wegen.
Ich war noch immer nicht allzu glücklich über diese Reise und gab meinen breitschultrigen Begleitern die Schuld daran. Jeden Tag trieb ich die vier an den Rand der Erschöpfung. Abends nahm ich meine eigene Gestalt an, und für gewöhnlich hatte ich genug Zeit, das Feuer zu entfachen und mit den Essensvorbereitungen zu beginnen, ehe sie schnaufend ins Lager gestolpert kamen. »Wir haben es eilig«, erinnerte ich sie ein wenig boshaft. »Es ist noch ein weiter Weg bis zu dieser Brücke, und wir wollen doch ankommen, ehe das Eis bricht, nicht wahr?«
Über die schneebedeckten Ebenen des heutigen Algarien zogen wir weiter gen Nordosten, bis wir die gefährlichen Steilhänge erreichten, die eine unüberwindbare Barriere bildeten. Ich hatte nicht die Absicht, diese meilenhohen Klippen hinaufzuklettern; deshalb schlug ich einen Bogen nordwärts durch die Sümpfe des heutigen östlichen Drasnien. Dann zogen wir über die Berge in die weite Öde, in der die Morindim leben.
Meine boshaften Versuche, Cherek und seine Söhne zur völligen Erschöpfung zu treiben, bewirkten zweierlei. Wir erreichten Mo-rindland in weniger als einem Monat, und meine alornischen Freunde waren in bester körperlicher Verfassung, als wir dort eintrafen. Versucht ihr mal, einen Monat lang jeden Tag so schnell zu laufen, wie ihr könnt - dann werdet ihr schon feststellen, was dabei herauskommt Angenommen, ihr brecht nicht gleich am ersten Tag zusammen und sterbt, werdet ihr am Ende des Monats in Höchstform sein. Wenn meine drei Freunde irgendwo am Körper noch ein Gramm Fett hatten, dann höchstens unter den Fingernägeln. So ist auch in der größten Anstrengung ein kleiner Nutzen verborgen.
Als wir von dem nördlichen Gebirge herabgestiegen waren, das die Südgrenze Morindlands bildet, nahm ich wieder meine eigene Gestalt an und ließ anhalten. Es war mitten im Winter, und auf der riesigen arktischen Ebene, auf der die Morindim lebten, lagen Schnee und Dunkelheit. Die lange Nordnacht hatte eingesetzt. Glücklicherweise jedoch hatten wir Morindland früh genug erreicht daß der Halbmond noch tief am südlichen Horizont hing, so daß sein spärliches Licht das Reisen möglich machte – nicht gerade angenehm, aber möglich. »Ich glaube nicht, daß wir dort hinausgehen müssen«, sagte ich zu meinen fellbekleideten Freunden und deutete auf die gefrorene Ebene. »Es hat nicht viel Sinn, mit jeder Gruppe Morindim, die uns über den Weg läuft, lange Diskussionen zu führen, nicht wahr?«
»Nein, eigentlich nicht«, stimmte Cherek zu und verzog das Gesicht. »Ich halte nicht viel von den Morindim. Sie verbringen Wochen damit, um über ihre Träume zu reden, und dafür haben wir nun wirklich nicht genug Zeit.«
»Als Algar und ich von der Brücke zurückkehrten, haben wir uns nahe an den Ausläufern des Gebirges gehalten«, berichtete Riva. »Die Morindim mögen
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