Belisla Piraten 01: Piratenjunge
dich entführen wollten. Wir sind ein sehr sicheres Land mit deutlich weniger Verbrechen als in anderen Ländern der Karibik. Wir wollen, dass unsere Gäste sich hier wohl fühlen und wiederkommen.«
Amelia hob schüchtern die Hand, wie im Unterricht. Sie hatte sich das Badehandtuch umgewickelt, ganz in Schwimmkleidung wollte sie wohl doch nicht vor dem Gouverneur sitzen. »Weiß man, warum die Männer Johannes rauben wollten?«
»Auch wenn wir die Identität der Männer nicht kennen und der gestohlene Lieferwagen keine Spuren brachte, hat die Polizei herausbekommen, dass es wohl eine Verwechslung war«, antwortete der Gouverneur. Papa hatte seine linke Augenbraue gehoben, wie Johannes aus den Augenwinkeln sah. Wenn Papa das machte, hatte er Amelia oder Johannes beim Lügen erwischt. Ein klares Anzeichen dafür, dass er dem Gouverneur kein Wort glaubte. Schau, schau, ein lügender Gouverneur. Ein unauffälliger Zehentipper von Amelia zeigte Johannes, dass sie es auch gesehen hatte.
»Eine Frau auf Marks Rock hat gerade eine schwierige Trennung von ihrem Mann hinter sich«, fuhr der Gouverneur fort und machte ein ganz betroffenes Gesicht. »Der Mann hat das Sorgerecht für den zwölfjährigen Sohn bekommen. Die Frau hielt aber den Sohn versteckt, damit der Ex-Mann nicht an ihn heran kam. Wir vermuten, dass der Mann zusammen mit seinen Freunden den Sohn mit Gewalt zu sich holen wollte.«
Papa räusperte sich, die Augenbraue hoch gezogen. »Und sie glauben, dass da eine Verwechslung vorlag? Dass Johannes aus Versehen aufgegriffen wurde, weil er ähnlichen Alters war?«
Gouverneur Patricks hob die Arme, wie ein Pastor, der zu einer Predigt ansetzte. »Genau! Es ist eine Frage der Zeit bis die Inselpolizei die Männer gefasst hat.« Patricks wandte sich an Johannes. »Ich hoffe, dass dir dein Urlaub nicht zu sehr verdorben ist und dass du unseren schönen Inselarchipel Belisla in guter Erinnerung behältst. Kannst du das?« Und er sah Johannes mit einem freundlichen Lächeln an. Johannes war sich nicht sicher, ob er die Wahrheit sagen oder höflich sein sollte. Die Wahrheit war, dass Johannes die Inseln nach dem Entführungsversuch nicht mehr unbedingt mochte und ein Resturlaub zu Hause mit Fußballspielen und Fernsehen auch nett wäre. Aber heute morgen hatte er die Entscheidung zu bleiben, bereits zusammen mit Amelia getroffen. Johannes machte gute Miene, nickte höflich und sagte, was der Gouverneur hören wollte: »Wir haben heute morgen entschieden, dass wir hier bleiben werden. Gegen Verwechslungen kann man nichts machen.«
»Das ist die richtige Einstellung, mein Junge.« Gouverneur Patricks fuhr mit seiner Hand durch Johannes Haare und unterhielt sich dann mit Mama und Papa eine Weile über andere Dinge während Amelia und Johannes eine Runde Baden gingen.
»Ich wette, er färbt seine Haare«, flüsterte Amelia, als sie ins Wasser gingen.
»Das macht ihn natürlich hoch verdächtig.«
Und als sie dann herumspritzten, fragte Johannes: »Weißt du warum Papa seine Lügendetektor-Augenbraue hochgezogen hat?«
Amelia sah zum Strand rüber. »Gouverneur Patricks hat doch gesagt, dass seine Inselgruppe sicherer sei als manche andere Insel hier in der Karibik.«
»Auch wenn ich das nach unseren Erfahrungen nicht ganz glaube.«
»Vermutlich redet jeder Politiker sein Land schön, um die Touristen nicht abzuschrecken«, fuhr Amelia fort. »Aber wenn das hier wirklich sicher sein soll, warum sind dann zwei Polizisten als Schutz mit an den Strand gekommen und lassen ihren Gouverneur keine Sekunde allein.«
Johannes sah zum Strand und tatsächlich, das war ihm nicht aufgefallen. Die zwei Polizisten standen wie Wachmänner, wie Bodyguards, schräg hinter der Liege auf der Gouverneur Patricks saß.
»Beide tragen weiße Uniformen, statt den üblichen schwarzen. Vielleicht eine Spezialeinheit?«
Einer der Polizisten sah regelmäßig in alle Himmelsrichtungen, der andere schien die meiste Zeit den Horizont des Wassers abzusuchen. »Na, ob die Gefahr wirklich nah ist? Viele wütende Touristen sind hier nicht am Strand«, sagte Johannes und spielte toter Mann in der Wellendünung.
»Vielleicht kommt die Gefahr vom Wasser?«, meinte Amelia. »Mein innerer Detektiv sagt mir, dass es vielleicht Gefahr von einem Schiff aus gibt.«
»Schiffe gibt es sicherlich viele hier, aber welche Gefahr kann davon ausgehen? Eine Ölpest, wenn es auf Grund läuft?«
Amelia winkte ab.
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