Belisla Piraten 01: Piratenjunge
Veranstaltungen die Zeit auflockerten. Ende Oktober dagegen war der Urlaubsort definitiv keine Eventzone, im Gegenteil: eher ein Friedhof. Die übrig gebliebenen Gordons lebten als einzige in der Wohnsiedlung in der Nähe des Inselhauptorts. Fast alle Restaurants und Geschäfte waren geschlossen, und es regnete jeden Tag.
Die ersten Tage bestanden darin, die Gordon‘sche Garderobe auf Herbst- und Winterbetrieb umzustellen — das Gepäck war doch arg strandlastig und sommerlich gewesen. Immerhin hatte Amelia jetzt eine neue warme Hose und eine Daunenjacke in trendigem rosa. Und eine tolle Snowboardmütze, auch wenn es hier nicht eine einzige Skipiste gab. Aber nach den ersten Shopping-Attacken flaute die Stimmung rapide ab. Fernsehen oder Lesen konnte man nicht den ganzen Tag, dass bald schon Langeweile aufkam.
Das Telefon klingelte gegen Mittag. Amelia war alleine in der Wohnung, da Mama und Papa zum Einkaufen gegangen waren. Papa hatte das Aufladen vergessen, dass er das Telefon fluchend eingestöpselt hatte und mit Mama ohne Verbindungsgerät gegangen war. Amelia sprang zum Telefon und sah eine merkwürdige Telefonnummer auf dem Display. Johnny?
»Ja?«, fragte Amelia vorsichtig.
»Amelia, bist du das?«, fragte Johnnys leise Stimme durch ein digitales Rauschen.
»Johannes, wo bist du? Wie geht es dir? Hast du den Schatz gefunden?«
»Stopp, stopp, stopp, ich komme sonst nicht dran und ich weiß nicht, wie lange dieses Telefon funktionieren wird. Die Batterie ist nicht aufgeladen. Ist Papa da? Zuhause nimmt keiner ab.«
»Oops, kleines Detail am Rande: wir sind nicht zu Hause, sondern auf der Insel in Westerstrand im Ferienquartier. Ich sag dir: Sauwetter und nix los hier.«
«Mist, dann müsst ihr extra deswegen nach Hause! Denk dran Papa zu warnen. Es kann sein, dass unsere Wohnung von feindlichen Piraten überwacht wird! Papa muss super vorsichtig sein. Kein Risiko eingehen, Okay?«
»Mama und Papa sind Einkaufen gegangen. Vielleicht in einer Stunde wieder zurück.«
»Mist. Kannst du bitte Papa etwas ausrichten: er muss etwas an Opas Flaschenschiff untersuchen.«
Amelias Herz schlug schneller. Das war aufregend, das Geheimnis um Opas Erbstücke. »Und was soll er genau tun?«
»Keine Ahnung was genau das sein könnte. Aber entweder auf dem Boot oder in der Flasche befindet sich ein Symbol. Wie auf meinem Amulett von Opa der Bär zu sehen war.«
»Symbol, verstehe. Darf Papa das Schiff kaputt machen, falls es nicht anders geht?«
»Wenn es nicht anders geht, muss es sein«, meinte Johannes. »Dann bitte mir eine SMS schicken auf die Nummer, die auf dem Display steht. Und sicherheitshalber eine E-Mail an meine normale Adresse. Okay?«
Amelia kritzelte die Nummer auf einen Notizblock, der in der Küche der Ferienwohnung stand. »Ich habe verstanden. Ich werde es ausrichten. Geht es dir gut?«
»Mir geht es gut. Ich erlebe hier die verrücktesten Abenteuer; überfalle Schiffe und Burgen, raube andere Piraten aus. Das Symbol ist das letzte Rätsel, dass wir lösen müssen. Dann haben wir den Ort des Schatzes raus.«
»Das hört sich gut an«, meinte Amelia trocken. Sie war etwas neidisch, dass ihr kleiner Bruder all diese tollen Abenteuer erleben konnte. Mit Piraten in der Karibik segeln und Action ohne Ende. «Ich werde alles ausrichten. Wann sehen wir dich wieder?«
»Weiß nicht. Aber ich muss jetzt Schluss machen, die Batterien müssen geschont werden. Siehst du meine Nummer auf dem Display?«
»Können wir dich dort anrufen?« Amelia kritzelte die Nummer auf den Block.
«Wegen der Batterien nicht dauernd. Sag Papa, dass ich das Telefon jeden Tag um zwölf Uhr für zehn Minuten einschalten werde. Mach‘s gut, Schwesterherz.«
Amelia legte auf. Quatsch, sie war nicht neidisch. Sie war rieeeessssig neidisch. Action ohne Ende und sie war hier in diesem verregneten Feriennest. So einfach ließ sie sich nicht abspeisen. Telefondame, nein danke!
Die Sonne stand tief am Horizont kurz vor dem Untergang; Wasser und Himmel schillerte in allen Farben durch die Fenster. Johnny und Pierre standen an dem Navigationstisch in der Kapitänskajüte vor einer Karte des gesamten Archipels. Die große Kartenkopie war auf dem Boden ausgebreitet.
»Wenn wir die Position der Insel von Amelia mitgeteilt bekommen, wie lange werden wir dann dorthin segeln?«
»Im günstigsten Fall benötigen wir einen halben Tag zur Schatzinsel.« Pierre drehte einen Kreis mit einem Zirkel. »Allerdings sind
Weitere Kostenlose Bücher