Bell ist der Nächste
der Linden Street untersuche.
Nach einer Weile kam Bridgets derzeitige Freundin vorbei, eine ätherische Frau mit blonden Haaren, die von ihrem Erbe lebt und an Samstagabenden in dunklen Cafés Laute spielt. Sie heißt Ariel oder Amber, und vielleicht irre ich mich, was die Laute anbelangt. Es könnte auch eine Zither sein.
Nach einer Weile machten sich die beiden auf den Weg, um bei Palio zu Abend zu essen, aber ich blieb noch sitzen. Die Band hatte inzwischen schon viele der bekannteren Dylan- Songs gespielt und fing gerade mit »Things Have Changed« an. Der unmodische Kerl auf der anderen Straßenseite leistete mir immer noch Gesellschaft. Jetzt fiel mir etwas auf, das ich zuvor noch nicht bemerkt hatte. Um seine linke Hand trug er einen Verband.
Ich schüttete meine zweite Limonade hinunter und griff nach dem Umschlag, den ich von oben mitgenommen hatte. Neun mal zwölf, keine Aufschrift auf dem Umschlag, mit Klebstreifen zugeklebt. Ich holte mein Messer heraus, zog eine Klinge hervor, und falls der Typ in dem karierten Hemd davon eingeschüchtert war, ließ er es sich nicht anmerken. Ein Schnitt entlang der Lasche, und das Messer wanderte zurück in meine Tasche.
Ich zog das dünne Manuskript heraus – acht oder zehn Seiten, die zusammengeheftet waren. Ich las den ersten Satz, und es stellte sich heraus, dass Dylan recht hatte. Die Dinge hatten sich verändert.
Als ich aufsah, starrte mich mein Kollege von der anderen Straßenseite aus an. Und obwohl er die ganze Zeit unter dieser Markise herumgegammelt hatte, drehte er sich jetzt auf der Hacke um und eilte in einem ziemlichen Tempo davon.
Ich sprang vom Tisch auf, wobei ich beinahe mit einem älteren Ehepaar zusammenstieß, das schon darauf gewartet hatte, dass ich ging. Die Frau fächerte sich mit einem Ausstellerverzeichnis Luft zu, und der Ehemann schleppte ein Zierobjekt für einen Steingarten mit sich herum, eine munter wirkende Ente, die er auf den Tisch wuchtete, um ihn in Beschlag zu nehmen.
Als ich den Umschlag, die Blätter und meine Mappe zusammengerafft hatte, hatte ich meinen merkwürdigen Gefährten aus den Augen verloren. Ich lief auf die Straße, mitten ins Meer der Touristen – alle trugen sie Sonnenbrillen und die Hälfte von ihnen Safarihüte. Ich stellte mich auf die Zehenspitzen, um besser sehen zu können. Richtung Süden konnte ich die Bühne erkennen, auf der die Band spielte, und dahinter eine Reihe mit Imbissbuden. An der westlichen Seite befand sich eine lange Reihe von Verkaufsständen mit Kunsthandwerk – offene weiße Zelte. In der Mitte waren zwei kompakte Schlangen von Menschen, die eine führte von mir weg, die andere auf mich zu.
Einen halben Block weiter machte ich etwas Kariertes aus, aber im nächsten Moment war es wieder verschwunden. Ich rannte los, schob mich zwischen zwei Collegestudenten in Basketballtrikots durch und lief auf eine dürre Bronzeskulptur zu, die ich mir als Orientierungspunkt ausgesucht hatte. Aber kurz darauf hing ich schon hinter einer Frau fest, die einen Kinderwagen vor sich herschob, und als ich die Skulptur endlich erreicht hatte, war nichts Kariertes mehr zu sehen.
Ich schob mich weiter durch die Menge, vorbei an Keramikfliesen und Fotografien aus der freien Wildbahn. Ich gelangte zu einem Stand, der keltischen Schmuck verkaufte, und erhaschte wieder einen Blick auf ein kariertes Hemd, das um eine Ecke bog und hinter einer Wand aus weißem Zeltstoff verschwand. Als ich um die Ecke kam, stand er da, so nahe, dass ich meine Hand auf seine karierte Schulter platzieren und ihn zu mir drehen konnte. Er stolperte über den Bordstein und ging rückwärts zu Boden. Der Safarihut fiel herunter, und seine Sonnenbrille stellte sich schief. In diesem Moment sah ich, dass er Khakihosen trug, keine Cargos. Er hatte keinen Verband um die Hand. Es war der falsche Mann.
»Was zum Teufel soll das?«, sagte er und schickte mich wütend weg, als ich ihm aufzuhelfen versuchte. Er hob seinen Hut auf und ignorierte meine entschuldigenden Worte. Ich trat wieder auf die Straße und erwog, weiter Richtung Süden zu gehen, aber mir wurde klar, dass der Mann, den ich suchte, inzwischen sonst wo sein konnte – in irgendeiner Seitenstraße, in einem der Dutzend Läden oder Restaurants.
Ich beschloss, ins Büro zurückzukehren. Unterwegs zog ich das Manuskript aus der Mappe. Ich blätterte die Seiten durch, überflog sie, erfasste einzelne Wörter und Sätze. Es war ein heilloses Durcheinander, aber das machte
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