Bell ist der Nächste
müssen die Wände einreißen.«
56
Ich dachte, es würde nun langsam Schritt für Schritt weitergehen, es war schon ziemlich spät am Samstagabend. Aber während ich bei Tillman blieb, ging Elizabeth nach draußen in den Garten und machte ein paar Anrufe mit ihrem Handy. Sie sprach mit Owen McCaleb und informierte ihn darüber, was sie vorhatte. Von McCaleb bekam sie die Nummer von jemandem, der einst beim Militär gewesen war, einem Mann namens Brian Hannagan, der in Sault Sainte Marie wohnte und inzwischen Kommissar bei der Michigan State Police war. Sie brauchte jemanden, der hier zuständig war, und sie wollte nicht die örtliche Dienststelle des Sheriffs einbeziehen.
Ich weiß nicht, wie viel sie Hannagan erzählte. Es muss nicht leicht gewesen sein, ihn davon zu überzeugen, die Vorstellung ernst zu nehmen, dass ein US-Senator womöglich dafür gezahlt hatte, Terry Dawtrey töten zu lassen. Die Geschichte war kompliziert, und während ich dasaß und Tillman beobachtete, versuchte ich selbst, sie zu kapieren. Hätte ich ein Notizbuch besessen wie Lark, hätte ich sie vielleicht sogar aufgeschrieben.
Lucy Navarro hatte unwissentlich alles in Gang gesetzt, als sie Dawtrey im Gefängnis besucht hatte. Er deutete an, dass er ihr den Namen des fünften Bankräubers nennen würde. Ich wusste, dass es Leute gab, die ihr Gespräch mitgehört haben konnten: Wärter, andere Insassen. Es konnte sich herumgesprochen haben. Ein Insasse erzählt es einem Wärter, ein Wärter erzählt es dem Gefängnisdirektor. Vielleicht hat es der Gefängnisdirektor Harlan Spencer erzählt, weil Spencer ein Interesse daran hatte, Dawtrey im Auge zu behalten, den Mann, der ihn niedergeschossen hatte. Und Spencer hatte es dann John Casterbridge erzählt.
Casterbridge hatte gute Gründe, dafür zu sorgen, dass Dawtrey stumm blieb, denn der fünfte Bankräuber war sein Sohn, Matthew Kenneally.
Als Casterbridge hörte, dass Dawtrey mit einer Reporterin gesprochen hatte, was konnte er da unternehmen? Er konnte keinen Anschlag auf Dawtrey befehlen – zumindest wäre das nicht seine erste Reaktion gewesen. Aber er konnte seinen Sohn warnen.
Matthew Kenneally mochte schon gedacht haben, dass der Überfall auf die Great Lakes Bank nun der Vergangenheit angehörte, aber plötzlich redeten die Leute wieder davon, weil Callie Spencer für den Senat kandidierte. Kenneally hatte siebzehn Jahre lang unter dem Schutz seines Vaters gestanden, aber er hat natürlich gewusst, dass John Casterbridge nicht bis in alle Ewigkeit für ihn da ist. Bestimmt hat Kenneally sich Sorgen gemacht, schon bevor ihm zu Ohren gekommen war, dass Dawtrey mit einer Reporterin gesprochen hatte.
Und da war Kenneally auf Anthony Lark gestoßen, einen Mann, der auf ein totes Mädchen fixiert war. Ein Mädchen, das ein wunderschönes Lächeln gehabt hatte, dem von Callie Spencer so ähnlich.
Kenneally hatte nicht den Mut, sich Dawtrey selbst vorzuknöpfen. Stattdessen lenkte er Larks Aufmerksamkeit auf die Bankräuber. Er überzeugte Lark, dass sie eine Gefahr für Callie darstellten und dass er die Frau retten muss.
Es funktionierte. Lark kam an Terry Dawtrey nicht heran, weil der im Gefängnis saß, aber er tat das Nächstbeste: Er tötete Dawtreys Vater, sodass sie Terry zur Beerdigung gehen lassen mussten. Dann geschah etwas, womit niemand gerechnet hatte. Nick entwickelte einen Fluchtplan für Terry.
Bei ihm zu Hause hatten Elizabeth und ich mit Nick über diesen Plan gesprochen. Er erzählte uns, wie er sich mit Terry abgesprochen hatte. Zwischen dem Tag, an dem sein Vater gestorben war, und dem Tag der Beerdigung hatten sie nur ein Mal miteinander kommunizieren können. Eine einzige Nachricht wurde zwischen den beiden ausgetauscht, und zwar im Besucherzimmer des Gefängnisses.
Jemand musste die beiden dabei beobachtet haben: vielleicht ein Insasse, vielleicht ein Wärter. Irgendwie bekam John Casterbridge Wind davon – vielleicht auf demselben Weg, wie er davon erfahren hatte, dass Terry Dawtrey mit Lucy Navarro gesprochen hatte.
Der Senator hatte bislang vielleicht nicht ernsthaft daran gedacht, Dawtrey töten zu lassen, aber jetzt sah er die Gelegenheit gekommen. Er schloss eine Abmachung mit Walter Delacorte, um sicherzugehen, dass Dawtrey bei seinem Fluchtversuch starb. Casterbridge erzählte seinem Sohn nichts von diesem Handel, und Kenneally erzählte seinem Vater nichts über Anthony Lark. Also war Terry Dawtrey am Morgen der Beerdigung am Whiteleaf
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