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Bell ist der Nächste

Bell ist der Nächste

Titel: Bell ist der Nächste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Dolan
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Zeichnung von ihm veröffentlicht, aber vielleicht hatte sie sie nicht gesehen. Wahrscheinlich war sie Studentin. Wie viele Studenten lasen schon Zeitung?
    Außerdem ähnelte ihm die Zeichnung nur vage. Sie zeigte ihn mit einem Hut und einem Zwei-Tage-Bart, und jetzt trug er keinen Hut und war frisch rasiert. Er glaubte nicht, dass sie ihn wiedererkannt hatte. Wenn sie ihn für einen Mörder hielt, wäre sie doch nie zu ihm hereingekommen.
    Also hielt sie ihn nicht für einen Mörder. Sie dachte, er hätte vielleicht ihren Kater an sich genommen. Wenn sie begriff, dass dem nicht so war, würde sie wieder in ihrer Wohnung verschwinden, und er könnte sie vergessen.
    In diesem Moment hörte er Schritte. Sie kam durch den Flur zurück, tupfte sich mit einem seiner Handtücher die Bluse ab.
    »Alles in Ordnung?«, sagte er.
    Sie lächelte schüchtern und nickte. »Ich sollte Sie jetzt wirklich in Ruhe lassen. Ich habe Sie schon genug beansprucht.«
    »Ach, überhaupt nicht.«
    Sie faltete das Handtuch zusammen und legte es auf den Tresen. Lark dachte, sie würde jetzt gehen. Aber nein.
    »Vielleicht müssen Sie ja zur Arbeit gehen«, sagte sie.
    Es kostete ihn Mühe, freundlich zu bleiben. Warum war sie immer noch da?
    »Es ist so ein schöner Tag«, sagte er. »Ich habe mich krank gemeldet.«
    »Ach, sind Sie denn krank?«
    Er dachte beiläufig darüber nach, wie er sie töten würde. Er hatte immer noch das Küchenmesser, dass er gekauft hatte, um es gegen Sutton Bell einzusetzen. Es lag in einer der Schubladen.
    »Bin ich was?«, fragte er.
    »Krank«, sagte sie. »Ich habe Ihre Hand bemerkt. Was ist denn passiert?«
    Seine beiden Hände lagen locker auf dem Küchentresen. Er sah auf seine verbundene linke Hand. Vielleicht erkannte sie ihn jetzt doch. Seine Verletzung war in der Zeitung erwähnt worden.
    Die Schublade mit dem Küchenmesser war in Reichweite. Er konnte den dunklen Holzgriff genau vor sich sehen. Aus den Augenwinkeln sah Lark den Flyer, den sie ihm gegeben hatte. ENTLAUFENER KATER. Die Buchstaben leuchteten wie glühende Kohlen.
    »Es ist nicht so schlimm, wie es aussieht«, sagte er. »Ich hatte einen Unfall. Wollte Äpfel klein schneiden und hab stattdessen meine Hand zersäbelt.«
    »Hat es wehgetan?«
    Er sah sie über den Tresen hinweg an. Sie stand da wie sein Spiegelbild, und ihre braunen Hände lagen auf dem gefalteten Handtuch. Auf einem ihrer Handrücken erblickte er zwei schmale, gebogene Linien. Kratzspuren vom Kater, erst ein paar Tage alt.
    »Ich habe es gar nicht gespürt«, sagte er. »Nicht sofort.«
    Sie ist immer noch misstrauisch, dachte er. Sie will unter den Verband schauen.
    Er hielt seine linke Hand hoch und blickte nachdenklich auf die Handfläche. »Komisch, wie das manchmal läuft, oder? Man spürt es nicht einmal.«
    Beiläufig, als wäre ihm der Gedanke eben erst gekommen, entfernte er mit den Fingern seiner rechten Hand das Klebeband von der Gaze. Er wickelte den Verband ab und ließ ihn in einem Haufen auf den Tresen fallen.
    Er sorgte dafür, dass sie seinen Handrücken sah – glatt und unverletzt –, und zeigte ihr dann seine Handfläche. Der Schnitt war kurz und gerade und sah überhaupt nicht nach Kratzspuren aus.
    Sie machte ein mitfühlendes Gesicht, als sie die Verletzung erblickte. »Das sieht schmerzhaft aus.«
    »Es wird schon besser«, sagte er.
    Das schüchterne Lächeln kehrte zurück, und schließlich schien sie zu dem Schluss zu kommen, dass er harmlos sei. Einen Moment lang dachte er, dass sie noch bleiben und mit ihm reden wollte.
    Stattdessen nahm sie die Flyer – alle, bis auf den einen, den sie ihm gegeben hatte.
    »Nett, Sie kennenzulernen«, sagte sie.
    Er nickte. »Finde ich auch.«
    »Sie haben meine Telefonnummer«, sagte sie, »falls Sie Roscoe sehen.«
    Es konnte auch Einbildung sein, aber etwas in ihrem Ton brachte ihn auf den Gedanken, dass es sie vielleicht auch nicht stören würde, wenn er anrief, ohne Roscoe gesehen zu haben.
    »Die hab ich«, sagte er.
    Sie ging zur Tür, und er kam mit. Sah zu, wie sie über den Flur zu ihrer Wohnung ging.
    Zurück in der Küche wickelte er den Verband wieder um seine Hand. Er öffnete die Schublade und strich mit den Fingern über den Messergriff.
    Er brauchte nur den Flur zu durchqueren und zu klopfen, und sie würde aufmachen. Es wäre ganz einfach.
    Die Buchstaben auf dem Flyer – ENTLAUFENER KATER – hatten nun eine sanfte blaugrüne Färbung angenommen und hüpften leicht auf und ab wie ein

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