Bell ist der Nächste
andere Leute im Raum. Besucher, Gefangene. Wärter.«
»Also hat jemand Sie belauscht? Und dann was?«
»Dann ist es bei Harlan Spencer gelandet. Glauben Sie, er hat keine Kontakte im Gefängnis?«
Ich warf ihr einen skeptischen Blick zu. »Also hat er es seiner Tochter erzählt, und sie hat dafür gesorgt, dass ein Verrückter mit einem Gewehr zum Friedhof geschickt wird, um Terry Dawtrey zu töten?«
»Vielleicht hat Spencer es ihr nie erzählt. Vielleicht hat er es selbst arrangiert.«
»Sie vergessen etwas«, sagte ich. »Der Verrückte mit dem Gewehr hat Dawtrey nicht getötet. Einer der Deputys war es – Paul Rhiner. Hat Spencer das auch arrangiert? Hat er dafür gesorgt, dass Terry Dawtrey einen Fluchtversuch unternommen hat?«
»Ich muss immer noch ein paar Einzelheiten klären.«
»Sie müssen nichts als Einzelheiten klären.«
Lucy rückte vom Fenster ab und setzte sich wieder mir gegenüber.
»Eins nach dem anderen«, sagte sie. »Ich muss mit Callie Spencer reden. Könnten Sie sie für mich anrufen?«
»Ich werde sie anrufen. Aber erwarten Sie nicht zu viel.«
Sie zeigte auf das Manuskript auf dem Tisch. »Und was ist damit? Was muss ich tun, dass ich mit einer Kopie abziehen kann?«
»Das geht unter keinen Umständen.«
»Der Current würde gut zahlen.«
»Kein Interesse.«
»Natürlich nicht. Sie haben eine Ethik, und zwar nicht die journalistische. Vielleicht könnten Sie mir dafür ein paar Fragen beantworten.«
»Sie geben nicht auf, oder?«
»Zwei Fragen, Loogan. Erstens, der Mann, der das geschrieben hat – warum hat er es Ihnen geschickt? Es wäre doch viel naheliegender gewesen, es an die Polizei oder an die Zeitung zu schicken. Warum an den Herausgeber eines Krimimagazins?«
Ich hätte ihr meine Theorie erklären können – dass es mit einer Story von mir zu tun hatte, einer Story, die auf dem Great- Lakes-Bankraub basierte. Aber ich hatte keine Lust, ihr das alles zu erklären.
»Vielleicht ist er ein Krimifan«, sagte ich mit einem Achselzucken. »Was ist Ihre zweite Frage?«
Sie strich sich eine abtrünnige Locke aus der Stirn. »Wer sollte denn Interesse haben, in Ihr Büro einzubrechen?«
»Sie meinen, außer Ihnen?«
»Außer mir.«
»Ich weiß es nicht. Warum?«
»Als ich heute Nacht hierherkam, war ich entschlossen, einzubrechen, aber das musste ich gar nicht. Jemand anders hatte die Scheibe schon aus der Tür geschnitten.«
22
Es war Montagmittag, als es an Anthony Larks Tür klopfte.
Auf einem Hocker am Küchentresen kauernd – eines der wenigen Möbelstücke, das er in der Mietwohnung vorgefunden hatte –, lauschte er auf das Geräusch. Ein leises Klopfen, nicht das laute Hämmern, das die Faust eines Polizisten veranstalten würde.
Er trank einen kräftigen Schluck Orangensaft und füllte das Glas wieder auf. Wer immer da geklopft hatte, gab wieder auf und ging weg.
Lark hatte am Samstagabend eine Tablette Cephalexin genommen. Am Sonntag hatte er zwei weitere geschluckt und noch eine an diesem Morgen. Das Fieber war abgeklungen. Die Wunde an seiner linken Hand wirkte weniger geschwollen, aber es tat immer noch weh, wenn er sie berührte.
Der Orangensaft war gut, besser als alles, an das sich Lark seit langem erinnern konnte. Er dachte daran, sich etwas zu essen zu besorgen. Es wäre zu riskant, in ein Restaurant zu gehen und sich etwas zu bestellen, dennoch spielte er mit dem Gedanken. Er hatte Lust auf ein Steak. Und auf ein schnelles Bier.
Er würde sich beim Chinesen etwas zum Mitnehmen holen. Er kannte einen Imbiss in der Nähe. Als er nach seinen Schlüsseln suchte, fing es wieder an zu klopfen. Leise. Anhaltend.
Er schlurfte zur Tür. Durch den Türspion konnte er das Gesicht einer Frau erkennen. Braune Haut: Inderin oder Pakistani. Jung, ein bisschen exotisch, mit schmalen Wangenknochen und schwarzen Haaren, die ihr bis auf die Schultern fielen.
Er beobachtete, wie sie die Hand hob, um wieder an die Tür zu klopfen. Ihre dunklen Augen starrten ihn an, als könnte sie ihn durch den Türspion sehen. Er wartete darauf, dass sie wieder ging.
Als sie stattdessen wieder anklopfen wollte, öffnete er die Tür.
Sie trat zurück, als hätte er sie erschreckt. »Da sind Sie also doch«, sagte sie.
Er hörte die Spur eines Akzents. Aber nicht indisch. Sondern britisch.
»Ich habe mich gerade angezogen«, erklärte er.
»Entschuldigen Sie die Störung. Wir kennen uns noch gar nicht. Ich wohne auf der anderen Seite des Flurs.«
Sie streckte ihm
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