Bella und Edward, Band 4: Biss zum Ende der Nacht
Carlisle und ich. Edward und Carlisle hatten gehofft, dass man den Schmerz, den das Gift verursachte, mit genügend Schmerzmittel betäuben könnte. Carlisle hatte es bei Emmett ausprobiert, doch das Gift hatte schneller gebrannt als die Medizin und seine Adern verschlossen. Das Morphium hatte keine Zeit gehabt, sich zu verteilen.
Ich hatte ein Pokerface aufgesetzt und genickt und meinem seltenen Glück gedankt, dass Edward meine Gedanken nicht lesen konnte.
Denn ich hatte schon einmal Morphium und Vampirgift zusammen im Körper gehabt und ich wusste, wie es war. Ich wusste, dass die Betäubung überhaupt nicht wirkte, solange sich das glühende Gift durch die Adern fraÃ. Aber das hatte ich natürlich nicht gesagt. Nie hätte ich etwas erwähnt, was ihn davon zurückhalten könnte, mich zu verwandeln.
Doch ich hatte nicht gedacht, dass Morphium diese Wirkung haben könnte â dass es mich festnagelte und knebelte. Mich lähmte, während ich verbrannte.
Ich kannte alle ihre Geschichten. Ich wusste, dass Carlisle, während er innerlich brannte, so leise gewesen war, dass er nicht entdeckt wurde. Von Rosalie wusste ich, dass es nichts nützte zu schreien. Und ich hatte gehofft, dass ich vielleicht so sein könnte wie Carlisle. Dass ich Rosalie glauben und den Mund halten würde. Denn ich wusste, dass jeder Schrei, der aus meinem Mund käme, für Edward die reine Folter wäre.
Jetzt kam es mir vor wie ein grausamer Witz, dass mein Wunsch sich erfüllte.
Wenn ich nicht schreien konnte, wie sollte ich ihnen dann sagen, dass sie mich töten sollten?
Ich wollte nur noch sterben. Niemals geboren sein. Mein ganzes Leben war diesen Schmerz nicht wert. War es nicht wert, ihn auch nur noch einen Herzschlag lang zu ertragen.
Lasst mich sterben, lasst mich sterben, lasst mich sterben.
Und eine Unendlichkeit lang war das alles, was es gab. Nur die glühend heiÃe Folter und meine stummen Schreie, mein Flehen, dass der Tod kommen möge. Nichts anderes, nicht einmal die Zeit. Das machte es grenzenlos, ohne Anfang und ohne Ende. Ein grenzenloser qualvoller Moment.
Die einzige Veränderung war, dass sich der Schmerz plötzlich, unmöglich, noch verdoppelte. Die untere Hälfte meines Körpers, die schon vor dem Morphium gefühllos gewesen war, brannte plötzlich auch wie Feuer. Irgendeine unterbrochene Verbindung war verheilt â von den glühenden Fingern des Feuers wieder zusammengeknüpft.
Das endlose Brennen wütete weiter.
Vielleicht hatte es Sekunden gedauert, vielleicht Tage, Wochen oder Jahre, aber schlieÃlich bekam die Zeit wieder eine Bedeutung.
Dreierlei passierte gleichzeitig, eins entwickelte sich aus dem anderen, so dass ich nicht wusste, womit es begann: Die Zeit fing wieder an, das Gewicht des Morphiums schwand und ich wurde stärker.
Ich merkte, wie ich schrittweise die Beherrschung über meinen Körper zurückgewann, und diese Schritte waren meine ersten Anhaltspunkte für die Zeit, die verging. Ich wusste es, als ich meine Zehen bewegen und die Finger zu Fäusten formen konnte. Ich wusste es, aber ich reagierte nicht darauf.
Das Feuer lieà zwar kein bisschen nach â ich entwickelte sogar eine neue Sensibilität, es zu erfahren, jede einzelne Flamme wahrzunehmen, die sich durch meine Adern leckte â, doch ich stellte fest, dass ich trotzdem denken konnte.
Ich erinnerte mich daran, weshalb ich lieber nicht schreien sollte. Ich wusste wieder, weshalb ich mich entschlossen hatte, diese unerträgliche Qual zu ertragen. Ich erinnerte mich daran, dass es, obwohl es im Moment unvorstellbar war, etwas gab, das den Schmerz vielleicht wert war.
Das geschah gerade rechtzeitig, denn so konnte ich durchhalten, als der Druck von meinem Körper wich. Von auÃen betrachtet gab es keine Veränderung. Aber für mich, da ich versuchen musste, die Schreie und Zuckungen nicht nach auÃen dringen zu lassen, wo sie jemand anderem wehtun konnten, war es, als wäre ich, während ich brannte, nicht mehr an dem Marterpfahl festgebunden, sondern als umklammerte ich den Marterpfahl aus freien Stücken, um im Feuer zu bleiben.
Meine Kraft reichte gerade aus, um reglos dazuliegen, während ich bei lebendigem Leib verkohlte.
Ich hörte jetzt immer deutlicher, und ich konnte das panische Klopfen meines Herzens hören, das die Zeit markierte.
Ich konnte die flachen Atemzüge zählen,
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