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Belladonna

Belladonna

Titel: Belladonna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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«Oder vielleicht auch nicht verblutet, wenn ich nicht zu spät hier aufgetaucht wäre.»
    Jeffrey versuchte sie zu trösten. «Wie willst du das wissen.»
    Sie reagierte mit einem Achselzucken. «Da sind ein paar Quetschungen an ihren Handgelenken, wo sie gegen die Haltegriffe für Behinderte gestoßen ist. Und außerdem» - sie spreizte Sibyls Beine ein wenig - «sieh mal hier, an ihren Beinen.»
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    Jeffrey folgte ihrer Aufforderung. An der Innenseite beider Knie war die Haut abgeschürft. «Was ist das?», fragte er.
    «Der Toilettensitz», sagte sie. «Die untere Kante ist ziemlich scharf. Ich vermute, sie hat die Beine zusammengepresst, als sie sich zur Wehr setzte. Man kann sehen, dass ein wenig Haut daran haften geblieben ist.»
    Jeffrey warf einen Blick auf das Toilettenbecken und sah dann wieder Sara an. «Meinst du, er hat sie auf der Toilette nach hinten gedrückt und dann zugestochen?»
    Sara antwortete nicht. Stattdessen wies sie auf Sibyls nackten Rumpf. «Der Schnitt ist nicht tief bis etwa zur Mitte des Kreuzes», erklärte sie und drückte auf den Bauch, um die Wunde so zu öffnen, dass er sah, was sie meinte. «Ich nehme an, es war eine doppelseitige Klinge. Man erkennt die V-Form beiderseits des Schnitts.» Ohne Zögern ließ Sara den Zeigefinger in die Wunde gleiten. Dabei machte die Haut ein schmatzendes Geräusch, und Jeffrey sah zähneknirschend zur Seite. Als er sich wieder umdrehte, sah Sara ihn fragend an.
    «Alles okay?»
    Er nickte, wagte aber nicht, den Mund zu öffnen.
    Sie bewegte den Finger im klaffenden Loch in Sibyl Adams'
    Brust. Blut sickerte aus der Wunde. «Ich würde sagen, es handelt sich mindestens um eine Zehn- Zentimeter-Klinge», schloss sie und ließ ihn dabei nicht aus den Augen. «Ist dir das hier unangenehm?»
    Er schüttelte den Kopf, obwohl sich ihm bei dem Geräusch der Magen umdrehte.
    Sara ließ den Finger wieder herausgleiten und fuhr fort: «Es war eine sehr scharfe Klinge. Um den Einstich herum weist nichts auf ein Zögern hin, also muss er, wie ich schon sagte, von Anfang an genau gewusst haben, was er tat.»
    «Und was tat er?»
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    Ihr Tonfall war sachlich. «Er hat ihr ein Zeichen in den Unterleib geschlitzt. Die Schnitte waren sehr überlegt, einmal von oben nach unten, einmal quer und dann noch ein Stich in den Oberkörper. Ich würde denken, das war die tödliche Wunde.
    Todesursache ist wahrscheinlich Verbluten.»
    «Sie ist verblutet?»
    Sara zuckte die Achseln. «Im Augenblick deutet noch alles darauf hin, ja. Sie ist verblutet. Es hat wahrscheinlich ungefähr zehn Minuten gedauert. Die Krämpfe waren Folge des
    Schocks.»
    Jeffrey konnte den Schauder nicht unterdrücken, der ihn überkam. Er deutete auf die Wunden. «Das ist doch ein Kreuz, oder?»
    Sara schaute sich die Schnitte genau an. «Würde ich auch sagen. Ich meine, was anderes kann es doch kaum sein, oder?»
    «Meinst du, es soll so etwas wie eine religiöse Aussage sein?»
    «Wer kann das bei einer Vergewaltigung schon sagen?», erwiderte sie und stutzte, als sie seinen Gesichtsausdruck sah.
    «Was?»
    «Sie wurde vergewaltigt?», fragte er und suchte bei Sibyl Adams nach auffälligen Anzeichen von Gewaltanwendung. Es waren jedoch weder Quetschungen an ihren Oberschenkeln noch Abschürfungen im Beckenbereich zu entdecken. «Hast du was gefunden?»
    Sara war stumm. Schließlich sagte sie aber: «Nein. Ich meine, ich weiß nicht.»
    «Was hast du denn gefunden?»
    «Nichts.» Ihre Gummihandschuhe schmatzten, als sie sie von den Fingern zog. «Nur das, was ich dir gesagt hab. Ich kann das hier im Schauhaus zu Ende bringen.»
    «Ich kann nicht -»
    «Ich werde Carlos anrufen, damit er sie abholt», sagte sie und
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    bezog sich damit auf ihren Assistenten. «Treffen wir uns dort, wenn du hier fertig bist, okay?» Als er nicht antwortete, sagte sie: «Wegen der Vergewaltigung, ich weiß es nicht, Jeff.
    Wirklich nicht. Es war nur eine Vermutung.»
    Jeffrey wusste nicht, was er sagen sollte. Er wusste nämlich nur zu genau, dass seine Exfrau auf ihrem Fachgebiet niemals Vermutungen anstellte. «Sara?», fragte er. Und dann: «Geht es dir gut?»
    Sara lachte freudlos. «Ob es mir gut geht?», wiederholte sie.
    «Mein Gott, Jeffrey, was für eine blöde Frage.» Sie ging zur Tür, öffnete sie aber nicht. Dann sagte sie kurz und bündig: «Du musst die Person finden, die das hier getan hat.»
    «Ich weiß.»
    «Nein, Jeffrey.» Sara drehte sich um und sah ihn
    durchdringend an. «Das hier

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