Belladonna
der Leiche an Rumpf und Extremitäten zu sehen, außer an den abhängigen, nicht aufliegenden
Körperpartien.»
Und so ging sie weiter, diese klinische Beschreibung einer Frau, die vor ein paar Stunden noch am Leben gewesen war, wenn auch übel zugerichtet, die vor Wochen noch zufrieden, wenn nicht gar glücklich gewesen war. Sara listete die Merkmale von Julia Matthews' äußerer Erscheinung auf und
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stellte sich dabei vor, was die Frau durchgemacht haben musste.
War sie wach, als der Sexualverbrecher ihr die Zähne herausgebrochen hatte, um sie oral zu vergewaltigen? War sie bei Bewusstsein, als ihr das Rektum aufgerissen wurde? Hatten die Drogen ihr Schmerzempfinden gedämpft, als sie auf den Fußboden genagelt worden war? Eine Autopsie konnte nur die physischen Verletzungen aufdecken; die geistige Wahrnehmung der jungen Frau und ihre Bewusstseinsstufe im Augenblick des Verbrechens würden für immer ein Rätsel bleiben. Niemand würde je wissen, was sie gedacht hatte, als sie überfallen wurde.
Niemand würde je genau das sehen, was die junge Frau gesehen hatte. Sara vermochte nur zu raten, und die Bilder, die sie damit heraufbeschwor, gefielen ihr ganz und gar nicht. Wieder sah sie sich selbst auf einer Krankentrage. Wieder sah sie sich als Objekt einer Untersuchung.
Sara zwang sich dazu, den Blick von der Leiche zu lösen. Sie fühlte sich zittrig und fehl am Platze. Jeffrey schaute sie durchbohrend an. Sein Gesichtsausdruck war eigenartig.
«Was?», fragte sie.
Er schüttelte den Kopf, aber ließ sie nicht aus den Augen.
«Mir wäre es lieb», begann Sara, hielt inne und schluckte den Kloß herunter, den sie im Hals verspürt hatte. «Mir wäre es sehr lieb, wenn du mich nicht so ansehen würdest, okay?» Sie wartete, aber er ging nicht auf ihren Wunsch ein.
Stattdessen fragte er: «Wie sehe ich dich denn an?»
«Beutegierig», antwortete sie, aber das stimmte nicht ganz. Er sah sie so an, wie sie es sich wünschte.
Verantwortungsbewusstsein lag in seinem Blick, als wünsche er sich nichts mehr, als die Sache in die Hand zu nehmen und die Lage zu verbessern. Sie hasste sich für diesen Wunsch.
«Es ist unabsichtlich», sagte er.
Sie zog die Gummihandschuhe aus. «Okay.»
«Ich mache mir Sorgen um dich, Sara. Ich möchte, dass du
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mit mir darüber sprichst, was los ist.»
Sara ging zum Vorratsschrank, weil sie dies Gespräch nicht über der Leiche von Julia Matthews führen wollte. «Darauf hast du keinen Anspruch mehr. Und erinnerst du dich noch, warum nicht?»
Wenn sie ihn geschlagen hätte, wäre seine Miene dieselbe gewesen. «Ich habe nie aufgehört, etwas für dich zu empfinden.»
Sie schluckte schwer, bemüht, diese Worte nicht an sich herankommen zu lassen. «Danke.»
«Manchmal», hob er an, «wenn ich morgens aufwache, habe ich ganz vergessen, dass du ja nicht mehr da bist. Ich habe vergessen, dass ich dich verloren habe.»
«So ähnlich, wie du auch mal vergessen hast, dass du mit mir verheiratet warst?»
Er trat ihr entgegen, aber sie machte einen Schritt rückwärts, bis sie nur noch Zentimeter vom Schrank entfernt war. Er stand vor ihr, die Hände auf ihren Armen. «Ich liebe dich noch immer.»
«Das ist aber nicht genug.»
Er trat näher. «Und was ist genug?»
«Jeffrey», sagte sie. «Bitte.»
Erst jetzt wich er zurück, und mit scharfer Stimme fragte er:
«Was meinst du also?» Er bezog sich auf die Leiche. «Meinst du, du findest etwas?»
Sara kreuzte die Arme, denn sie spürte das Bedürfnis, sich zu schützen. «Ich glaube, sie hat ihre Geheimnisse mit ins Grab genommen.»
Jeffrey sah sie erstaunt an. Normalerweise hatte Sara nichts fürs Melodramatische übrig. Sie gab sich Mühe, sich nichts anmerken zu lassen, mit der Situation professioneller umzugehen, aber es war emotional eine harte Probe.
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Sara zwang sich, eine ruhige Hand zu bewahren, als sie bei der Leiche den Standard-Y-Schnitt machte. Das Geräusch, das entstand, als sie das Fleisch wegklappte, machte ihren Vorsatz zunichte. Vielleicht half reden. «Wie halten sich ihre Eltern?»
Jeffrey sagte: «Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie furchtbar es war, ihnen sagen zu müssen, dass sie vergewaltigt worden war. Und dann dies.» Er deutete auf die Leiche. «Du kannst es dir gar nicht vorstellen.»
Wieder wanderten Saras Gedanken. Sie sah ihren Vater über ein Krankenhausbett gebeugt stehen, ihre Mutter, die ihn von hinten umarmte. Sekundenlang schloss sie die Augen und vertrieb das
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