Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Belladonna

Belladonna

Titel: Belladonna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Bishop
Vom Netzwerk:
allem, sich zu verändern. Vielleicht sollten sie das, doch er würde so lange an ihnen festhalten, wie er konnte.
    Einen Tag verbrachte er auf jeder Rundreise in dem von Mauern umgebenen Garten. Doch nie setzte er einen Fuß aus ihm hinaus. Nie ging er durch das Tor und hinauf zu dem Haus, das jetzt das seine war - das Zuhause, nach dem er sich gesehnt hatte. Nach dem er sich immer noch sehnte. Manchmal wurde Nadia deswegen ungeduldig, doch seine selbst auferlegte Verbannung war der einzige Grund, aus dem Lee es ertrug, sich mit ihm auseinanderzusetzen, wenn sie sich treffen mussten, um etwas zu besprechen.
    Da der Weltenfresser erneut eingeschlossen war, und Landschaften wieder miteinander verbunden werden konnten, hatte Lee seine Pflicht als Brückenbauer erfüllt  und eine feste Brücke geschaffen, welche die Insel im Nebel mit den Heiligen Stätten verband. Von den Heiligen Stätten führte eine weitere feste Brücke nach Aurora, in den Pfuhl und zum Hafen der Liebsten, und ermöglichte ihm einfachen Zugang zu seiner Familie und den Orten, von denen Glorianna gewollt hatte, dass er sie aufsuchte.
    Nicht dass er je über die Brücke geschritten wäre, die in die Heiligen Stätten führte. Sie lag in Sichtweite des Hauses - und in Sichtweite des Beetes umgegrabener Erde, in dem das Stück Granit und die Herzenshoffnung standen, die sein Sinnbild für die Heimat waren.
    Die Brücke dorthin zu bauen, wo er jedes Mal, wenn er sie benutzte, daran erinnert werden würde, was Glorianna ihm geschenkt hatte, war ein Stück berechnender Grausamkeit seitens Lee - die Rache für einen gebrochenen Arm und eine verlorene Schwester. Er verstand es gut.
    Also tat er seine Pflicht an der Welt und spielte seine Lieder, während sein Herz in einem Winter erfror, der niemals enden würde.
     Es gab kein Licht.
    Zuerst hatte es ihn gefreut, als die verbleibenden Strömungen des Lichts so geschwächt worden waren, dass von ihnen wenig mehr blieb als ausgedünnte Fäden, die man leicht auslöschen konnte. Er hatte in der Verzweiflung und Wut geschwelgt, die von den überlebenden Menschen in der Stadt der Zauberer ausging, und gierig die Angst aufgesogen, welche die Wächter der Dunkelheit verströmt hatten.
    Doch die Freude schwand mit den Strömungen des Lichts. Er fand kein Vergnügen an den dunklen Landschaften. Das Wissen, dass der wahre Feind in Seinen Landschaften gefangen war, schenkte ihm keine Befriedigung. Ihm war klar geworden, dass auch Er gefangen war. Mit ihr.
    Und so fühlte er keine Freude, kein Vergnügen, keine Befriedigung. Die Gefühle, die vom Licht genährt wurden und das Licht nährten, wurden ausgelöscht, fast noch bevor sie aufkommen konnten.
    Doch Er kannte die Angst. Er überquerte den rostfarbenen Sand der Landschaft der Knochenschäler und fand Hügel voller halb aufgelöster Kadaver. Er entdeckte Todesdreher, aufgespießt auf den Zweigen dorniger Bäume, die in der Sonne hingen wie obszöne, verrottende Früchte. Und Er beobachtete Menschen, die sich zu ihrer Sicherheit zu Jagdgemeinschaften zusammengefunden hatten, die mit finsteren Blicken einen dieser Todesdreher ausweideten, bevor das Fleisch verdarb.
    Wenn Er ruhte, krochen Bilder in Seinen Verstand. Hässliche Träume quälten ihn, in denen Seine fließende, natürliche Gestalt steif wurde wie Leder; nicht länger in der Lage, unter der Haut der Welt hindurchzufließen; kaum mehr fähig, sich über die Oberfläche zu schleppen, schutzlos und entblößt. Oder Er blieb mitten in einer Verwandlung von einer Gestalt in eine andere stecken, gefangen zwischen Landbewohner und Meerestier, nicht fähig, in einer der beiden Landschaften zu bestehen, nach Luft ringend, um zu überleben. Oder Er verwandelte Sich in den Herren mittleren Alters, doch Sein Körper teilte sich in der Mitte, wurde gleichzeitig zu dem Mann und zu einem Seiner weiblichen Beutestücke. Manchmal trug der Herr ein Messer, manchmal hatte er Klauen. So oder so, Er zerriss und zerfetzte seine Beute, schreiend vor Schmerzen, denn Er zerriss und zerfetzte Sich selbst.
    Das war Seine Bestimmung. Aus diesem Grund hatten die Wächter der Dunkelheit Ihn vor langer Zeit aus den dunkelsten Begierden des menschlichen Herzens erschaffen und in die Welt gebracht: Um das Licht zu vernichten. Aber …
    Er mochte die Dunkelheit nicht. Nicht so viel Dunkelheit, in der es keine Hoffnung auf eine erfolgreiche Jagd gab, in der die Herzen der Menschen vor Verzweiflung schon so stumpf waren, dass sie Ihn

Weitere Kostenlose Bücher