Belladonna
Ein kleines schwarzes Keyboard lag auf dem Fußboden.
Die Settop-Box hatte einen Internetanschluss. Jeffrey schaltete das Gerät ein und drückte die Tasten auf dem Keyboard, bis der Receiver sich ins Internet eingeloggt hatte. Er setzte sich auf die Kante der umgekippten Couch, während er darauf wartete, dass das System die Verbindung herstellte. Auf dem Revier war Brad Stephens der Computerfachmann, aber dadurch, dass er den jungen Streifenpolizisten beobachtet hatte, war es Jeffrey gelungen, so viel zu lernen, dass er sich schon einigermaßen im Netz zurechtfand.
An Wrights E-Mails war leicht heranzukommen. Außer dem Ersatzteilangebot eines Chevy-Händlers und den unvermeidlichen heißen Teenies, die Geld fürs College brauchten, also den E-Mails, die jeder bekam, war da noch ein langer Brief von einer Frau, die allem Anschein nach wohl Wrights Mutter war. Eine weitere Mail hatte als Anhängsel das Foto einer jungen Frau, die sich mit weit gespreizten Schenkeln präsentierte. Die E-Mail-Adresse des Absenders war eine Zahlenreihe. Wahrscheinlich gehörte sie einem Gefängniskumpel von Wright. Jeffrey notierte sie sich trotzdem auf einem Zettel, den er in seiner Tasche fand.
Mit den Pfeiltasten manövrierte Jeffrey weiter. Außer diversen Porno- und Gewaltseiten fand Jeffrey ein Link zum Onlineangebot des Grant Observer. Er war über alle Maßen schockiert, denn auf dem Monitor war die heutige Titelseite der Zeitung zu sehen, auf der der Selbstmord von Julia Matthews am gestrigen Abend gemeldet wurde. Jeffrey drückte die Abwärts-Taste und überflog den Artikel nochmals. Danach klickte er sich ins Archiv der Zeitung und ließ nach Sibyl Adams suchen. Sekunden später erschien auf dem Bildschirm ein Artikel über den Berufsberatungstermin vom letzten Jahr. Die Suche nach Julia Matthews förderte die heutige Titelseite zutage, aber sonst nichts. Über sechzig Artikel wurden aufgeführt, als er Saras Namen eintippte.
Jeffrey meldete sich ab und stellte die Couch wieder richtig hin. Draußen drückte er das Fenster zurück in das Loch, das er aufgestoßen hatte. Es wollte aber nicht halten, und daher sah er sich gezwungen, einen der Stühle vor das Fenster zu zerren, um es abzustützen. Von seinem Wagen aus hatte man nicht den Eindruck, dass jemand sich am Fenster zu schaffen gemacht hatte, aber sobald er seine Vorderveranda betrat, würde Jack Wright wissen, dass jemand in seinem Haus gewesen war.
Die Straßenlaterne über Jeffreys Wagen ging an, als er einstieg. Sogar in diesem Höllenloch von Straße bot die Sonne, die hinter der Skyline von Atlanta unterging, einen unvergesslichen Anblick. Jeffrey kam der Gedanke, dass sich die Leute in diesem Viertel ohne das Aufgehen und das Untergehen der Sonne wohl kaum mehr als Menschen fühlen würden.
Er musste dreieinhalb Stunden warten, bis der blaue Chevy Nova in die Auffahrt einbog. Das Auto war alt und verdreckt, Rostflecken befanden sich auf dem Kofferraum und um die Rücklichter. Silbernes Klebeband war im Zickzack über das Heck geklebt, und auf der einen Seite der Stoßstange war ein Aufkleber zu erkennen, auf dem zu lesen war GOD IS MY COPILOT. Auf der anderen Seite klebte ein Sticker, der an ein Zebrafell erinnerte und auf dem I'M GOING WILD AT THE ATLANTA ZOO stand.
Jack Wright war lange genug mit dem Gesetz in Konflikt gewesen, um zu wissen, wie ein Cop aussah. Er warf Jeffrey einen verdrossenen Blick zu, als er aus seinem Nova stieg. Wright war ein dicklicher Mann mit Ansatz zur Glatze. Er trug kein Hemd, und das, was Jeffrey sah, konnte man nur als Brüste bezeichnen. Er vermutete, dass es mit der Hormonbehandlung zu tun hatte. Einer der Hauptgründe, warum Vergewaltiger und Pädophile die Droge absetzten, war deren unangenehme Nebenwirkung, die sie zunehmen und weibliche Körpermerkmale annehmen ließ.
Wright nickte Jeffrey zu, als dieser die Auffahrt hinaufkam. Wie heruntergekommen dieses Stadtviertel auch sein mochte, die Straßenbeleuchtung jedenfalls funktionierte. Das Haus war taghell erleuchtet.
Wright sprach mit sehr hoher Stimme, und das war ebenfalls eine Nebenwirkung des Depo. Er fragte: «Suchst du mich?»
«Ganz richtig», antwortete Jeffrey. Er blieb direkt vor dem Mann stehen, der Sara Linton vergewaltigt und mit dem Messer verletzt hatte.
«Verdammt», sagte Wright und schürzte die Lippen. «Da hat sich wohl wieder einer irgendwo ein Mädchen geschnappt, was? Ihr klopft doch immer sofort an meine Tür, wenn so ein junges Ding
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