Bellas blutige Rückkehr
die Blicke vorstellte, die mir die Frau Staatsanwältin zuwerfen würde, wenn sie plötzlich sah, dass ich eingeschlafen war. So blieb ich weiterhin wach und achtete auf Purdy Prentiss.
Die Staatsanwältin mit dem filmreifen Namen machte ihre Sache wirklich ausgezeichnet. Sie ließ sich von den Einwänden des Verteidigers nicht beirren, der auf der Mitleidsmasche ritt. Er und der Angeklagte hatten darauf spekuliert, und wer den Typen nicht kannte, der hätte bei seinem Outfit auch darauf hereinfallen können, doch die Wahrheit sah anders aus. Er hatte rund eine halbe Million Pfund in die eigene Tasche gesteckt. Kundengelder, die er angeblich todsicher und mit einem hohen Zinsgewinn anlegen wollte. Auf dem Flughafen hatte man ihn erwischt, bevor er irgendwo in Mittelamerika hatte abtauchen können.
Es war der letzte der beiden Verhandlungstage, und der Richter war ein Mensch, dessen Geduld auch nicht unendlich war. Unter den Zuschauern befanden sich auch Betroffene, und ihr Flüstern erreichte mich und nicht den Richter.
Und so hörte ich Sprüche wie: »Steckt ihn für immer in den Knast!« Oder: »Prügelstrafe...«
Beides würde nicht zutreffen, aber der Richter würde ihn verknacken, das wusste ich auch ohne juristische Ausbildung, denn der Angeklagte hatte zwei Vorstrafen.
Es kam schließlich zu den Plädoyers. Dabei sollten sich die Herren kurz fassen, wie der Richter bemerkte.
Der Verteidiger versuchte alles und hätte fast selbst mitgeheult. Aus dem Zuschauerraum ertönten die ersten Proteste, was den Richter veranlasste, damit zu drohen, den Saal räumen zu lassen.
Inzwischen war auch der Mann neben mir wieder wach geworden. Er zupfte seine Uniform zurecht, lauschte ein paar Sekunden und lächelte, weil jetzt Purdy sprach.
»Die Frau ist gut«, sagte er zu mir.
»Woher wissen Sie das?«
»Die fasst sich kurz, und das ist wichtig. Sie werden sehen, Mister, es geht gleich ganz schnell.«
Und so war es wirklich. Purdy forderte für den Betrüger drei Jahre Knast.
Der Richter machte es kurz. Es gab keine große Beratung, und so wurde der Angeklagte zu drei Jahren hinter Gittern verurteilt. Die Zuschauer waren nicht zufrieden, sie hatten mehr gefordert, und der Verteidiger zeterte irgendetwas von einer Berufung.
Purdy war froh, dass die Verhandlung vorbei war. Sie blies eine Haarsträhne aus der Stirn, nickte mir zu und erhob sich. Wir hatten uns für ein Treffen in der Kantine verabredet, und ich war froh, dass bisher nichts passiert war.
Als einer der Ersten war ich aus dem Saal und begrüßte es, mein Handy wieder einschalten zu können, denn ich wollte wissen, wie es meinem Freund Suko ergangen war.
Leider bekam ich keine Verbindung, und das machte mich nicht eben fröhlich. Ich konnte mir einfach nicht vorstellen, dass Suko sein Handy abgeschaltet hatte. Schließlich hatten wir vereinbart, in Verbindung zu bleiben. Gut war das nicht. Aber ich sagte Purdy nichts davon, als sie auf mich zuging. Sie hatte ihre Dienstklamotten ausgezogen und schüttelte den Kopf, als sie neben mir stehen blieb.
»Heute Nachmittag habe ich noch mal so eine Verhandlung. Da kommt immer eine irre Freude auf.«
Ich grinste schief. »Mach dich doch selbstständig und wechsle die Fronten.«
»Nein, nein, lass mal. Es gibt schon genügend hungernde Anwälte. Ich will die Zahl nicht noch vergrößern.«
»Da hast du auch Recht.«
Der Verteidiger war noch immer sauer. Er rauschte zwar heran, aber nicht vorbei. Mit hochrotem Gesicht blieb er vor uns stehen und sprach von einer Berufung und einem Urteil, das unterhalb der Gürtellinie sei.
»Bitte, Mr. Clutton, später. Jetzt habe ich erst mal Pause. Sie doch sicherlich auch.«
»Mir ist der Appetit vergangen.«
»Das ist nicht mein Problem.«
Er war endlich weg, und Purdy hängte sich auf dem Weg in die Kantine bei mir ein.
»So, und jetzt meine Frage an dich, du Leibwächter. Hast du etwas gesehen, das uns beunruhigen könnte?«
»Nein!«
Sie wollte es kaum glauben. »Wirklich nicht, John?«
»Wenn ich es dir doch sage. Ich habe nichts gesehen, was auf eine Gefahr hingewiesen hätte.«
Sie blieb stehen. Vor uns führte eine breite Treppe nach unten in die Halle hinein. Dort stand der Anwalt und lamentierte noch immer. Diesmal hatte er einen Gerichtsangestellten als Opfer gefunden.
»Ich will dich nicht beeinflussen, John«, sprach Purdy mich wieder an. »Es ist alles so plötzlich gekommen. Du hattest bestimmt nicht vor, den Leibwächter zu spielen. Es ist ja
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