Belles Lettres
ein gedrungener Mann mit klobigem Kinn und dichtem Haar.
Obwohl er schwergewichtig war, verfügte er nur über eine dünne Stimme, kleine Hände und kurze Arme, mit denen er schon beim nichtigsten Anlaß die Leute umschlang, etwa um einen Text zu belobigen, eine kluge Bemerkung zu delektieren, sich für eine extravagante Schmeichelei zu bedanken oder einfach nur aus purer Jovialität. Er legte einen Arm um Press und den anderen um Mr. Margin, als wollte er mit den beiden für ein Foto posieren.
«Wenn ich an diese beiden Männer denke», begann er seine Ansprache, für die nun allgemeine Ruhe einkehrte, «denke ich daran, wie treffend mein Vater seine Firma genannt hat. Beide sind wie Proteus, der, wie wir wissen, ein griechischer Gott war, der sich in jede beliebige Gestalt verwandeln konnte. Marge Margin kann ich nur als Phänomen bezeichnen. Mein Vater stellte ihn ein, als er frisch von Harvard kam. Zuerst machte er eine Stipvisite bei Homme, von uns, wenn ich es recht erinnere, beworben mit dem Slogan: ‹ das Magazin, das weiß, wie's geht › . Tja, und es ging. Die sechziger Jahre hatten ja ihre eigenen Vorstellungen über alles und jeden, auch über Zeitschriften. Aber Marge blieb am Puls der Zeit und ging als stellvertretender Chefredakteur zu Chez Elle, und zwar als einziges männliches Redaktionsmitglied. Wenn das nicht typisch proteisch ist!» Er sammelte mit breitem Grinsen Gelächter ein. «Und dann Belles Lettres, die unter Marges Chefredaktion zur führenden literarischen Zeitschrift englischer Sprache wurde.»
«Hört, hört!» sagte Chuckle Faircopy, der bereits beim dritten Scotch war.
«Was kann ich sonst noch sagen? Jetzt nimmt er eine weitere Stufe in Angriff. Er wendet sich direkt an die Öffentlichkeit, was, wie ich felsenfest überzeugt bin, Belles Lettres und seinen eigenen Ruhm mehren wird. Ich trinke auf Marge Margin, unseren Autor!»
Damit entließ Cyrus Tooling Mr. Margin aus seinem festen Griff und wandte sich nach höflichem Beifall Newbold Press zu. «Mein zweiter Proteus ist vielleicht ein Genie, und ist doch erst knappe Dreißig. Er arbeitet erst seit zwei Jahren mit mir zusammen und hat vor seiner gegenwärtigen Aufgabe bereits drei Zeitschriften herausgegeben. Wir wissen ja alle, was Skriptflicker sind -Superprofis, deren Stunde schlägt, wenn die Durchschnittsprofis ihr Bestes versucht haben, und manchmal ist es nur eine Frage von Stunden, daß sie ein Theaterstück vom Flop zum Hit machen...»
«So 'ne Art Unfallchirurg», sagte Chuckle.
«Manchmal ein Chirurg, ja; manchmal ein Psychiater; manchmal ein Kinderarzt, wenn der Patient noch jung ist.»
«Unter was leidet Belles Lettres denn?» fragte Chuckle.
«Ich wüßte nicht, daß Belles Lettres unter irgend etwas leidet», sagte Cyrus Tooling. «Höchstens eine kleine Unpäßlichkeit. Newbold, als was würden Sie Belles Lettres' Unpäßlichkeit bezeichnen?»
«Im Augenblick», sagte Press, «als Große-Klappe-Beschwerden.»
«Ich glaube», sagte Cyrus Tooling diplomatisch, «wir würden jetzt alle gern ein paar Worte von Marge Margin hören!»
Mr. Margin lächelte auf seinen Drink hinab, zwinkerte, schüttelte den Kopf, als sei er milde amüsiert über das, was er nun sagen würde, nippte an seinem Drink, schien sprechen zu wollen, ging dann aber erst zum Konferenztisch und schaltete das Tonbandgerät aus, das die von ihm als Informationsleck identifizierte Person ins Büro gebracht hatte, um aufzuzeichnen, was gesagt wurde.
«Je parlerai en fran q ais», sagte er, «puisque nos tres importants hötes ici presents publient Jardin, Theätre, Mer et Terres. Comme vous avez maintenant un nouveau redacteur en chef de Belles Lettres, je voudrais parier de lui. Quand il vous demande de faire quelque chose, faites-le immediatement et sans discuter. Il veut votre obeissance et non pas vos flatteries. S'il veut votre opinion, donnez-la lui, parce qu'il ne s'interesse pas ä ce que vous pensez, mais seulement ä ce que vous faites. Ainsi vous conservez votre amour-propre. Ne montrez pas d'emotion car cet homme est comme un expert de judo, qui retourne contre lui le poids de son adversaire. Enfin, reservez votre dedain pour deux si importants personnages, Mr. und Mrs. Tooling, die Newbold Press die führende literarische Zeitschrift englischer Sprache in die Hände gelegt haben, Belles Lettres!» Mr. Margin sprach die letzten beiden Worte fast singend aus und hob sein Glas. «Bravo!» sagte Cyrus Tooling. «Gleichfalls!»
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