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Belles Lettres

Belles Lettres

Titel: Belles Lettres Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Simmons
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sagte seine Frau.

VIII   Totes Holz
    I ch wunderte mich, daß David Levines Karikatur von Mr. Margin immer noch im Zimmer des Chefredakteurs hing. An den Wänden sah ansonsten nichts mehr aus wie zuvor. Ich hatte nie besonders auf Mr. Margins Bilder geachtet, aber seit sie nicht mehr da waren, erinnerte ich mich an eine Reihe Schwarzweißfotografien von Baumstümpfen, Astlöchern und Borke. Jetzt war nur noch der Levine übrig, auf dem ein langer, dünner Margin mit einem Fuß auf einem Bücherstapel balancierte und in der obersten Borte eines hohen Bücherregals nach einem bestimmten Band griff. Die Zeichnung war zu Promotionszwecken in Auftrag gegeben worden und erschien in Anzeigen mit dem Untertitel: «Für's Beste ganz nach oben.» Ich wußte, daß Mr. Margin das Bild gefiel; es hing nicht nur in seinem Büro, sondern er zitierte die Zeile gelegentlich mit einem bescheidenen Lächeln.
    Newbold Press sah, daß ich den Levine betrachtete, und sagte: «Ich habe ihn gebeten, das Bild hängen zu lassen. Ich habe ihm gesagt, daß es zur Einrichtung von Belles Lettres gehört .. Und er hat es hängen gelassen», fügte Press hinzu, als hätte er Mr. Margin übertölpelt. «Ich hab der Werbeabteilung gesagt, daß Levine auch eine Zeichnung von mir machen soll. Haben Sie vielleicht 'ne Idee dafür?»
    «Für einen Levine, der Sie zeigt?» Ich stellte mir ein halbaffenartiges Geschöpf vor, das in einer Hand eine Pfeife und in der anderen ein Buch hielt - und zwar verkehrt herum. Aber ich sagte zu ihm: «Wie wär's mit einer Figur, die wie Sie eine Pfeife in der Hand hält, aber eine ganz große, und in den Pfeifenkopf sind die Namen berühmter Literaten eingraviert, so wie im Fries einer Bibliothek?»
    «Was denn für Namen?» «Die üblichen.» «Zum Beispiel?»
    «Hesiod, Homer, Pindar, Pattia, Maxina, Laverna. Sie wissen ja schon.»
    Nach einer ernsten Pause sagte er: «Reichen Sie mir mal ein Memo mit den Namen rein.»
    «Der Platz würde natürlich nur für drei bis vier reichen.»
    «Ein Memo!»
    «Mach ich.»
    «Hokay!» sagte er. «Und jetzt wieder an die Arbeit. Ich habe hier Faircopys Überschriften. Schreiben Sie sie um, aber zeigen Sie sie mir, bevor Sie sie ihm zeigen.»
    «Ich soll ihm sagen, daß sie Ihnen nicht gefallen, stimmt's?»
    «Falsch. Sie sagen ihm, daß sie Ihnen nicht gefallen.»
    «Aber vielleicht gefallen sie mir ja.»
    «Sie verstehen mich nicht», sagte Press. «Ich habe nicht nur entschieden, daß diese Titel schlecht sind, sondern ich habe auch entschieden, daß Sie entschieden haben, daß sie schlecht sind.»
    Wir sahen uns einige Sekunden lang an, er mit dem eingefrorenen Lächeln, das er Mrs. Tooling abgeschaut hatte. Ohne weiteren Kommentar streckte ich die Hand nach den Überschriften aus. Ohne weiteren Kommentar gab er sie mir.
    Abends rief ich Mr. Margin an, um mich zu erkundigen, wie er mit seiner ersten Kolumne zurecht kam. Sie mußte am nächsten Tag fertig sein.
    «Ich dachte da an zweierlei, Frank. Zum einen mich sozusagen vorzustellen. Ich bin ja trotz allem für die meisten Leser ein Anonymus. Zum anderen von den Frustrationen zu erzählen, die einen Redakteur plagen, der durch die Worte anderer hindurch kommunizieren muß, und dagegen jetzt das Gefühl von Macht und Freiheit, das ihn überkommt, wenn ihm die Gelegenheit geboten wird, direkt das Wort zu ergreifen.»
    «Fühlen Sie sich jetzt denn so? Mächtig und frei?»
    «Frank, ich fühle mich matt und eingeschränkt. Ich bin kein Autor. Das weiß ich schon seit Jahren.»
    «Dann können Sie auch nicht darüber schreiben, daß Sie sich mächtig und frei fühlen. Warum erklären Sie nicht einfach, was der Chefredakteur einer Zeitschrift eigentlich zu tun hat, nämlich eine Gruppe von Autoren so zu leiten, wie ein Dirigent eine Gruppe von Musikern leitet, indem er aus der Gruppe mehr herausholt, als jeder einzelne das für sich könnte. Genau das haben Sie doch getan.»
    «Jedenfalls kam es mir so vor.»
    «Dann berichten Sie doch darüber. Das würde die Leute interessieren.»
    «Ich werd's versuchen.»
    «Und darf ich noch einen Vorschlag machen?»
    «Natürlich.»
    «Schreiben Sie es schnell. Sie sind vielleicht kein Autor, aber Sie sind ein guter Redner. Sprechen Sie beim Tippen. Es sind ja auch nur achthundert Worte. Rufen Sie mich an, wenn Sie fertig sind.»
    Eine Stunde später rief er zurück, las mir die Kolumne vor, und sie war gelungen.
    Dann redigierte ich Chuckle Faircopys Überschriften. Einige wären in der

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