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Belles Lettres

Belles Lettres

Titel: Belles Lettres Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Simmons
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und hatte nach drei Monaten ein Drittel der Redaktion gefeuert, die er durch billigere und flottere Kräfte ersetzte. Das Gleiche machte er mit Moi! -«das Magazin für die liebste Person in meinem Leben: Ich!» Als er Moi! umstrukturierte, reimten die Mitarbeiter den Titel auf Heu. Kurz darauf wurde bekannt, daß Newbold Press Chefredakteur von Esprit werden sollte - «das mutmachende Magazin für Männer und Bestien». Die Redaktion drohte unverzüglich damit, geschlossen zurückzutreten. Time und Newsweek berichteten über den Fall, und Press wurde in der Firmenhierarchie in Deckung gebracht, offensichtlich aber nur vorübergehend.
    «Können wir es nicht auch so machen wie bei Esprit?» fragte ich Mr. Margin.
    «Ich fürchte, nein. Die ganze Sache ist mit Hitlerscher Rücksichtslosigkeit eingefädelt worden. Gestern morgen hat Tool mich erst einmal in ihr Büro bestellt. Man ließ mich eine Stunde lang warten - absichtlich, wie sich herausstellte. Das Gespräch dauerte nur zehn Minuten. Der Kern ihrer Botschaft bestand nicht darin, daß ich als Chefredakteur von Belles Lettres abgelöst werden sollte, sondern daß ich schon abgelöst war. Zum gleichen Zeitpunkt saß Newbold Press nämlich bereits in meinem -das heißt, in seinem - Büro und konfrontierte die Redaktion mit den neuen Machtverhältnissen. Tool legte mir nahe, mich erst nach dem kommenden Wochenende, genauer gesagt am späten Montagnachmittag, wieder in der Redaktion blicken zu lassen. Dann gibt es dort nämlich eine Party zur Feier von Press' Inthronisierung als Chefredakteur und meiner Ernennung zum Kolumnisten.» «Zum Kolumnisten?»
    «Wußten Sie nicht, daß es der Traum eines jeden Chefredakteurs ist, mit einer Kolumne in Rente gehen zu dürfen? Kein Verwaltungskleinkram mehr, nie wieder Beschwerden von Lesern und Anzeigenkunden. Keine Probleme mehr mit den Mitarbeitern. Keine Babypausen und keine Nervenzusammenbrüche mehr. Nur noch ein bißchen Lesen und Schreiben und Kontoauszüge abheften.»
    «Sind Sie sehr verärgert?»
    «Ich weiß es noch nicht, Frank. Ich glaube sogar, daß ich damit gerechnet habe.»
    «Und was für eine Kolumne soll das werden?»
    «Über Bücher. Finden Sie nicht auch, daß das eine umwerfende Idee ist? Tool wollte sie ‹ Das literarische Spiel › nennen. Ich sagte, daß Literatur kein Spiel sei, und schlug, ironisch gemeint, ‹ Causeries du Lundi › vor. Sie war einverstanden, und ich dachte: Warum eigentlich nicht?»
    «Aber die Zeitschrift erscheint doch gar nicht am Montag.»
    «Wir ändern den Erscheinungstermin. Das nennt man guten Journalismus.»
    «Ich verstehe aber immer noch nicht, warum wir es nicht wie bei Esprit machen können.»
    «Press hat schon Gespräche mit den Redakteuren geführt, immer hübsch einen nach dem anderen, wobei er der einen Hälfte in den Hintern getreten und die andere Hälfte zur Sau gemacht hat. Beispielsweise Virginia - er hat sie gefragt, was sie eigentlich bei Belles Lettres zu suchen habe. Am Telefon hat sie mir erzählt, daß sie einen Blackout bekam, als sie versuchte, ihre Tätigkeiten aufzuzählen. Press machte Bemerkungen wie: ‹ Aber irgend etwas müssen Sie doch zu tun haben, Virginia. Ein Arbeitstag dauert acht Stunden. Denken Sie mal nach! › Und sie sagte dann solche Sachen wie: ‹ Ich redigiere die Überschriften, ich habe die Überschriften seit zwanzig Jahren redigiert. › ‹ Aber das dauert doch nur fünf Minuten, Virginia. Was machen Sie mit dem Rest des Tages? Setzen Sie sich jetzt mal schön an ihren Schreibtisch und schreiben mir eine Liste mit den Dingen, die Sie so treiben. Nehmen Sie sich ruhig Zeit dafür. › Sie sagte, daß sie die ganze Nacht nicht geschlafen habe. Auf diese Weise ist die Redaktion sortiert worden, in diejenigen, die leben dürfen, und in diejenigen, die sterben müssen, um Tools Formulierung zu benutzen. Erstere, fürchte ich, würden sich einem Protest wohl kaum vollen Herzens anschließen, und letztere haben ihren Rausschmiß nicht ungern akzeptiert. Press hat ganze Arbeit geleistet. Das ist ja auch seine Spezialität.»
    «Und zu welcher Fraktion gehöre ich Ihrer Meinung nach?»
    «Er braucht Sie. Hat Tool mir selbst erzählt. Und wenn ich einen Vorschlag machen dürfte, Frank?»
    «Natürlich.»
    «Sitzen Sie das aus. Er bleibt nicht lange. Er ist ein Ignorant und ein Prolet. Der Literaturbetrieb wird die Toolings unter Druck setzen, damit er verschwindet. Ich glaube auch gar nicht, daß er sehr lange bleiben

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