Belsazars Ende
Kleve in sich gekehrt. Van Appeldorn ließ sie in Ruhe. Die van Veldensche Villa war immer noch versiegelt, und so brachte er sie zu einem Hotel, half ihr, das Gepäck hineinzutragen, bat sie, am nächsten Tag ins Präsidium zu kommen und wartete noch, bis sie in ihrem Zimmer war.
Zur »großen Posterschau« im Labor kam er ein paar Minuten zu spät. Berns hatte gerade wichtigtuerisch zu einer ausführlichen Erläuterung angesetzt und legte, als van Appeldorn ohne anzuklopfen die Tür aufstieß, eine strafende Pause ein. Grinsend verbeugte sich van Appeldorn: »Massa!«
Dann schlackste er hinüber zu Klaus van Gemmern, der ausdrucksleer an einem der hinteren Labortische lehnte und eine seiner selbstgedrehten Zigaretten rauchte.
Toppe und Breitenegger standen Berns gegenüber an einem Tisch in der Mitte, auf dem sich eine eindrucksvolle Menge von Exponaten türmte.
»Punkt eins«, setzte Berns noch einmal an, »Punkt eins: Fingerspuren. Wir benötigen dringendst die Abdrücke des Toten, bevor wir konkret werden können.«
»Morgen früh«, antwortete Breitenegger, die Pfeife zwischen die Zähne geklemmt.
»Wir haben jede Menge guter Abdrücke auf Möbeln, Werkzeugen und dergleichen gefunden, die von ein und derselben Person stammen.«
»Was ist mit den Wodkagläsern?« unterbrach Toppe.
Berns bedachte ihn mit einem vernichtenden Blick, aber es schien ihm so schnell keine passende Bemerkung einzufallen.
»Wir haben einen sehr schönen Daumenabdruck«, ließ sich van Gemmern kühl aus dem Hintergrund vernehmen, »auf einem der beiden Gläser, der mit den übrigen Fingerspuren nicht übereinstimmt.«
»Wer macht hier eigentlich den Bericht? Du oder ich?« blaffte Berns ihn an.
Toppe schüttelte den Kopf, aber in van Gemmerns Gesicht war keinerlei Regung zu erkennen.
Klaus van Gemmern war zweiundvierzig Jahre alt, ein gutes Stück jünger als Berns, fast zwei Meter lang und dürr, hatte ein kantiges Gesicht mit tiefen Magenfalten und stechendblaue Augen. Sein herausragend stes Merkmal war seine überlegene Schweigsamkeit, und man sah ihn eigentlich niemals lachen. Über sein Privatleben wußte man so gut wie nichts. Er war ein ausgezeichneter ED-Mann, gewissenhaft und phantasievoll, sicherlich begabter und wesentlich klüger als Berns. In den letzten Jahren hatte er reichlich Erfahrung sammeln können, und Berns schien sich offenbar langsam Sorgen um seine eigene Position zu machen.
»Nun mach dir mal nicht ins Hemd, Bernsi«, feixte van Appeldorn. »Wir lauschen gespannt deinen Ausführungen. Was ist mit der Wodkaflasche?«
»Nichts ist mit der Wodkaflasche! Das hat dieser schlaue Doktor versaut. Auf dem Flaschenhals und dem – boden ist nichts, die Scherben sind zu klein, als daß es verwertbare Abdrücke geben könnte. Allerdings haben wir ein paar Haare und Gewebespuren an ihnen finden können. Ob die vom Opfer stammen, muß natürlich noch überprüft werden. Dann ist da noch die Sektflasche. Dort gibt es Fingerspuren, die mit allen anderen nicht übereinstimmen.«
Er machte eine Pause, aber keiner sagte etwas.
»Punkt zwei: Blutspuren. Die Blutspritzer an der Wand«, er reichte Toppe ein paar Fotos über den Tisch, »die Tropfen auf dem Schreibtisch und die Blutlache auf dem Boden, dementsprechend auch die Spuren auf den Scherben, stammen von derselben Person. Dem Opfer also offensichtlich.«
»Sicher?« fragte Breitenegger.
»Wir haben sie natürlich eingeschickt«, antwortete van Gemmern.
»Todsicher«, fuhr Berns dazwischen. »So eine simple Blutgruppenbestimmung und eine kleine Kreuzprobe, die mache ich euch in drei Minuten in meinem rollenden Labor.«
»Das Vampiromobil«, stieß van Appeldorn van Gemmern in die Seite, »jetzt hat das Kind endlich einen Namen.«
Toppe sah irritiert hoch und bemerkte aus den Augenwinkeln, wie doch tatsächlich der Anflug eines Grinsens über van Gemmerns Gesicht huschte.
Berns entschied sich diesmal für Überhören. »Punkt drei: Schuhspuren. Es ist eindeutig jemand in jüngster Zeit von der Werkstatt aus zur linken Grundstücksgrenze gelaufen und dann dort über den Zaun geklettert. Wir haben uns die Sauarbeit gemacht, diese Spur weiter zu verfolgen. Sie führt durch die nächsten fünf angrenzenden Gärten und endet auf dem Asphalt an der Tankstelle. Es sind einige prachtvolle Abdrücke dabei. Aber auf diesem Gebiet ist Klaus ja Spezialist. Bitte!«
Van Gemmern stieß sich vom Labortisch ab und kam rasch zu ihnen herüber.
»Es handelt sich um einen
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