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Belsazars Ende

Titel: Belsazars Ende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hiltrud Leenders , Michael Bay , Artur Leenders
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griente nur. Er wußte, daß Toppe sich gern drückte und wenn irgend möglich jemand anderen schickte, wenn eine Leichenöffnung anstand. Nur wenn es gar nicht anders ging, fuhr er selbst in die Pathologie, ließ sich aber dann von Bonhoeffer einen Schnaps geben und verzog sich in die hinterste Ecke der Prosektur.
    Van Appeldorn stand auf und griff nach seiner Lederjacke. »Ich muß dann los. Die Presse wartet.«
    Toppe warf ihm einen dankbaren Blick zu. Er haßte Pressekonferenzen. Sobald er die Kameras und die gezückten Stifte sah, wurde er hölzern und linkisch.
    »Wenn ein Siegfried Rambach von der Niederrhein Post dabei ist, dann frag ihn doch, ob er hinterher einen Moment Zeit für mich hat. Sofia sagt, der schreibt an einer Biographie über van Velden.«
    Auf dem Gang horte man schnelle Schritte heraneilen, und von weitem tönte es schon: »Wat habbich gehört?!«
    »Oh Herr, laß diesen Elch an mir vorübergehen«, stöhnte van Appeldorn und machte, daß er zur Tür kam. Ganz knapp konnte er Ackermann ausweichen, der mit wehendem Bart und vor Sensationsgier blitzenden Augen, die dicke Brille ganz vorn auf der Nase, hereingestürmt kam.
    Jupp Ackermann vom Einbruchsdezernat, ein Kollege, der schon mal bei ihnen eingesprungen war, wenn sie zuwenig Leute hatten, der »dat immer wieder gern tat«, weil »Mord ja sozusagen sein Hobby« war. Er hatte ein großes, naives Herz und ein ebenso großes, naives Mundwerk, und beides ging van Appeldorn auf die Nerven.
    Ackermann kam aus Kranenburg und war der geborene Lokalpatriot; immer bereit, eine Lanze für den Niederrhein zu brechen. Er war mit einer Holländerin verheiratet, die sich nahtlos in sein Leben eingefügt hatte. Sie überragte ihn um gut Haupteslänge, war mindestens ebenso laut wie er, schwer und kompakt, mit einer bedauerlichen Vorliebe für rosa Rüschen. In regelmäßigem Abstand hatte sie ihm drei Tochter geschenkt und war dann in den Gebärstreik getreten. »Nur« drei Töchter, wie Ackermann sagte, und vielleicht war das das einzige, was ihn in seinem Leben wirklich wurmte. Er war in zwei Kegelclubs, im Scheffenthumer Schützenverein, in der Schachmannschaft von »Springer Kranenburg«, vor allem aber war er Mitglied bei den »Rubber Duckies«, einer Kranenburger Männertruppe, die sich schon zu Schülerzeiten formiert und seitdem gehalten hatte. Ihre Aktivitäten beschränkten sich mittlerweile aufs Saufen, Grölen und Witzeerzählen. Ackermann, stets zu laut, traf fast jeden nur irgendwie erreichbaren Fettnapf.
    »Wat muß ich da hören?« ließ er sich auf van Appeldorns Stuhl fallen. »Der große Superstar hat den Löffel abgegeben? Ham se den doch tatsächlich bei die Hammelbeine gekricht. Na, dar is’ aber ’n Schlach in’t Kontor!«
    »Ja? Warum?« Toppe verbiß sich nur mit Mühe das Lachen. Ackermann war ganz in seinem niederrheinischen Element.
    »Ja, wer macht denn jetz’ die ganze Renovierung, Amphitheater un’ alles da unten am Tiergarten? Da sind se aber schön in den Popo gepiekst, de Herren vonne Stadt. Von wegen Siebenhundertfuffzichjahrfeier, nächs’ Jahr.«
    Ackermann wußte wie immer genauestens Bescheid. Van Velden war von der Stadt beauftragt worden, anläßlich der anstehenden 750-Jahr-Feier, die Gebäude am Amphitheater in der Tiergartenstraße zu restaurieren. Es hatte einen ziemlichen Wirbel in der Presse gegeben, da sich auch einige ortsansässige Architekten um den Auftrag bemüht hatten. Van Velden hatte sie alle unterboten und den Zuschlag bekommen. Man hatte sich darüber empört, daß er zum einen die Preise kaputt machte, zum anderen nicht einmal Architekt war und die meisten Arbeiten an Subunternehmer von außerhalb vergeben hatte.
    »Da kann der Mann nix dran verdienen, wenn Se mich fragen.«
    Die Verantwortlichen bei der Stadt hatten sich durch van Veldens Namen beeindrucken lassen, auf eine gewisse Werbewirksamkeit gebaut und die Geschichte groß rausgebracht.
    »Ich sach’ mir noch so: Ackermann, sach’ ich, hat der Mann dat nötich? Also, wenn Se mich fragen: da is’ wat faul, oberfaul! Von wegen Korruption un’ so.«
    »Wieso Korruption?« fragte Breitenegger verblüfft.
    »Ja, weiß ich au’ nich’. Ich mein’ ja bloß.«

7
    Norbert van Appeldorn hatte Frau van Velden von Amsterdam nach Nimwegen gebracht, damit sie ihren Mann identifizierte. Obwohl sie sich schon vor etlichen Jahren von ihm getrennt und ihn nur noch selten gesehen hatte, war sie nach der Identifizierung auf der Fahrt nach

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