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Belsazars Ende

Titel: Belsazars Ende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hiltrud Leenders , Michael Bay , Artur Leenders
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gemeinsam Drehbücher für amerikanische Thriller schreiben«, meinte Breitenegger, aber er sah sehr nachdenklich aus.
    Toppe wischte den Saucenrest mit dem letzten Fleischstück zusammen. »Was können wir bis jetzt zur zeitlichen Abfolge sagen?«
    Van Appeldorn legte sein Besteck auf den Tellerrand und nahm seinen Block aus der Brusttasche. »Also: 23.08 Uhr: Anruf bei der Feuerwehr; 23.19 Uhr: der Notarzt trifft ein; 23.45 Uhr: der Notarzt benachrichtigt die Polizei; 0.15 Uhr: wir treffen am Tatort ein. Stop! Um 23.20 Uhr hört der Nachbar ein verdächtiges Geräusch in seinem Garten.«
    Toppe schwieg.
    Nach einer Weile fragte Breitenegger: »Es ist nicht klar, wer den Notarzt angerufen hat?«
    Van Appeldorn schüttelte den Kopf. »Aber das muß rauszukriegen sein. Notfalls muß uns die Presse dabei helfen.« Er rieb sich die Nasenwurzel und unterdrückte ein Gähnen. »Ich könnte stehend schlafen und hab’ nur noch Nebel im Kopf. Laßt uns gehen. Vielleicht hilft die frische Luft.«
    Aber als sie schließlich wieder in ihrem Büro saßen, schien Breitenegger der einzige zu sein, der noch mehrere klare Gedanken aneinanderreihen konnte. »Warum ist ausgerechnet der Rollschrank aufgebrochen worden? Was hat der Täter gesucht?«
    Toppe lehnte mit grauem Gesicht an der Fensterbank und versuchte, sich zu konzentrieren. »Darüber denke ich auch die ganze Zeit nach. Aber eigentlich wissen wir ja nicht, ob der Täter nicht was anderes hat mitgehen lassen, vielleicht nicht mal aus dem Atelier, sondern irgendwo aus dem Haus. Vielleicht erschien der Rollschrank ja deswegen interessant, weil er das einzige verschlossene Möbel im Atelier war.«
    »Dann stellt sich die Frage: warum war er abgeschlossen?«
    »Die Pornofotos«, murmelte van Appeldorn.
    »Oder der Lageplan«, fügte Toppe hinzu.
    »Und was ist mit dieser Adresse: Salmon Rosenberg? Ist wohl ein jüdischer Name.«
    »Eben«, sagte Toppe, ging zum Schreibtisch und wühlte in den Papieren während er weiterredete. »Der Name, das Buch über die Widerstandskämpfer, der Davidstern und das hier.« Er hatte gefunden, was er suchte: den Lackstiftzettel.
    »S. Ro«, bestätigte van Appeldorn. »Ich wußte vorhin schon, was in deinem Hirn vorging. Salmon Rosenberg.«
    »Kann ich euch folgen?« stutzte Breitenegger. »Das meinst du doch nicht ernst, Helmut. Das Opfer gibt mit zitternder Hand einen Hinweis auf den Täter!« Er lachte laut auf. »Zuviel Enid Blyton als Kind!«
    Toppe lachte auch. »Kann schon sein. Das war nur mein erster Gedanke, als ich den Zettel da so liegen sah, mit den Blutspuren. Aber im Grunde hat es sich erledigt. Der Stift lag ja in der Schublade, und die war zu. Weiß der Himmel, wer das wann und warum geschrieben hat.«
    Das Telefon klingelte. Es war van Gemmern.
    »Heinrich Heine«, sagte er. »Ich habe die Ballade gefunden:,Belsazar’. Da kommt das Wort 'Menetekel’ nicht ausdrücklich vor, aber es steht hier in meinen Anmerkungen. Kennen Sie das Gedicht?«
    »Ich erinnere mich ganz dunkel«, sagte Toppe und setzte sich.
    »Die Mitternacht zog näher schon..« begann van Gemmern.
    »… in stummer Ruh lag Babylon«, fuhr Toppe. »Ja, jetzt fällt es mir wieder ein.«

    Um zehn nach zwölf hatte Toppe endlich, trotz widriger Umstände – Oliver hatte Angst vor der morgigen Englischarbeit und konnte nicht einschlafen, Gabi bestand vehement auf einem Wochenendausflug zum Centerpark – die Bibelstelle gefunden, die ihm im Kopf herumgespukt war. Sie stand in Daniel 5:
    So aber lautet die Schrift, die dort geschrieben steht: Mene mene tekel u-parsin. Und sie bedeutet dies: Mene, das ist, Gott hat dein Königtum gezählt und beendet. Tekel, das ist, man hat dich gewogen und zu leicht befunden.

8
    Toppe ging morgens meistens als letzter aus dem Haus. Er genoß es, noch eben die Zeitung zu lesen und die letzte Tasse Kaffee in Frieden zu trinken, wenn Gabi und die Jungen ihr oft lautstarkes Frühstück beendet und die Haustür hinter sich zugeknallt hatten.
    Heute aber fand er nicht die rechte Ruhe. Er hatte schlecht geschlafen. Ständig war ihm der merkwürdige Tathergang im Kopf herumgegeistert, jetzt schrien ihn die dicken Schlagzeilen vom,Tod des Staatspreisträgers’ von der ersten Seite der Zeitung an, und ihm wurde unbehaglich, wenn er sich vorstellte, was auf sie zukam. Man würde ihnen gehörig Dampf machen, diesen Fall zügig und diskret aufzuklären.
    Erst als er schon seine Jacke angezogen hatte, fiel ihm ein, daß sein Wagen noch in

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