Belsazars Ende
haben?«
»Ja«
»Mein Herr, seien Sie stolz auf Ihren Vater!« Dann wandte er sich dem Bürgermeister zu. »Was steht jetzt auf dem Programm?«
»Nun, zunächst ein kleiner Empfang im Rathaus, dann..«
»Einen Augenblick«, fiel ihm van Velden ins Wort. »Herr Rosenberg, ich möchte Sie gern zu mir einladen. Wenn wir im selben Alter sind, haben wir vielleicht gemeinsame Erinnerungen. Es wäre bestimmt interessant, sich darüber zu unterhalten.«
Rosenberg zögerte.
»Sie würden mir eine große Freude machen.«
»Ja? Gut, ich nehme die Einladung an. Vielen Dank.«
10
»Widerwärtig!«
Angeekelt warf Astrid den Stapel Pornofotos auf Breiteneggers Schreibtisch zurück und holte tief Luft.
»Geschenkt«, fiel ihr van Appeldorn ins Wort, »wir müssen das nicht weiter vertiefen.«
»So? Müssen wir nicht?« funkelte sie ihn an.
»Nein! Wissen Sie, wieviele Kinderpornos auf dem Markt sind? Allein in Deutschland schätzt man die Zahl auf fünf bis zehn Millionen. Da können Sie sich leicht ausrechnen, wieviele Deutsche zwischen fünfzehn und fünfzig sich Kinderpornos angucken.«
Er gähnte und sortierte sorgfältig seine Notizen vom Gespräch mit Marlene van Velden.
»Ja, aber«, stammelte Astrid empört, »dadurch wird so was hier doch auch nicht besser!«
»Stimmt, aber regen Sie sich ab. Wir sind in diesem Punkt ausnahmsweise mal derselben Meinung.«
Toppe stöhnte gereizt. »Geht das schon wieder los mit euch?«
Er stand auf und ging zur Kaffeemaschine hinüber. »Es gibt im Moment wahrhaftig Wichtigeres für uns!«
Astrid bedachte van Appeldorn mit einem giftigen Blick, hielt aber den Mund.
Van Appeldorn sah von seinen Zetteln auf, lächelte sie herausfordernd an und begann: »Marlene van Velden: Kennengelernt hat sie ihren späteren Mann an der Düsseldorfer Kunstakademie, an der sie beide studierten. Geheiratet haben sie 1957; da war sie siebzehn und schwanger. Hatte dann aber eine Fehlgeburt. Gewohnt haben sie in Oberkassel. Sie sagt, er habe beinahe von Anfang an ganz gut an seiner Kunst verdient, und sie selbst hatte ein Stipendium. Jedenfalls wären sie finanziell gut klargekommen. Sie hat sich auf Schmuckdesign spezialisiert und 1963 ihren Abschluß gemacht.
1974 ist van Veldens Mutter gestorben und hat ihm das Haus in Kleve hinterlassen. Sie sind dann hierher gezogen. Damals sei sie beruflich schon viel unterwegs gewesen, habe sich 1978 das Haus auf Mallorca gekauft und dort ein Studio eingerichtet. Die häufige räumliche Trennung sei allerdings nicht der Grund für die Entfremdung zwischen ihrem Mann und ihr gewesen, habe sie aber wohl begünstigt.«
Toppe stellte ihm einen Becher Kaffee auf den Schreibtisch. »Und weiter?«
»Sie meinte, mit diesen Atelierfesten habe er erst so richtig angefangen, als sie schon fast ganz nach Spanien übergesiedelt war. Sie wußte von den Mädchen und hat auch ein paar von den Fotos gesehen. Er habe immer schon eine Vorliebe für ganz junge Mädchen gehabt und auch schon in den ersten Jahren ihrer Ehe regelmäßig mit anderen Frauen geschlafen. Anfangs habe sie sich gedemütigt gefühlt und sehr darunter gelitten, es aber mit Arbeit zudecken können, und später hat sie dann selbst auch Liebhaber gehabt. Van Velden begrüßte das und zeigte ein sehr detailliertes Interesse.«
»Was soll das denn heißen?« stieß Astrid hervor.
»Nun ja«, griente van Appeldorn. »Er fand es scharf, wenn sie ihm ihre Erlebnisse haarklein schilderte.. Seit vier Jahren lebt sie auf Mallorca mit einem Spanier zusammen, und sie sei sehr glücklich in dieser Beziehung, sagt sie. Van Velden wußte davon. In den letzten Jahren sei sie nur noch zu Weihnachten und ein paar Wochen im Mai in Deutschland gewesen, weil sie dann auf Messen und Ausstellungen vertreten war. Dann habe sie auch meistens für ein, zwei Tage ihren Mann besucht.«
»Warum, um Himmels Willen, hat sie sich von diesem Typen nicht scheiden lassen?« fragte Astrid.
»Das habe ich auch gefragt. Sie sagte, sie wisse es eigentlich nicht so genau, habe aber in letzter Zeit häufiger darüber nachgedacht. Sie hätte wohl Mitleid mit ihm gehabt.«
»Mitleid!« schnaubte Astrid. »Mitleid mit diesem Kotzbrocken?«
»Tja.« Van Appeldorns Gesichtsausdruck war schwer zu deuten. »Wohl so eine Art Zweckgemeinschaft. Keiner von beiden hätte von einer Scheidung was gehabt. Wozu also? Sie erzählte mir dann, er habe schon immer wahnsinnig gesoffen, wenn er an besonderen Objekten oder größeren Aufträgen
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