Belsazars Ende
Sie über die Restaurierung des Amphitheaters?«
»Genauso viel wie Sie, nehme ich an.«
Genauso viel wie Ackermann, dachte Toppe.
»Van Velden hat sich darum beworben und den Zuschlag bekommen. Eine Menge Leute waren ganz schön sauer darüber.«
»Haben Sie mit van Velden über dieses Projekt gesprochen?«
»Nein, nie. Ich habe mich natürlich darüber gewundert, daß er diese Geschichte unbedingt machen wollte, bin aber nicht mehr dazu gekommen, ihn darauf anzusprechen. Aber ich muß auch sagen, er versuchte sich oft an völlig neuen Gebieten, arbeitete gern innovativ.«
»Können Sie mir die Namen einiger seiner Freunde oder Bekannten nennen?«
Rambach lehnte sich zurück und starrte an die Decke.
»Also, der einzige, der mir so ad hoc einfällt, ist Christopher Hunold, der große Mäzen in Düsseldorf. Die beiden kennen sich wohl schon seit Jahren. Aber ich könnte ja noch einmal im Archiv nachsehen. So genau habe ich das nicht im Kopf.«
»Danke, aber ich glaube, ich werde mich selbst im Archiv umsehen, um ein Gesamtbild zu bekommen.«
»Ja, natürlich, das verstehe ich. Wenn ich Ihnen sonst noch weiterhelfen kann..«
»Im Augenblick wäre das alles. Es kann aber durchaus sein, daß ich Sie noch einmal behelligen muß«, sagte Toppe und ärgerte sich selbst über seine gestelzte Ausdrucksweise.
Er starrte noch eine Weile auf die Tür, nachdem sie sich hinter Rambach geschlossen hatte, und war unzufrieden mit sich, aber mit Journalisten hatte er schon immer Schwierigkeiten gehabt.
Mißmutig spannte er ein Blatt in die Schreibmaschine und fing an, seinen Bericht zu schreiben, aber schon beim zweiten Satz klopfte es an der Tür.
Diesmal war es Astrid Steendijk, die sich verwundert im Büro umsah. »Ich dachte, hier wäre der Teufel los!«
»Sind alle unterwegs. Hat Stasi dich geschickt?«
»Ja«, lachte sie und warf ihr dunkles Haar nach hinten. »Verbindlichen Dank auch für die Befreiungsaktion.«
Sie zog ihre lange Strickjacke aus. Darunter trug sie einen Catsuit, der die Vorzüge ihrer Figur aufs Wirkungsvollste unterstrich. Toppe drehte sich wieder zur Schreibmaschine um.
»Auf Breiteneggers Schreibtisch liegen alle Unterlagen. Vielleicht liest du dich schon mal ein, ich muß hier eben noch den Bericht..« Dabei begann er schon wieder zu tippen, mußte aber die letzten Wörter sofort wieder ausixen.
Astrid arbeitete seit einem guten Jahr im 1. Kommissariat. Sie hatte sich gleich zu Anfang in Toppe verknallt und ihm sehr deutlich gemacht, daß sie mit ihm schlafen wollte.
Über seine eigenen Gefühle war er sich bis heute nicht im Klaren. Jedenfalls war er damals einmal beinahe schwach geworden und hatte sich erst im allerletzten Moment bremsen können.
Sie hatten danach nicht darüber gesprochen, aber er hatte gefühlt, wie sie sich von ihm zurückzog, und war ganz froh gewesen, daß Siegelkötter sie so in Beschlag genommen hatte und sie sich kaum noch sahen.
Er spürte ihren Bück im Rücken, widerstand aber dem Impuls, sich umzudrehen.
»Kommst du nicht weiter?« fragte sie.
»Doch, doch.« Toppe riß sich zusammen und schrieb den nächsten Satz.
9
Salmon Rosenberg hatte sich wieder im Griff.
Mit einer weitausholenden Armbewegung beendete van Velden seine Rede, und im selben Augenblick trat ein Mann auf Rosenberg zu.
»Ich würde gern ein Interview mit Ihnen machen.«
Rosenberg sah ihn wortlos an.
Der Mann war noch keine Dreißig und hatte ein leeres Gesicht.
»Über Ihre Erinnerungen und Ihre Empfindungen.«
Rosenberg sah an ihm vorbei. »Kein Interesse.«
Van Velden kam über den Platz direkt auf ihn zu.
»Herr Rosenberg.« Von der Seite legte ihm der Bürgermeister die Hand auf die Schulter. »Darf ich Ihnen Herrn Rambach vorstellen? Er ist Journalist bei der Niederrhein Post.«
Der junge Mann lächelte ihn an.
»Er hat sich erboten, Sie in den nächsten Tagen zu begleiten und ganz zu Ihrer persönlichen Verfügung zu stehen, solange Sie als Ehrengast in unserer Stadt weilen.«
Rosenberg sah auf seine Schuhe.
Van Velden stand jetzt direkt vor ihm.
»Warum haben Sie gelacht?« Seine Stimme klang gepreßt.
Langsam hob Rosenberg seinen Blick. »Wie alt waren Sie 1938?«
Van Veldens Augen verengten sich fragend.
»Acht Jahre«, antwortete er, die Lippen ganz schmal.
Rosenberg nickte. »Genau wie ich. Und der Mann, der uns damals zur Flucht verhelfen hat, war Ihr Vater?«
»Ja«
»Ach ja? Einer von diesen Widerstandskämpfern, die sich verweigert
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