Belsazars Ende
ab.
»Toppe. Kripo Kleve.«
»Ach so!« Der Arbeiter knüllte sein Butterbrotpapier zusammen und hievte sich hoch. »Un’?«
Sie kamen nicht schlecht ins Gespräch.
»Dieser Künstler? Mann, dat war ’n scharfer Hund, sach ich Ihnen! Hat uns immer kontrolliert, aber genauestens! Morgens, wenn wer kamen, war er immer schon da. Fehlte bloß noch ’ne Stoppuhr.«
»Um welche Zeit fangen Sie denn normalerweise an?«
»Um sieben.«
»Und da war van Velden schon hier?«
»Aber sicher. Jeden Tach, den Gott kommen und werden ließ. Un’ hatte auch immer schon selber rumgemurkst.«
»Wieso? Hat er denn hier selbst mit zugepackt?«
»Ja, dat weiß ich auch nich’. Wenn wer da war’n, jedenfalls nich’. Aber wenn wer kamen, hatte der immer seine ollen Klamotten an un’ dreckige Finger. Tachsüber war er ja nie da, aber kurz vor Feierabend is’ er immer gekommen, dat wer bloß nich’ früher in ’n Sack hauen. Nachher hat er sicher immer noch rumgeschnüffelt, ob wer dat auch alles richtich gemacht haben. Un’ eins kann ich Ihnen sagen: die Luft hier war die ganze Zeit furztrocken!«
»Wie lange arbeiten Sie denn schon hier?«
»Knapp zwei Monat’. Is’ eigentlich ’ne ruhige Arbeit. Wenn der Kerl nich’ so ’n Stiesel wär’.. gewesen wär’, mein’ ich. Is’ ja wohl vorbei, wa?« Er grinste schräg.
Toppe nickte nur.
»Wer ist denn jetzt Ihr Auftraggeber?«
Der Mann zuckte gleichgültig die Achseln, bückte sich und schraubte den Deckel auf seine Thermoskanne.
»Weiß ich auch nich’. Unser Chef hat uns gesacht, macht weiter, un’ mehr weiß ich auch nich’. Ich nehm’ ma’ an, dat dat jetzt die Stadt macht.«
Toppe wiegte zweifelnd den Kopf.
»Tja.« Der Mann stellte die Thermoskanne auf die Bauwagentreppe und wandte sich zum Gehen.
»Ich muß ma’ wieder ran.. nix für ungut..«
Toppe zog ein freundliches Gesicht.
»Schönen Tach noch, Herr Kommissar!«
Langsam ging Toppe zum Auto zurück und nahm dabei zum ersten Mal bewußt die historischen Forstgartenanlagen wahr. Durch die vielbefahrene Tiergartenstraße zerfiel alles in zwei beziehungslose Teile.
Sein Blick verweilte auf der kürzlich restaurierten Insel im pielgeraden Wassergraben. Sie war zu starrem Barockprunk zurückgestutzt worden, ganz dem historischen Vorbild entsprechend.
Toppe konnte sich noch gut an den üppigen Wildwuchs, die Schwäne und die Enten auf dieser Insel erinnern – oft genug war er mit den Kindern hier unten gewesen, als sie noch klein waren.
Um die zweite Insel, die symmetrische Schwester, war inzwischen ein öffentlicher Streit entbrannt: Eine grünrotgraulila Lobby machte sich stark, die,Enteninsel’, so wie sie jetzt war, zu belassen und auf alle Historie zu pfeifen. Aber die,Stadt’, wer auch immer das sein mochte, hatte sich darauf eingeschossen, anläßlich der 750-Jahr-Feier einige Anlagen nach ihrer ursprünglichen historischen Konzeption zu restaurieren.
Toppe rümpfte die Nase: Barock war sowieso die Epoche, die er am allerwenigsten mochte, und die Vorstellung, daß hier demnächst alles in schnurgeraden, rechtwinkligen oder wenn runden, dann jedenfalls von Menschenhand sorgfältigst zurechtgestutzten Bahnen verlaufen sollte, behagte ihm überhaupt nicht. Dann schon lieber,Enteninsel’, als noch mal 350.000 Mark reinzustecken. Überhaupt: Konsequenterweise müßte man ja wohl erst mal die Tiergartenstraße stillegen und in die Lustallee zurückverwandeln, die sie einmal gewesen war. Völlig schwachsinnig, diese Halbheiten! Und mit welcher Vehemenz man sich in der örtlichen Presse und in allerlei Gremien darum kloppte..
Es half alles nichts, er mußte nach Emmerich; wenigstens einen Blick auf den Toten werfen. Vielleicht war Arend ja inzwischen auch weitergekommen.
Es fing an, in nadeldünnen Tropfen zu regnen, und auf der Rheinbrücke trainierte der Wind für den ersten Herbststurm.
Der Parkplatz am Krankenhaus war voll. Toppe wendete und fuhr zum Schwesternwohnheim hoch, wo er bis jetzt noch immer einen freien Platz gefunden hatte. Vor ein paar Wochen hatte man den Platz neu gepflastert – in einer Ecke lagen noch Sand und rote Steine – und mit zwei Reihen halbhoher Metallpfosten bestückt, die die engen Parkbuchten begrenzten.
Toppe mußte zweimal rangieren, bis er endlich geradeaus in die einzige freie Lücke zurückstoßen konnte.
Ein grelles Kreischen ließ ihn zusammenzucken.
Er sprang aus dem Wagen.
Neben dem linken Hinterrad lag eine kleine schwarze Katze, der
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