Belsazars Ende
auch bei dir gemeldet?«
»Natürlich. Ich habe sie gleich an dich weiterverwiesen«, grinste Bonhoeffer.
»Du bist wahrlich ein echter Freund, Arend!«
»Ja, nicht wahr? Hoffentlich hast du diesem Idioten anständig die Meinung gegeigt!«
Sie frotzelten eine Weile herum, während Toppe Bonhoeffers Ergebnisse überflog und sie mit dem Bericht des Erkennungsdienstes verglich.
»Die Blutspuren im Atelier sind dann ja wohl tatsächlich alle von van Velden.«
»Laß mal sehen.«
Bonhoeffer zog den Ordner heran.
»Doch, das kann man als gesichert betrachten. Deine Leute hatten reichlich Blut zur Verfügung.«
»Du hast mir hier die ganzen Kopfverletzungen aufgeführt. An welcher ist er denn nun eigentlich gestorben?«
»An einer Hirnstammkontusion mit Einklemmung des Stammhirns im Foramen ovale«, antwortete Bonhoeffer gelassen.
»Aah, ja!« Toppe schmunzelte. »Forelle mit Ei? Nee, komm, jetzt ernsthaft. Was heißt das? Kannst du mir das mal übersetzen?«
»Das ist ganz einfach. Durch die verschiedenen Schläge auf den Schädel..«
»Wieso verschiedene?« fiel ihm Toppe ins Wort.
»Zunächst einmal hat van Velden einen Stoß gegen den Schädel gekriegt, durch den ein Riß in der Kalotte entstanden ist. Das ist übrigens keine Möhre, sondern die Schädeldecke.«
Toppe nickte.
»Das könnte passiert sein, als er mit dem Kopf gegen die Wand schlug«, fuhr Bonhoeffer fort. »Und dann hat doch jemand, wenn ich dich richtig verstanden habe, eine Wodkaflasche auf seinem Schädel zertrümmert, oder?«
»Nein, zertrümmert hat die Flasche erst der Notarzt.« Bonhoeffer blinzelte verwirrt.
»Na, wie dem auch sei, jedenfalls hat van Veldens Schädel einen zweiten Schlag abgekriegt, und zwar genau auf die bereits verletzte Stelle. Und dieser Schlag führte zu einer Impressionsfraktur und zu einem Subduralhämatom.«
»Zu deutsch?«
»Dadurch, daß die Schädeldecke bereits einen Riß hatte, hat der Schlag mit der Flasche zu einem Schädelbruch geführt, der sich in das Hirn eingedrückt und eine Blutung der darunterliegenden Gefäße verursacht hat.«
»Und daran«, nickte Toppe überzeugt, »ist er dann schließlich gestorben.«
»Nein, nein«, schüttelte Bonhoeffer den Kopf. »Ohne Therapie wäre er daran bestimmt gestorben, aber er war so zeitig in der Klinik in Nimwegen, daß die das bestimmt hätten beheben können.«
Toppe fuhr sich mit der Hand durchs Haar. »Jetzt versteh’ ich gar nichts mehr. Woran ist er denn dann gestorben?«
»An der Hirnstammkontusion, der Quetschung des Stammhirns! Aber im Grunde ist das doch auch egal, oder?«
Doch Toppe ließ sich nicht beirren: »Und die Quetschung hat er durch den zweiten Schlag gekriegt.«
»Das ist nicht unbedingt gesagt..«
»Aber der zweite Schlag war doch wohl wesentlich schlimmer!«
»Schon. An der Stelle, die getroffen wurde, vielleicht. Aber die Folgen für das Hirn können bei einem stumpfen Aufprall sehr viel gravierender sein. Ich habe schon schwerste Hirnverletzungen bei Leuten gesehen, die überhaupt keine Schädelverletzungen hatten.«
»Versteh’ ich nicht.«
Bonhoeffer lehnte sich zurück und dehnte seinen Rücken.
»Ich glaube, ich könnte doch einen Kaffee vertragen. Ich wußte ja nicht, daß du von mir einen detaillierten Vortrag über Schädelverletzungen erwartet hast.«
»Reine Neugier. Entschuldige«, lachte Toppe und holte den Kaffee, der schon seit geraumer Zeit auf der Wärmeplatte gestanden hatte. Dementsprechend war seine Qualität. Bonhoeffer verzog das Gesicht und stellte den Becher schnell wieder hin.
»Denk doch nur mal an Karate«, nahm er den Faden wieder auf. »Du hast doch sicher schon mal gesehen, wie diese Jungs mit dem Fuß oder mit der bloßen Hand Bretter oder Steine durchschlagen. Das funktioniert nur, wenn man den Schlag rechtzeitig abbremst, sonst bricht man sich alle Knochen. So aber breiten sich die Kraftwellen zur Seite aus, und der Stein, oder was auch immer, zerspringt.«
»Du willst mir doch nicht erzählen, daß van Velden beim Aufprall gegen die Wand vorher noch eben abgebremst hat!«
»Man kann nie wissen«, lachte Bonhoeffer. »Nein, aber im Ernst, fangen wir mal andersrum an: Kennst du diese Metallkugeln, die in einer Reihe an Fäden aufgehängt sind? Normalerweise, wenn du die erste Kugel der Reihe auf die anderen aufprallen läßt, springt die letzte weg. Und zwar, weil die Kraft durch die anderen Kugeln weitergeleitet wird. Wenn du aber irgendwas so fest gegen die erste Kugel
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