Belsazars Ende
war längst verbraucht.
Stasi hatte nur einen einzigen Satz losgelassen: »Ihr Presseaufruf war ja, soweit ich informiert wurde, bisher unfruchtbar«, und saß seitdem wie ein Reptil am Schreibtisch.
Der Staatsanwalt schien heute mit seinen Gedanken woanders zu sein. Er lächelte nur ab und zu freundlich.
»Die Haare auf den Scherben stammen übrigens von van Velden«, erklärte Berns mit einem maliziösen Lächeln in van Appeldorns Richtung – die Klatschküche hatte mal wieder schnell gearbeitet.
»Prima«, stieß van Appeldorn zwischen den Zähnen hervor. »Hervorragende Arbeit, Bernsi!«
Nach zwanzig Minuten beendete Toppe die Sitzung.
Im Treppenhaus trennten sich Berns’ und van Gemmerns Wege.
»Wieso gehst du denn noch mal nach oben?« wollte Berns wissen.
»Ach, da ist noch was, das mich beschäftigt..« antwortete van Gemmern unbestimmt.
»Aha! Hab’ ich mir doch gedacht. Du baust da irgendeinen Versuch auf, gib’s zu!« grinste Berns listig.
»Hm, stimmt.«
»Junge, Junge, wenn du dich weiter so in den Job reinhängst, kriegen die dich noch richtig dran. Für solche Sachen werden wir doch überhaupt nicht bezahlt.«
Van Gemmern zuckte nur die Achseln, fummelte sein Tabakpäckchen aus der Hosentasche und drehte sich eine Zigarette.
»Das sind doch alles Überstunden, Mensch! Kriegst du da etwa Geld für?«
»Nö.« Van Gemmern hockte sich auf die oberste Treppenstufe und zündete seine Zigarette an. »Aber das ist mir auch egal. Wenn ich eine Frage habe, dann suche ich die Antwort; ganz einfach. Im übrigen bist du selbst doch gar nicht so viel anders.«
»Ich?« schnaubte Berns empört. »Ich und Überstunden! Mein Lebtag nicht mehr! Ich bin doch nicht bescheuert. Meinst du, ich knick’ mich kaputt, und solche Knallköppe wie dieser Stasiarsch machen auf meine Kosten Karriere? Nee, nicht mit mir, mein Junge, mit mir nicht mehr!«
Van Gemmern lächelte still.
»Was ist?« fuhr Berns ihn an. »Spielst du wieder Buster Keaton?«
Aber van Gemmern schüttelte den Kopf und meinte: »Und was ist mit deinem Vampiromobil?«
»Was soll damit sein?« schnappte Berns.
»Ich weiß nicht.. wenn das kein Idealismus ist..«
»Idealismus! Das Wort ist mir seit Jahren nicht mehr untergekommen!«
»Ach komm, Berns.« Van Gemmern stand auf. »Was bedeutet dir denn dein Beruf?«
»Blöde Frage!« Berns sah ihn lange an. »So was kann auch nur ein Studierter fragen. Mäuse, Knete, Kohle. Ich hab’ drei Kinder zu versorgen und ’ne Frau.«
»Ach ja?« Van Gemmern ließ den Stummel fallen und trat ihn aus. »Und deshalb baust du dir auf deine alten Tage noch ein exzellent ausgestattetes rollendes Labor auf..«
Berns sah ihn wütend an, erwiderte aber nichts.
»Nix für ungut«, tippte ihm van Gemmern auf die Schulter. »Bis morgen dann.«
Toppe eilte zum Fenster und öffnete es, leerte die Aschenbecher, warf Pappbecher in den Papierkorb, ging und spülte die Kaffeekanne aus.
Van Appeldorn stierte vor sich hin.
»Was ist los, Norbert? Du guckst so sparsam«, fragte Toppe, als er endlich seine Ruhe wiedergefunden hatte. »Ich komme nicht weiter.«
»Kann ich mir denken«, nickte Toppe. »Die ganze Pennertheorie ist Mist.«
Van Appeldorn antwortete nicht, sah ihn aber herausfordernd an.
Toppe setzte sich.
»Die Salami und den Käse«, begann er unvermittelt, »die kann van Velden doch auch jemandem geschenkt haben. Einem Asylanten zum Beispiel, oder vielleicht sogar wirklich einem Penner, der bei ihm an der Tür geklingelt hat.«
Van Appeldorn sagte immer noch nichts. »Und dann hakt die Theorie an dem Punkt, daß der Penner unmöglich den Notarzt angerufen haben kann und gleichzeitig von ihm überrascht worden ist. Und das ist ein entscheidender Punkt.«
»Ja, ich weiß«, winkte van Appeldorn ab. »Trotzdem, irgendwas., ach, ich weiß auch nicht genau., aber du hast recht: der Zeitplan stimmt nicht.«
»Außerdem«, meinte Toppe, »wie wäre der Penner denn ins Haus gekommen? Die Haustür war zu, die Fenster auch.«
»Hintenrum.«
»Nein. Die Spuren dort führen nur in eine Richtung, nämlich weg vom Atelier.«
»Direkt am Haus ist aber ein Kiesstreifen!«
»Ja, aber nur an der Seite, nicht hinten an der Tür. Und geh mal davon aus, daß Berns und van Gemmern da genau gearbeitet haben.«
»Ja, davon müssen wir wohl ausgehen.«
Toppe sah auf die Uhr. »Ich möchte wissen, wo die bleiben.«
»Günther und Astrid?«
»Hm. Es ist schon fast sechs.«
»Die sind bestimmt in der Altstadt
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