Belsazars Ende
Unzufriedenheit.
Gemeinsam mit den Kinder guckten sie sich im Fernsehen Das fliegende Klassenzimmer an, und als die Jungs im Bett waren, kam sie zu ihm, setzte sich auf die Sessellehne und schmiegte sich an ihn: »Sollen wir auch ins Bett gehen?«
Er strich ihr über die Wange. »Ich hab’ mir heute ein paar Autos angesehen. Wir müßten mal überlegen, was wir tun sollen.«
»Wenn du meinst«, antwortete sie gedehnt und setzte sich aufs Sofa.
Er erzählte ihr von dem Passat. »Wir werden wohl einen Kredit aufnehmen müssen.«
»In Ordnung«, sagte sie nur, »ich geh’ dann morgen zur Bank und erkundige mich nach den Konditionen.«
Mehr nicht. Nicht das allzu bekannte: ,Ich weiß wirklich nicht, wie wir das auch noch bezahlen sollen.’ Sie sah ihn fragend an.
Er lächelte schief. »Ich würd’ gern noch eben die ,Tagesthemen’ gucken.«
»Wie du willst«, sagte sie knapp und sah an ihm vorbei. »Ich bin müde. Nacht.«
»Nacht.«
Gegen vier wachte er in seinem Sessel auf, weil er fror. Er spürte jeden einzelnen Knochen im Leib. Benommen tapste er ins Betr. Gabi rührte sich nicht.
Sie weckte ihn nicht am nächsten Morgen, und er verschlief gründlich.
Ohne Frühstück kam er um zwanzig vor zehn ins Büro gehetzt. Van Appeldorn saß am Tisch und tippte. Astrid und Breitenegger waren wohl schon nach Düsseldorf unterwegs.
Norbert warf einen Blick in Toppes Gesicht und ersparte sich eine Bemerkung.
»Kaffee?« fragte er nur.
»Jede Menge, bitte.«
Sie hatten keine Gelegenheit, miteinander zu reden, denn als Toppe eben den ersten Schluck getrunken hatte, schellte das Telefon.
Es war Arend Bonhoeffer, ausgeglichen wie immer.
»Ich habe den Obduktionsbericht fertig, Helmut. Soll ich ihn dir selbst bringen? Wäre eine gute Gelegenheit, mal aus meiner Gruft hier rauszukommen.«
»Ja, klar, fänd’ ich prima. Wann kannst du denn hier sein?«
»In einer halben Stunde, würde ich sagen. Braucht ihr übrigens die Haare noch?«
»Was für Haare?« fragte Toppe verdutzt.
»Na, ihr wolltet doch van Veldens Haare, oder? Nimwegen hat sie mitgeschickt.«
Toppe lachte laut.
»Was ist denn?« wunderte sich Bonhoeffer. »Hab’ ich was besonders Komisches gesagt?«
»Erklär’ ich dir später, Arend. Bis gleich.«
»Ja, tschüß.«
»Norbert«, begann Toppe und freute sich schon.
»Hm?« Van Appeldorn sah gar nicht von der Schreibmaschine auf.
»Brauchen wir eigentlich van Veldens Haare noch?«
Norberts Schimpfkanonade wurde unvermittelt durch van Gemmern unterbrochen, der seinen Kopf zur Tür reinsteckte.
»Düsseldorf hat es gerade bestätigt: das Menetekel ist nicht van Veldens Handschrift und mit größter Wahrscheinlichkeit nicht älter als acht Tage.«
Damit war er schon wieder weg.
»Ich hätte nicht übel Lust, nach Nimwegen rauszufahren und diesem Arsch von Kaaskopp meine Meinung zu sagen. Es ist doch jedesmal dieselbe Scheiße mit denen! Duitse moffe pisacken ist deren Lieblingssport!« schnauzte van Appeldorn, aber Toppe hörte kaum noch hin. Er mußte mit diesem Rosenberg sprechen.
Van Appeldorn raffte ein paar Papiere zusammen und ging.
Wieder klingelte das Telefon.
»Toppe, K 1«, knurrte Toppe unwirsch in den Hörer.
»Holundbringedienstschäfergutentag. Spreche ich mit Hauptkommissar Toppe?«
»Ja.«
»Sie hatten da doch dieses Problem mit der Katze, die Sie überfahren haben.«
»Ja. Und?«
»Entschuldigen Sie bitte die Störung, aber es ist da bei uns einiges durcheinandergelaufen..«
»Den Eindruck hatte ich allerdings auch.«
»Ich hätte da nur noch eine Frage..«
»Ja?«
Toppe suchte fahrig seine Taschen nach Zigaretten ab. »Wann hat denn der Abdeckdienst Marl den Kadaver entsorgt?«
»Überhaupt nicht.«
»Wie bitte?«
»Überhaupt nicht. Ich habe die Katze eigenhändig vergraben, und zwar auf dem Hubschrauberlandeplatz vor dem Krankenhaus, wenn Sie’s genau wissen wollen.«
Schäfergutentag schnappte hörbar nach Luft. »Sie haben was getan?!«
»Die Katze vergraben«, wiederholte Toppe ungeduldig.
»In einem Metallbehälter?«
Toppe konnte es nicht fassen. »Natürlich nicht.«
»Sie meinen, Sie haben den Kadaver einfach so in die Erde gebracht?!«
»Richtig!«
»Aber, mein Gott, das verstößt doch gegen alle Hygienevorschriften! Wissen Sie denn nicht, daß dadurch anaerobe Bakterien ins Grundwasser gelangen können? Es ist mir sehr unangenehm, aber das könnte durchaus ein Nachspiel für Sie haben.«
Jetzt platzte Toppe der Kragen: »Sind Sie
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