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Belsazars Ende

Titel: Belsazars Ende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hiltrud Leenders , Michael Bay , Artur Leenders
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keine Mahnung?«
    »Junger Mann«, sagte Rosenberg und sah ihm ins Gesicht, »wollen Sie die Geschichte nicht ruhen lassen?«
    Rambach sah ihn fassungslos an. »Das meinen Sie doch nicht so, oder? Laßt die Toten die Toten begraben, wollten Sie das sagen? Das können Sie doch aber nicht wirklich ernst meinen!«
    Rosenberg wiegte unbestimmt den Kopf. »Kommen Sie. Sie wollten doch sehen, wo unser Haus gestanden hat.«
    Sie gingen am Großen Markt entlang, den Hasenberg hinunter zum unteren Ende der Hagschen Straße.
    »Dort drüben«, sagte Rosenberg.
    Rambach nickte und zog einen Stapel Fotos aus der Manteltasche – »Ich habe mir Abzüge machen lassen« – und drückte sie Rosenberg in die Hand.
    Es waren Bilder der Hagschen Straße aus den Zwanziger und Dreißiger Jahren. Gleich auf dem ersten: Louis Rosenberg – Manufaktur und Modewaren, Rosenbergs Hände zitterten.
    »Und wo hat van Velden gewohnt?« fragte Rambach.
    Rosenberg sah auf und drehte sich langsam um. »Da drüben.«
    »Wo? Über,Schätzlein’?«
    »Nein, im Haus daneben, glaube ich. Es sieht alles so anders aus..«
    »Ich kann Ihnen das hier auf den Fotos zeigen. Geben Sie mal her.«
    »Nein, nein. Im Haus daneben.«
    »Wirklich? Und wie hat er es gemacht?«
    Rosenberg rückte seinen Hut zurecht. »Wie hat er was gemacht?«
    »Nun, wie hat er Sie, Ihre Familie, aus der Stadt geholt?«
    »Mit einem Lastwagen.«
    »Hier? Mitten in der Stadt?«
    »Ja. Es war dunkel.«
    »Trotzdem. Daß der Mann das gewagt hat! Toll!«
    Rosenberg lachte.
    Rambach schaute ihn unbehaglich an. »Sie lachen wieder. Warum?«
    »Lassen Sie uns gehen.«
    »Aber Sie haben wieder gelacht.«
    »Ja. Es ist nur, van Velden ist für sein Wagnis sehr gut bezahlt worden.«
    »Wie bitte?«
    Rambach hielt ihn am Ärmel fest.
    »Junger Mann«, sagte Rosenberg ruhig. »Das ist nicht so außergewöhnlich. Das kam vor, damals. Kommen Sie.«
    Aber Rambach ließ ihn nicht los. »Geld? Sie meinen, er hat Geld dafür gekriegt?«
    »Ja.« Rosenberg schüttelte die Hand ab. »Geld auch. Aber glauben Sie mir, das ist kein Stoff für Sie. Damit schockieren Sie niemanden. Was wollen Sie? Wir haben überlebt. Letztendlich ist es doch ganz egal, ob er das wegen des Geldes getan hat oder aus Menschenliebe. Und jetzt kommen Sie, es ist kalt. Ich würde gern einen Kaffee trinken.«

25
    Van Gemmern war allein im Labor.
    Er kniete unter einer Apparatur, die Toppe bisher noch nie gesehen hatte, und fegte Glasscherben zusammen. Das Ding war ein Aufbau aus Stangen und Stahlseilen, einem gepolsterten Block, einer Skala und erinnerte alles in allem an einen,Hau-den-Lukas’.
    Leere Wodkaflaschen standen herum.
    Van Gemmern kroch unter dem Gestänge hervor, legte Handfeger und Kehrblech weg und nickte einen wortlosen Gruß.
    »Es hat mir schon die ganze Zeit keine Ruhe gelassen«, begann er ohne Einleitung. »Und nachdem ich den Obduktionsbefund gelesen und die Schädel aufnahmen gesehen hatte, erst recht nicht. Die Impression zeigt deutlich, daß sie nicht von der Kante des Flaschenbodens stammt, sondern von der Flaschenseite. Sehen Sie sich das hier mal an.«
    Er zeigte Toppe ein paar Tabellen: Struktur des Knochengewebes, Wölbung der Schädelkalotte, Aufprallgeschwindigkeit..
    Toppe runzelte die Stirn. »Also, ehrlich gesagt, das sind böhmische Dörfer für mich.«
    »Wenn der Schlag mit einer solchen Wucht ausgeführt wurde, daß er zu einer Impression des Schädelknochens führte, dann hätte die Flasche zerspringen müssen«, erklärte van Gemmern trocken. »Sie ist aber heilgeblieben, und das bedeutet, daß der Schlag relativ sanft gewesen sein muß. Ich habe inzwischen über zwanzig Wodkaflaschen getestet, und kann das mit Sicherheit sagen. Ich bezweifle mittlerweile sogar, daß dieser Schlag überhaupt zu einer Bewußtlosigkeit hätte führen können.«
    »Ja«, antwortete Toppe, »ich weiß, was Sie meinen. Ich habe schon mit Bonhoeffer darüber gesprochen. Wenn der Schädel nicht bereits verletzt gewesen wäre, hätte der Schlag mit der Flasche nicht zu einer Impressionsfraktur führen können.«
    »Richtig.«
    »Schon. Nur hilft uns das auch nicht weiter. Die Impressionsfraktur ist ja nicht die eigentliche Todesursache.«
    »Ich weiß, aber ich glaube, das kann man vernachlässigen. Dies hier ist nicht ohne Bedeutung. Mit ziemlicher Sicherheit handelt es sich dann nämlich nicht um Mord, sondern allenfalls um Totschlag. Meiner Ansicht nach sogar nur um Körperverletzung mit

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