Belsazars Ende
natürlich nicht zweigleisig fahren.«
»Was machen wir denn da?«
»Geben Sie mir Ackermann.«
»Ackermann? Aber gerade im K 4 sind wir so knapp besetzt!«
»Ackermann hat Erfahrung. Sie wissen, daß er öfter bei uns ausgeholfen hat. Wir sparen uns die Zeit der Einarbeitung.«
»Nun gut, in Ordnung, Sie bekommen Ackermann. Allerdings nur bis Mittwoch!«
»Gut. Da wäre noch etwas: die Pressekonferenz übermorgen.«
An nichts anderes hatte Siegelkötter die ganze Zeit gedacht.
»Die werde ausnahmsweise einmal ich übernehmen«, sagte er schnell. »Man kann Sie mit dringenden auswärtigen Ermittlungen entschuldigen.«
»Wie Sie meinen«, sagte Toppe sehr freundlich. »Guten Abend, Herr Siegelkötter.«
»Auf Wiedersehen.«
Zufrieden legte Toppe den Hörer auf. Er hatte erreicht, was er wollte, und es war nicht einmal schwierig gewesen.
Auf dem Wecker war es zwanzig nach neun.
Er ging hinunter ins Wohnzimmer, holte sich das Telefonbuch und suchte Ackermannns Nummer heraus.
Ackermann war Feuer und Flamme
»Mensch, Chef, dat find’ ich echt klasse! Wir beide ma’ wieder zusammen!« Seine Stimme überschlug sich. »Ja, wat mach’ ich denn jetz’?«
»Ich finde es ja ein bißchen blöd, daß ich Sie so überfalle, aber wenn wir am Montag gleich loslegen wollen, müßten Sie sich vielleicht morgen schon mal die Berichte angucken. Meinen Sie, Sie haben Zeit dazu?«
»Dat is’ doch wohl keine Frage, Chef. Hätt’ ich sowieso gemacht. Nee, klar, dat kriegen wir schon gebacken.«
»Prima. Ich bin gespannt, was Sie zu der ganzen Sache sagen. Vielleicht kommt Ihnen ja eine zündende Idee.«
»Ach nee«, druckste Ackermann verlegen, »dat is’ doch wohl mehr Ihr Metier.«
»Okay, bis Montag dann.«
»Ja, bis Montach, und.. danke, Chef.«
»Danke? Wofür denn?«
»Ach, Mensch, Sie wissen doch: Mord ist ja..«
»… sozusagen Ihr Hobby, ich weiß schon«, lachte Toppe und verabschiedete sich.
Dann tippte er nur kurz mit dem Finger auf die Gabel, wartete auf das Freizeichen, wählte die Auslandsauskunft und ließ sich die Nummer vom Centerpark geben.
Die Zentrale teilte ihm in perfektem Deutsch mit, seine Frau sei in Bungalow 39 und man würde ihn durchstellen.
Er ließ es zehnmal klingeln und gab dann erleichtert auf. Er wußte sowieso nicht, was er sagen sollte.
Die Weinbrandflasche stand noch auf dem Tisch. Nachdenklich betrachtete er den Flaschenboden. Sein Glas hatte er oben im Badezimmer vergessen. Er holte ein Wasserglas aus dem Schrank, goß es halbvoll und nahm es mit hoch in die Wanne.
Das Wasser war kalt geworden. Er zog den Stöpsel und ließ gleichzeitig heiß nachlaufen.
Dann tauchte er unter, hielt die Luft an und zählte. Fünfundvierzig, gar nicht so schlecht!
Prustend kam er hoch, nahm das Glas und trank einen großen Schluck.
Er versuchte probeweise ein paar sachliche, sortierte Gedanken über Gabi und sich, merkte aber, daß er sofort sauer wurde. Er fühlte sich von ihr gemaßregelt und zur Seite gedrängt. Was sie wohl den Kindern so erzählte? Schließlich waren die so klein auch nicht mehr. Die kriegten doch mit, was lief. Sie hatte kein Recht, einfach abzuhauen und die Kinder mit reinzuziehen.
Seine Gedanken glitten ab zu seinem anderen Problem. Astrid war ihm wieder sehr nahe gekommen. Wenn er nicht mitten in diesem Fall steckte, wäre es mit seiner Standhaftigkeit nicht mehr so weit her, da war er ganz sicher.
Er ließ sich in seine Träume fallen.
Später legte er sich, nur in seinen Bademantel gewickelt, aufs Sofa, stellte die Weinbrandflasche neben sich auf den Teppich und schaltete die Fernsehkiste ein.
Am Sonntag morgen erwachte er vom Knallen der Haustür und dem Gebrüll der Jungen, die durch den Flur tobten. Sein Kopf dröhnte, und seine Zunge klebte ihm dick und pelzig am Gaumen.
Schwerfällig pellte er sich aus dem Bett und tappte in den Flur ans Treppengeländer.
Gabi hievte gerade den Koffer herein.
»Ihr seid schon zurück?«
»Offensichtlich«, schnappte sie und warf einen Blick hinauf. »Wie siehst du denn aus?«
»Wieso?« Er sah an sich hinunter.
»Hast du die Nacht durchgesumpft?«
Er lächelte verlegen. »Bißchen viel Schnaps vor dem Fernseher gestern abend.«
Aber sie sah ihn schon gar nicht mehr an. »Hast du die Blumen gegossen?«
»Scheiße! Das hab’ ich total vergessen!«
»Schon klar«, winkte sie ab und verschwand in der Küche.
Wütend ging er ins Bad und knallte die Tür hinter sich zu. Schon wieder hatte sie ihm ein
Weitere Kostenlose Bücher