Belsazars Ende
herum, was einzig den Erfolg hatte, daß jetzt auch noch seine Hände dreckverschmiert waren. »Wir müssen bei der Stadt anrufen. Das muß sicher genehmigt werden. Ich frage mich nur, wie wir das begründen sollen. Wir wissen ja noch nicht mal, wonach wir eigentlich suchen.«
»Dat werden wer aber auch nich’ rauskriegen, wenn wer nich’ reinkommen«, gab Ackermann munter zurück. »Ich bin echt gespannt, wie dat jetz’ da unten aussieht. Früher kam man da bloß so ’n Stücksken rein, bis anne Stelle, wo zwei Gänge nach rechts un’ links abgingen. Da war dann so ’n dickes Eisengitter. Vielleicht müssen wer ja sogar noch selber buddeln.« Seine Augen blitzten unternehmungslustig. »Warten Sie ma’ ebkes.«
Er schob den Bretterstapel wieder vor den Eingang und packte anderes Gerümpel davor, bis man die Öffnung, auch wenn man direkt davor stand, beim besten Willen nicht mehr erkennen konnte.
»Wollen do’ nich’, dat uns einer zuvorkommt«, brummelte er in seinen flusigen Bart.
»Wat also jetz’?« fragte er, als sie zu ihren Autos zurückgingen.
»Na ja«, meinte Toppe trübe, »ich rufe morgen bei der Stadt an..«
»Wat anderes fällt mir auch nich’ ein im Moment. Et sei denn, die Kollegen in Rotterdam würden den Rosenberg finden. Dat wär wat!«
Kurz vor dem Präsidium bremste Toppe trotzig. Hatte er eigentlich eine Meise, ins Büro zu fahren, um Kaffee zu trinken und ein paar muffige Plätzchen zu essen?
Schließlich hatte er ein Zuhause!
Er schaute kurz ins Wohnzimmer – die Kinder saßen vor dem Fernseher und aßen Chips.
Gabi hörte er in der Waschküche hantieren.
Sie hatten ihm nichts vom Mittagessen aufgehoben.
Er stellte die Kaffeemaschine an und suchte nach Brot. Es war keins da.
Im Kühlschrank fand er zwei angetrocknete Scheiben Rauchfleisch und ein klägliches Ei.
Beides schmiß er in eine Pfanne und schnitt noch eine saure Gurke drauf.
»Ach, du bist ja wieder da!« Gabi kam herein.
»Ja«
»Da hat einer für dich angerufen.«
»Ja?« Er drehte sich um. »Wer denn?«
»Weiß nicht«, zuckte sie die Achseln. »Die Verbindung war schlecht. Hörte sich an wie Simon Rosenberg, oder so.«
Toppe hielt die Luft an. »Salmon Rosenberg?!«
»Kann auch sein.«
»Und? Was hat er gesagt?«
»Nichts. Ich hab’ gesagt, du bist nicht da. Ich wüßte nicht, wo du wärst und wann du wiederkommst.«
Toppe starrte sie entgeistert an. »Das kann doch wohl nicht wahr sein! Bist du verrückt?«
»Wieso?« sagte sie schnippisch. »Ich wußte doch nicht mal, ob du überhaupt wiederkommst.«
Toppe ließ sich auf einen Stuhl fallen, stützte die Stirn in die Hände und wollte es nicht glauben.
28
Als Toppe am Montag morgen ins Büro kam, war es noch dunkel, aber er hatte zu Hause keine Ruhe mehr gehabt.
Er schaltete die mit den Jahren funzelig gewordene Neonbeleuchtung ein, nahm sich aber nicht die Zeit, seinen Mantel auszuziehen, sondern ging gleich zu seinem Schreibtisch.
Oben auf dem Stapel mit der Samstagspost lag das, was er erhofft hatte: ein Fax von den Kollegen aus Rotterdam.
Sie hatten Salmon Rosenberg bei der Familie Kersten angetroffen. Er hatte ein einwandfreies Alibi für die Tatzeit, war aber bereit auszusagen. Kerstens Adresse und Telefonnummer standen auf dem Zettel.
Es war erst zwanzig vor acht; noch zu früh, die Leute anzurufen.
Toppe zog seinen Mantel aus und hängte ihn auf. Dann blätterte er den restlichen Stapel durch.
Da waren die Ausschnittvergößerungen von den Gesichtern der beiden Studentinnen, die Astrid bestellt haben mußte, und ein Brief mit dem Absender St. Willibrordus-Spital, Emmerich.
Er stutzte. Hatte Arend doch noch etwas gefunden?
Aber das Schreiben drehte sich um eine ganz andere Geschichte:
Sehr geehrter Herr Toppe,
wir haben heute morgen den Kadaver der von Ihnen unsachgemäß entsorgten Katze exhumiert, da eine derartige Einbringung im Erdreich unter seuchenhygienischen Gesichtspunkten unter keinen Umständen vertretbar ist (TierkörperbeseitigungsG BGBl l, S. 2312 vom 2.9.75; BseuchG §10; TiersG §26).
Wir fordern Sie auf, den Kadaver am Montag, den 6.11.91. bis spätestens 15.30 Uhr bei Herrn Schäfer (Hol- und Bringedienst) abzuholen und eine ordnungsgemäße Entsorgung vorzunehmen. Andernfalls sehen wir uns leider gezwungen, den Abdeckdienst in Marl mit dieser Aufgabe zu betrauen und Ihnen die dadurch entstehenden Kosten in Rechnung zu stellen.
Hochachtungsvoll
Klothilde Vermeulen
(Hygieneschwester)
Montag, der
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