Ben Driskill - 02 - Gomorrha
bisher ergeben haben.«
Weitere Fragen kamen. Im Topf brodelte es. Dampf stieg auf.
Mac tat so, als könne er die Fragen nicht verstehen, und ging. Ein Assistent blieb auf dem Podium, um über Arrangements für Reporter, Terminänderungen und Gott weiß, was sonst noch, zu reden.
Mac traf Driskill auf dem Korridor. »Ist doch gut gelaufen, oder?«
»Das Fernsehen wird es lieben. Die Einschaltquoten werden wie eine Rakete steigen.«
»Du mußt ihnen geben, was sie wollen. Einen Thriller.«
Driskill hatte recht. Nach der Explosion des Flugzeugs hatte das Fernsehen pausenlos gesendet. Seit diesem entscheidenden Moment war der Parteitag zum am meisten kontinuierlich verfolgten Ereignis der jüngsten Zeit geworden. Aber das war noch gar nichts.
Über Nacht war ein Wunder geschehen.
Am Nachmittag klebten plötzlich in den heißen und belebten Straßen Chicagos und in der ›Parteitag-City‹ Plakate, auf denen stand, daß das Volk einen neuen Kandidaten für die Demokratische Partei hatte und an ihn müßten sich jetzt Partei und Nation in dieser Krise wenden:
Sherman Taylor.
Der General der Marineinfanterie. Der ehemalige Präsident dieser Vereinigten Staaten. Der Träger der Tapferkeitsmedaille des Kongresses, der sich den nimmermüden Bemühungen und der Entschlossenheit Bob Hazlitts, ins Weiße Haus einzuziehen, gebeugt hatte, jetzt jedoch willig war, seinem Land wieder im höchsten Amt zu dienen.
Er blickte aus den Schaufenstern. Die Menschen – sicher über zehntausend – beim Parteitagzentrum trugen bereits Plakate und Papierhüte mit seinem Bild. Straßenverkäufer boten einen Wandbehang – reine Wolle – für zwanzig Dollar an, auf dem Taylor mit grimmigem Gesicht herabblickte, bereit, es mit jedem aufzunehmen, zum Wohl Amerikas. Wie von Zauberhand erschienen überall farbige Porträts des großen Mannes, mit Fahne und glänzender Tapferkeitsmedaille und Marineinfanterie-Schwert …
Am späten Nachmittag berief Sherman Taylor eine Pressekonferenz im Medienzentrum ein, das dem Parteitagsgebäude gegenüberlag. Der Asphalt war von der Hitze aufgeweicht und schlug Blasen. Aber die Journalisten ließen sich nicht abschrecken und streuten irgendein Bindematerial darauf. Auf von Menschenhand errichteten Inseln – pittoresk, mit Palmen und Bambushütten – wurden Erfrischungen verkauft. Irgendwie paßten sie zu den auf dem großen Lake Michigan ankernden Jachten.
Tom Bohannon stand hinten im Raum und musterte die Gesichter. Er beobachtete die Ebbe und die Flut der Interessen der Reporter, während sie warteten, wie der frühere Präsident sich seinen Anhängern präsentieren würde. Sherman Taylor kam mit mehreren Begleitern herein. Er trug einen dunkelblauen Anzug mit sehr feinen Nadelstreifen. Sein gebräuntes Gesicht war wie versteinert. Die tiefen Falten neben dem Mund schienen von einem Schweißbrenner herzurühren. Die Journalisten und Fernsehleute verstummten. Taylor wartete, bis es totenstill war.
»Ich habe nicht viel zu sagen, meine Damen und Herren. Über den Tod meines Freundes Bob Hazlitt bin ich sehr traurig. Ich habe selten einen Mann mit so viel Leben und Energie getroffen. Ohne ihn ist unser Land ärmer geworden.«
Er machte eine Pause. Seine Hände umklammerten das Rednerpult. Er blickte die Journalisten an, als wolle er sie mit seiner Willenskraft dazu bringen, jedes Wort zu glauben. Man hörte nur das Klicken der Kameras und das Surren der Tonbandgeräte.
»Vielleicht haben Sie die zu Herzen gehende Unterstützung für mich vor dem Zentrum und auf den Straßen Chicagos gesehen. Das zeigt – wie ich glaube –, daß die Amerikaner politische Lebewesen sind und außergewöhnlich widerstandsfähig. Und unter den Plakaten und Spruchbändern trauern sie um Bob Hazlitt ebenso wie ich. Doch sie wissen auch, daß die politische Maschinerie nicht angehalten werden kann, die vor vielen Monaten im schneebedeckten Iowa angeworfen wurde, als ich Bob Hazlitt gedrängt habe, sich dem Land zur Verfügung zu stellen. Ja, alle sind sich bewußt, daß dieser Prozeß nicht angehalten werden kann, bis wir die eine oder die andere Lösung haben. Auf Gedeih und Verderb. Bob Hazlitt würde als erster bestätigen, daß das Nominierungssystem der Demokratischen Partei auf Hochtouren läuft und einen Kandidaten hervorbringen wird.
Wir trauern um Bob Hazlitt, aber wir werden einen Kandidaten wählen, der seinen Platz einnehmen wird. Lassen Sie mich sagen, daß ich weder jetzt noch zu irgendeinem früheren
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