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Ben Driskill - 02 - Gomorrha

Ben Driskill - 02 - Gomorrha

Titel: Ben Driskill - 02 - Gomorrha Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Gifford
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packten die geschlossenen Muscheln, flogen wieder himmelwärts und ließen die harten Muscheln mit erstaunlicher Genauigkeit auf die harte Straße fallen. Die Muscheln platzten und gaben das kleine Fleischstück preis. Die Möwen stießen wieder nach unten und pickten es heraus. Aus derlei Dingen konnte man immer etwas lernen.
    An diesem Abend waren keine Möwen unterwegs, trotzdem knirschten die Muscheln unter den Reifen. Rechts und links des Wagens sprühten Wasserfontänen in die Dunkelheit. Dann führte die Straße den Hügel hinauf, vorbei an der Ram’s Head Inn. Die hellerleuchteten Fenster durchdrangen die Regenschleier und wirkten einladend. Bis zu Drews Haus waren es nur noch wenige Minuten.
    Dann, hinter einer Biegung mit Büschen und Bäumen, sah er das große Tor, das seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr geschlossen worden war. Das Tor hätte in Citizen Kane stehen können, von Büschen und Ranken so zugewachsen, daß man die vertikalen Eisenstangen kaum noch sah. Die schwarze Auffahrt glänzte naß im Licht der Scheinwerfer. Vor ihm erhob sich das dreigeschossige Haus mit dem Spitzdach und mit mehreren Schornsteinen. Im Erdgeschoß waren die Fenster erleuchtet. Drew hatte es immer sein kleines Landhaus genannt. Auch unter dem Dach der offenen Garage brannte Licht. Ben parkte dort.
    Niemand antwortete auf die Türglocke. Die Tür war nicht verschlossen. Er machte sie auf. Sogleich hörte er leise Mozarts Requiem aus dem Arbeitszimmer.
    Er rief ein paarmal und erwartete, Drew aus der Bibliothek oder dem Arbeitszimmer, wo Licht brannte, kommen zu sehen, aber es kam keine Antwort. Er roch das Holz, das in den Kaminen brannte. Es war warm, aber alten Leuten war immer kalt – jedenfalls hatte Drew ihm das gesagt. Drew hatte ein Ehepaar, das nicht auf der Insel wohnte, aber mehrmals in der Woche herkam und das Haus versorgte, alles abstaubte und in perfektem Zustand hielt, sich um die Post kümmerte, Kaminholz vorbereitete, so daß er es nur anzuzünden brauchte, etwas zu essen in den Kühlschrank stellte und die Betten machte. Wenn er weitere Wünsche hatte, konnten sie jederzeit über Nacht bleiben. Wenn Ben sich richtig erinnerte, hatte das Haus vierzehn Schlafzimmer.
    Wahrscheinlich war Drew eingeschlafen und hatte das Licht brennen lassen. Wenn er auf der Insel war, fühlte er sich immer ziemlich selbständig. In seiner eleganten Stadtwohnung am Fuß der Fifth Avenue hatte er ständig ein Ehepaar um sich. Hier draußen gefiel ihm der Gedanke, daß er immer noch alles allein schaffte. Ben warf einen Blick in die Bibliothek, ins Arbeitszimmer, ins Billardzimmer und in die glänzende schwarzweiße Küche. Leer. Mozart folgte ihm, als er die schwere geschnitzte Treppe zu Drews Schlafzimmer hinaufging. Neben dem Bett brannte die Lampe. Das Bett war aufgeschlagen. Schlafanzug und Morgenrock lagen bereit. Aber von Drew keine Spur. Der Regen prasselte gegen die Fenster. Dann sah Ben noch ein Licht. Draußen im Gewächshaus, das seitlich vom Haupthaus stand. Eine komische Zeit, um Blumen umzutopfen. Die Glastür mit dem Metallrahmen stand auf. Licht fiel auf den Kiesweg, der durch die Dunkelheit vom Haus zum Gewächshaus führte. Windstöße peitschten die Tür hin und her. Das Licht war konstant, niemand bewegte sich und warf Schatten.
    Warum das Gewächshaus? Eiskalte Finger strichen über seinen Rücken. Die Haare an den Armen stellten sich auf.
    Innerhalb von Sekunden war er die Treppe hinuntergelaufen und draußen. Es herrschte richtiger Sturm. Regen schlug ihm ins Gesicht. Er war schweißgebadet. Er stemmte sich gegen den Sturm und ging zum Gewächshaus und der quietschenden Tür. Er konnte sich vorstellen, was passiert war: Drew hatte die Tür schlagen hören, war hinausgegangen, um sie zu schließen, und hatte eine Herzattacke. Mit letzter Kraft hatte er sich ins Gewächshaus geschleppt, das Licht angemacht und war dann zusammengebrochen. Ja, so mußte es gewesen sein …
    Die Wellen peitschten gegen die Felsen am Fuß der Klippe, welche die Grundstücksgrenze bildeten. Der Wind trug den Salzgeruch des Meeres mit sich. Irgendwo da draußen war die südliche Gabelung von Long Island. Ebensogut könnte es auch der Krabben-Nebel sein.
    Drew war im Gewächshaus.
    Ben sah als erstes seine Beine, die Hosen, die glänzenden schwarzen Schuhe, lehmverschmiert und naß. Er ging um den Arbeitstisch herum. Da lag Drew ausgestreckt auf der Seite. Er trug eine dunkelblaue Kaschmirstrickjacke, das weiße Hemd stand am

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