Ben Driskill - 02 - Gomorrha
kleine Gans, die in eine ernste Sache verwickelt worden ist – wie ein Mädchen in einem Hitchcock-Film. Sie verstehen das nicht. Ich habe Angst, daß man mir hierher gefolgt ist. Ich habe Angst, daß er auf mich wartet, daß ich aus meinem Zimmer komme, aus dem Hotel – er könnte an die Tür klopfen, und wir machen auf und werden alle umgebracht. Wenn sie Mr. Summerhays ermorden können, sind wir im Vergleich dazu kleine Fische – sogar Sie, Mr. Driskill.«
»Haben Sie Angst, daß er Ihnen tatsächlich gefolgt ist? Oder nehmen Sie das nur an? Das ist ein Riesenunterschied. Ich sehe nicht, wie er hierherkommen könnte. Woher konnte er wissen, wohin Sie fahren …?«
»Er wußte, wo Mr. Summerhays war. Er wußte, wo Hayes Tarlow war … und die beiden waren weit auseinander. Denken Sie darüber mal nach. Es gibt keinen Grund auf der Welt, warum er nicht hier sein sollte. Schauen Sie, Mr. Driskill, ich bin kein Kind, das sich vor der Dunkelheit fürchtet oder vor dem schwarzen Mann. Ich weiß, daß ich zu Hause beschattet worden bin. Und jetzt denke ich, daß er hier ist oder morgen hier sein wird. Dieser Mann ist mir seit Tagen gefolgt. Menschen wurden ermordet, Menschen, mit denen ich gearbeitet habe. Und dann ist er übers Wochenende verschwunden – Sie müssen mir glauben. Er hat dieses Gesicht …«
»Was meinen Sie? Bitte, etwas langsamer.«
»Ben«, sagte Elizabeth beschwichtigend. »Laß ihr eine Minute Zeit, schrei sie nicht an.«
»Ich schreie sie nicht an, verdammt noch mal!«
»Mein Gott, ich weiß auch nicht«, sagte Rachel. »Sein Gesicht ist jedesmal, wenn ich ihn sehe, verändert.«
»Aber wie wissen Sie dann, daß es derselbe Kerl ist? Wie kann sich sein Gesicht verändern?«
»Na ja, es verändert sich – was soll ich sagen? Aber seine Augen nicht, seine Augen ändern sich nicht jedesmal. Seine Augen sind komisch. Einmal habe ich ihn gesehen, da waren seine Augen hellblau – vielleicht eher hellgrau –, seltsam, wie diese Hunde mit den hellblauen Augen. Beim nächstenmal hat er mich aus dunkelbraunen Augen beobachtet. Beim erstenmal hat er einen Anzug getragen; das war in der Bar im Erdgeschoß im Willard. Dann ist er in einer Kneipe in Georgetown aufgetaucht, die Sir Nemos Underground heißt. Da hat er wie einer der ewigen Studenten ausgesehen, die sich bei Dumbarton Oaks herumtreiben – aber es war derselbe Kerl. Fragen Sie mich nicht, wieso ich das weiß. Ich weiß es einfach. Er hat etwas Magnetisches an sich, als würde er einem das Gehirn von der anderen Seite des Raums anzapfen.«
Rachel wischte sich die Augen. Sie entschuldigte sich und ging ins Bad. Elizabeth flüsterte Ben schnell zu: »Ben, mach es gnädig …«
»Sie muß sich darüber klarwerden, wie wichtig das alles ist.«
»Sie tut ihr Bestes.«
»Sie hat nicht gesagt, daß Charlie nicht in die Sache verwickelt ist.«
»Ben, was willst du von ihr? Beruhige dich. Übrigens hat sie recht. Jemand hat sowohl in Saints Rest als auch auf Big Ram einen Mann ermordet. Zeitabstand: nur ein Tag. Und wieso hat LaSalle herausgefunden, daß du in Drews Landhaus warst?«
»Entweder ein Tip oder ein Schuß ins Blaue. Diesen Typen ist die Wahrheit doch nie heilig …«
»Wärst du nicht rausgefahren, wärst du in die Sache nicht verwickelt.«
»Hör zu. Ich habe getan, was ich für richtig gehalten habe. Und jetzt taucht urplötzlich dieser Geheimkanalscheiß auf …«
»Du mußt Charlie darüber informieren. Jemand muß es ihm so bald wie möglich sagen.«
»Und wenn Charlie mit drinsteckt? Was ist, wenn er selbst diesen Geheimkanal eingerichtet hat, um sich rauszuhalten und die Möglichkeit, alles zu dementieren, zu haben? Was ist dann?«
Rachel kam zurück, mit frisch gewaschenem Gesicht und klaren Augen.
Sofort wandte sich Ben wieder an sie. »Dieses Postfach in Georgetown … War auf dem Umschlag eine Adresse außer der Nummer?«
»Ja, üblicherweise benutzen sie eine Art Akronym. FKAT.«
Driskill blickte verwirrt Elizabeth an.
»FKAT. F-KAT?« sagte sie. »Fette Katze? Ben, was soll das heißen?«
Er seufzte und schüttelte den Kopf, als wollte er die Antwort verweigern. »Fischerkatze«, sagte er schließlich.
»Na und?« fragte Elizabeth. »Und was soll das bedeuten?«
»Es ist Charlies Code-Name …«
Rachel Patton schaute beide verwundert an. »Charlie …?«
»Der Präsident.«
»O nein, er kann damit nichts zu tun haben.«
»Rachel, wir wissen nicht, was es bedeutet, richtig? Es ist alles ein
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