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Benedict-Clan "Der Mitternachtsmann"

Benedict-Clan "Der Mitternachtsmann"

Titel: Benedict-Clan "Der Mitternachtsmann" Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Blake
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heißt noch lange nicht, dass ich damals halsbrecherisch gefahren wäre. Oder selbstmörderisch.“
    „Aber Mary Ellen?“
    Luke wusste nicht, ob April ihm auch nur ein einziges Wort von dem, was er ihr erzählte, abnahm, oder ob sie glaubte, dass er log. Es spielte keine Rolle. Nachdem er jetzt schon einmal so weit gekommen war, konnte er den Weg auch bis zum Ende gehen. „Man wird es nie genau wissen. Manchmal denke ich, sie war einfach nur verdreht und wild und verletzt und deshalb böse auf die ganze Welt, so dass es ihr wohl irgendwie egal war, was mit ihr passierte. Auf jeden Fall raste sie wie eine Irre und schnitt die unübersichtlichsten Kurven. Vielleicht wollte sie in ihrem Übermut auch nur ihr Schicksal herausfordern, aber vielleicht wurde sie auch von ihren inneren Dämonen getrieben.“
    „Dämonen“, wiederholte April und schaute in die Ferne.
    „Ja“, sagte er. „Wir haben sie alle. Wenn auch in unterschiedlichen Formen und Ausprägungen, aber sie sind da.“
    „Vermutlich. Und wie ging es weiter?“
    „Als sie um eine Kurve fuhr, kam uns ein Bus entgegen. Im ersten Moment dachte ich, sie rammt ihn, aber dann riss sie in letzter Sekunde das Steuer herum. Wir kamen von der Straße ab und überschlugen uns. Weil ich auf eine Gelegenheit wartete, das Steuer an mich zu reißen, war ich nicht angeschnallt und wurde deshalb aus dem Auto geschleudert. Mary Ellen saß noch drin, als es gegen einen Baum krachte, explodierte und in Flammen aufging. Ich rannte hin und bekam ihre Hand zu fassen, aber sie war mit den Beinen in dem Wrack eingeklemmt. Ich habe es nicht geschafft, sie rauszuziehen, aber ich habe es versucht. Gott, wie ich es versucht habe. Aber das Feuer war so heiß, und sie schrie ganz schrecklich. Manchmal höre ich immer noch wie …“
    „Hör auf!“ unterbrach April ihn scharf. „Tu das nicht. Versuch nicht mehr daran zu denken.“
    „Ja“, sagte er und unterdrückte ein Frösteln, während er langsam und tief ausatmete.
    April war einen Moment still, dann sagte sie heiser: „Ich bin die ganze Zeit über davon ausgegangen, dass du in jener Nacht gefahren bist. Du hast das nie richtig gestellt, zumindest nicht, soweit ich es weiß.“
    „Du warst an dem, was ich zu sagen hatte, nicht interessiert. Und wenn du schon das Schlimmste von mir annahmst, warum sollte ich mich dann darum scheren, was die anderen von mir dachten? Und warum sollten sie mir glauben, wenn du, die mich am besten kannte, sich so sicher war, dass ich Mary Ellen praktisch getötet hatte? Es gab keinen Weg, darüber zu reden, ohne Frank ins Spiel zu bringen und all die hässlichen Dinge anzusprechen, die ich vermutete. Ich war ein typischer sprachloser Jugendlicher, der kaum wusste, was Inzest war, geschweige denn, dass er diese Art Beziehung hätte beschreiben können.“
    „Und so hast du es also zugelassen, dass man dir die Schuld gab.“
    „Warum nicht? Ich bildete mir ein, dass ich sie hätte retten müssen. Dazu kam, dass ich das Gefühl hatte, schlecht über jemanden zu reden, der sich nicht mehr wehren konnte. Mary Ellen war schon genug angetan worden.“
    April schwieg lange, dann schüttelte sie den Kopf. „Das war sehr ehrenhaft von dir“, sagte sie leise. „Es tut mir Leid. Ich hätte das, was ich an jenem Abend in New Orleans gesagt habe, nie sagen dürfen.“
    Er zuckte mit gespieltem Gleichmut die Schultern, obwohl ihm war, als fiele ein dickes Seil von ihm ab, das ihm die Brust eingeschnürt hatte. „Mach dir keine Gedanken deswegen. Nichts, was ich seitdem getan habe, hat dazu beigetragen, mein Image aufzupolieren. Aber ich war nach dem Unfall einfach zu durcheinander, um klar denken zu können, und als ich begriff, was ich mir durch mein Schweigen selbst angetan hatte, war es zu spät für irgendwelche Richtigstellungen. Es hätte geklungen, als ob ich lüge. Deshalb habe ich … deshalb habe ich es einfach laufen lassen.“
    Ein nachdenkliches Schweigen senkte sich herab. Dann atmete April tief ein und wieder aus und fragte mit gepresster Stimme: „Dann glaubst du also wirklich, dass Mary Ellen wegen Frank gestorben ist?“
    „Sie hat, wie schon gesagt, nie viel darüber geredet. Kann sein, dass er nie etwas anderes war als ein übertrieben besorgter Bruder mit altmodischen Ideen, wie eine Frau zu sein hat. Aber irgendwas war da, irgendetwas, das sie trieb.“
    „Angenommen, Frank hat wirklich einen psychischen Knacks, dann könnte das diese verrückten Anrufe erklären“, sagte

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