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Benedict-Clan "Der Mitternachtsmann"

Benedict-Clan "Der Mitternachtsmann"

Titel: Benedict-Clan "Der Mitternachtsmann" Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Blake
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getäuscht hatte. Zu entscheiden, welche Richtung ihre Gedanken von dort aus einschlagen sollten, war nahezu unmöglich.
    Den Helikopter hörte sie etwa zehn Minuten später. Sie hob den Kopf, nachdem es ihr gelungen war, das dumpfe Brummen einzuordnen, das sich anhörte, als ob die Propeller die warme, feuchtigkeitsgeschwängerte Luft wie Sahne schlügen. Es klang fast, als ob der Hubschrauber weit unten, nur knapp über der Wasseroberfläche flöge. April kniete sich hin und versuchte durchs Fenster aufs Wasser zu schauen, aber das dichte Laub des Baumes versperrte ihr die Sicht. Midnight, der am Fußende lag, erhob sich, machte einen Buckel und sprang dann auf den Boden. Er tappte zur Dusche und verschwand darin.
    Der Hubschrauber war nah genug, um die Vögel in der Nähe aufzuscheuchen, aber nicht so nah, dass der Pilot das Boot in seinem Versteck erspähen konnte. Als der Lärm in der Ferne verklang, sprang April aus dem Bett und griff nach ihren Kleidern.
    Der Helikopter kehrte noch drei Mal zurück. Ein Mal war er so nah, dass die Baumkronen im Luftzug schwankten und sich die Wasseroberfläche kräuselte. Doch falls der Pilot irgendetwas sah, gab er es durch nichts zu erkennen. Kurz nach zwölf drehte er eine letzte Runde und kam nicht mehr zurück. Die nachfolgende Stille wirkte unnatürlich, fast unheimlich.
    Sie währte nicht allzu lang. Etwa zwei Stunden später, als Aprils Nervosität sich so weit gelegt hatte, dass sie daran denken konnte zu arbeiten, hörte sie ein Motorboot. Es schoss in einiger Entfernung draußen auf dem See vorbei, und aus dem Motorengeräusch konnte sie schließen, dass es sich um einen kleinen Flitzer handelte. Ein paar Minuten später kehrte es aus der anderen Richtung zurück. Wie ein lästiger Moskito drehte es unermüdlich seine Runden auf dem See und näherte sich dabei immer weiter dem schmalen Wasserarm, auf dem das Pontonboot in seinem Versteck lag.
    Der Lärm ging April auf die Nerven. Und er ärgerte Midnight, der mit aufgeplustertem Schwanz, dessen Spitze so regelmäßig wie ein Metronom zuckte, auf dem Vorderdeck kauerte.
    April versuchte sich einzureden, dass es ein Angler war oder irgendein Kerl, der sich ein neues Spielzeug gekauft hatte und es jetzt ausprobierte. Sie versicherte sich immer wieder, dass er nur rein zufällig kurz nach dem Hubschrauber aufgetaucht wäre und dass außerdem das Pontonboot so gut versteckt war, dass es niemand entdecken konnte. Und während sie das alles dachte, fragte sie sich immer wieder, wann Luke wohl zurückkehren und was passieren mochte, wenn ihn der Verrückte, der da draußen auf dem See seine Runden drehte, entdecken und vielleicht sogar erkennen würde.
    War es möglich, dass er versuchte, Luke abzufangen? Bei dem Gedanken wurde ihr ganz flau im Magen. Sie wünschte sich, ihn irgendwie warnen zu können … oder ganz davon abhalten zurückzukommen.
    Oh, aber in so eine primitive Falle würde Luke ganz gewiss nicht tappen. Nach ihrem Erlebnis mit der Cessna würde er bestimmt nicht direkt zum Boot kommen, sondern sich vorher davon überzeugen, dass die Luft rein war. Und wenn er irgendetwas Verdächtiges auf dem See sah, würde er wegbleiben.
    Das aber natürlich auch nur, falls er überhaupt zurückkam. Was war, wenn er gar nicht die Absicht hatte zurückzukommen? Nein, so etwas wollte sie nicht denken. Außerdem war es Unsinn, es gab keinen Grund dafür, so etwas zu denken, nicht den geringsten.
    Und doch hatte sie so wenig Ahnung von dem, was er für sie fühlte oder was er von ihr wollte. Sie hatte nur sein Wort für seine Beweggründe, sie auf dem Boot festzuhalten, oder für das, was vor Jahren passiert war. Es war kaum vorstellbar, dass man auf so dürftigen Anfängen eine Zukunft aufbauen konnte.
    Und doch wollte sie es; sie wollte es viel zu sehr. Tatsächlich war sie so besessen von dem Gedanken, dass sie sich auf nichts anderes konzentrieren konnte. Sie konnte nicht arbeiten und auch nicht lesen, sie konnte nicht einmal still sitzen. Stattdessen lief sie ruhelos auf dem Boot hin und her, wobei sie über den Unterschied zwischen den Worten Hoffnung, Glaube und Vertrauen nachgrübelte … und lauschte, andauernd angestrengt lauschte.
    Als die Sonne am Horizont versank und das sommerliche Zwielicht über dem Wasser lavendelfarbene Schleier ausbreitete, wurde ihre Wache belohnt. Die Schatten waren länger und dichter geworden, und das schwindende Licht ließ die Umrisse verschwimmen. Auf dem sich dahinschlängelnden

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