Benedict-Clan "Der Mitternachtsmann"
jemand antun wollen?“
„Woher soll ich das wissen? Aus demselben Grund, aus dem man mich zu Hause mit diesen Anrufen belästigt, nehme ich an.“
„Bei dem Telefoninterview, meinst du?“ Er wandte leicht den Kopf, als versuche er, ganz genau hinzuhören.
„Was?“
„Du hast gesagt, dass man bei dir zu Hause anruft, aber du hast doch sicher den Anruf bei dieser Sendung gemeint, oder?“
„Ja … ja, sicher“, antwortete sie eilig mit einem schnellen Blick auf den Teil seines Gesichts, den sie sehen konnte. Er gab keinen Aufschluss darüber, ob er ihren Versprecher bemerkt hatte. Nachdem sie die schlimmste Stelle eingecremt hatte, wandte sie ihre Aufmerksamkeit den Rändern und den einzeln verstreuten kleineren Verätzungen zu.
Luke ließ ihre Behandlung eine ganze Weile schweigend über sich ergehen. Schließlich sagte er: „Glaubst du, diese Sache mit dem Anrufer könnte etwas mit deinen Büchern zu tun haben?“
„Ich sitze zur Zeit an einem historischen Roman“, protestierte sie. „Was für eine Verbindung sollte da wohl bestehen?“
„Den Benedict-Clan gibt es aber bis heute.“
„Na und?“ Sie hatte sich früher am Abend, als Julianne ihren Roman erwähnt hatte, gewundert, dass Luke gar nicht neugierig gewesen war. Aber sie hätte sich gleich denken können, dass er bereits davon wusste.
„Es gibt Leute, denen dieser Gedanke nicht gefallen könnte.“
Der schroffe Unterton ließ sich nicht überhören, zum Teil, weil sie darauf trainiert war, solche unterschwelligen Dinge wahrzunehmen, aber auch, weil sie halb damit gerechnet hatte. „Zum Beispiel dir?“
„Könnte man so sagen. Obwohl ich nicht der Einzige bin.“
Jetzt kam April zum ersten Mal der Gedanke, ob womöglich Luke etwas mit den Drohungen zu tun haben könnte. Immerhin war er in dem Augenblick, in dem sie eskaliert waren, völlig überraschend bei ihr aufgetaucht, oder? Und jetzt war er zum selben Zeitpunkt wie sie hier in New Orleans. Was war, wenn das alles nur inszeniert worden war, um sie vom Schreiben dieses Buches abzuhalten? Was, wenn er plante, sie wieder in eine Beziehung zu verwickeln, um sie anschließend zu überreden, das Buch nicht zu schreiben?
Nein, das war unmöglich. Immerhin hatte er sie vor dem Säureanschlag beschützt. Das bewies doch ganz klar, dass er mit dieser Sache nichts zu tun hatte. Oder etwa doch nicht? Vielleicht versuchte er sich ja auch dadurch, dass er den Helden spielte und sich für sie aufopferte, von jedem Verdacht reinzuwaschen. Aber aus was für einem Grund könnte es sich lohnen, solche Schmerzen auf sich zu nehmen?
„Du hast andere erwähnt. Wer noch?“ fragte sie mit gepresster Stimme.
„Meine Großmutter hauptsächlich. Aber es gibt noch einen ganzen Haufen hinterwäldlerischer Benedicts, die den Aufstand proben könnten, wenn du sie in einem schlechten Licht zeigst. Oder wenn sie sich nur einbilden, du hättest es vor.“
„Das ist lächerlich.“
„Für Roan nicht. Es ist seine Theorie.“
Das warf ein ganz neues Licht auf die Sache. Sie erinnerte sich an diesen Familienzweig, von dem er gesprochen hatte. Das war auf der High School ein wilder Haufen gewesen, der fest zusammenhielt und draußen in den Sümpfen am Horseshoe Lake lebte. Sie hatten immer gegenseitig auf sich aufgepasst. Wenn einer von ihnen in Probleme verwickelt gewesen war, hatte ein schriller Pfiff genügt, und schon waren weitere Benedicts mit kampfbereit geballten Händen und Funken sprühenden Augen zur Stelle gewesen. Sie waren ungeheuer sportlich, aber sie hatten auch eine künstlerische Ader. Die meisten von ihnen konnten jedes Musikinstrument spielen, das sie in die Hand nahmen, und alles malen, was sie sahen. Einer der ruhigeren Jungen war Fotograf geworden und mittlerweile im ganzen Land für seine Landschaftsaufnahmen aus den Sümpfen bekannt. Ein anderer sang heute wunderschöne Balladen und hatte eine riesige Fangemeinde. Ein Mädchen, das in Aprils Klasse gewesen war, war eine Quiltdesignerin mit ihrer eigenen Linie handgefärbter Stoffe und einer ganzen Reihe von Büchern, die ihre fantasievollen Stoffmuster zum Gegenstand hatten.
Es gab jedoch auch noch andere Verwandte, die sich mit ihrer hinterwäldlerischen Ignoranz gepanzert hatten und darauf auch noch stolz waren. Sie spuckten ihren Kautabak auf die Gehsteige der Stadt, fuhren in ihren Trucks Jagdflinten, Nerz-, Waschbären- und Nutriafelle spazieren und legten sich nur aus Jux und Tollerei mit Alligatoren an.
„Ich nenne
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