Benedict-Clan "Der Mitternachtsmann"
Absicht hätte, es zu tun. Auch wenn er vielleicht einen etwas gefestigteren Charakter hatte als Martin, war er doch auch nur ein Mann, der besser aussah, als gut für ihn war.
Die Kraft und Hitze, die Lukes Körper ausstrahlte, ganz zu schweigen von seinem Lächeln, hatten sie nicht kalt gelassen. Er erregte sie; so einfach war das. Sie hatte geglaubt, gegen diese Art von Begierde immun zu sein. Dass sie es nicht war, bedauerte sie nicht, auch wenn sie fest vorhatte, dem Mann, der dieses Gefühl in ihr weckte, um jeden Preis aus dem Weg zu gehen.
Daran zu denken war vielleicht etwas völlig anderes.
April war froh, dass sie wegen der Generalprobe von Kanes und Reginas Hochzeit das Haus verlassen musste. Die Sache ging glatt über die Bühne, vielleicht weil Luke nicht da war. Luke, ein erfahrener Pilot, hatte eine Freundin seiner Großmutter zu einem Herzspezialisten nach Houston fliegen müssen. Aber er hatte versprochen, rechtzeitig zur Trauung zurück zu sein, und schließlich war er schon so oft Trauzeuge gewesen, dass er seine Rolle mit Sicherheit in- und auswendig konnte. Reginas kleiner Sohn Stephen war auserwählt, die Ringe zu tragen, und die Generalprobe mit anschließendem Abendessen fand ohne Luke statt.
Der Hochzeitsnachmittag selbst war heiß und sonnig. Der Parkplatz vor der kleinen viktorianischen Kirche war ebenso mit Fahrzeugen überfüllt wie die umliegenden Seitenstraßen. Regina sah wunderschön aus in ihrem champagnerfarbenen, mit Staubperlen bestickten Seidenkleid und der kleinen Spitzenhaube auf dem ihr über die Schultern fließenden kastanienbraunen Haar. Kane machte in seinem schwarzen Smoking ebenfalls eine blendende Figur. Die beiden strahlten vor Glück.
Es war ergreifend zu sehen, wie sie sich während der Zeremonie aufeinander konzentrierten, als ob um sie herum nichts außer ihnen existierte. Ihr Lächeln war strahlend, in ihren glänzenden Augen lag ein Versprechen. Während April das glückliche Paar beobachtete, juckte es sie in den Fingerspitzen, sich ein paar Eindrücke zu notieren.
Als es Zeit wurde, die Ringe zu tauschen, schaute sie auf Luke. Er konzentrierte sich zwar auf seine Aufgabe, aber dann spannte er Kane auf die Folter, indem er so tat, als hätte er Schwierigkeiten, den Ring der Braut aus der Schatulle zu nehmen. Der Blick, den Kane ihm zuwarf, enthielt eine freundschaftliche Drohung, die Luke jedoch mit einem ungerührten Grinsen quittierte.
Nichts an Luke ist ernst, dachte April und zog die Augenbrauen zusammen. Für ihn war das Leben nur ein Spaß, eine ununterbrochene Abfolge guter Augenblicke. Er arbeitete viel, das stimmte, aber noch mehr spielte er. Er hatte keinen anderen Ehrgeiz, keine anderen Ziele im Leben, als das Land von Chemin-a-Haut zu bewirtschaften und sich um seine Großmutter zu kümmern. Er war ein Relikt aus früheren Zeiten. Und das war ein Jammer, weil ihm alle Türen offen gestanden hatten. Sie fragte sich, warum er nicht Anwalt geworden war wie Kane oder Polizist wie Roan. Oder Politiker, Arzt, Geschäftsmann oder Finanzexperte – alles wäre denkbar gewesen. Warum war er ausgerechnet Farmer geworden? War es möglich, dass ihm die Geschehnisse in jener Nacht vor dreizehn Jahren doch mehr zu zugesetzt hatten, als es schien?
April war so tief in Gedanken versunken, dass sie zusammenfuhr, als die ersten Takte des Schlusschorals einsetzten. Während Braut und Bräutigam sich zu den Hochzeitsgästen umdrehten, stand sie eilig auf, um sich in den Zug einzureihen. Dann nahm sie den Arm, den Luke ihr anbot, und folgte dem Brautpaar den Gang hinunter.
„Du siehst wunderschön aus wie immer“, bemerkte er mit einem kurzen Blick auf ihr Cocktailkleid aus pfirsichfarbener Seide.
„Du auch“, gab sie mit leisem Spott zurück. Smokings schienen extra dafür gemacht worden zu sein, um die dunkle Anziehungskraft, die das Markenzeichen der Benedicts war, noch zu unterstreichen. Sie konnte den dezenten Sandelholzduft seines Rasierwassers riechen. Der feine Duft schien Frauen eher anzulocken als die herberen Duftnoten, die die meisten anderen Männer bevorzugten.
„Du weißt, dass vorgesehen ist, dass wir zusammen zum Empfang fahren?“ fügte er hinzu. „Scheint so, als stände für uns ebenso wie für Kane und seine Lady eine Limousine bereit, weil wir außer Stephan das einzige Gefolge sind.“
„Ich weiß.“ April hatte diverse Befürchtungen, aber sie sah keinen Ausweg, ohne ausgesprochen unhöflich zu sein.
„Du brauchst deswegen
Weitere Kostenlose Bücher