Benedict-Clan "Der Mitternachtsmann"
nicht gleich in Depressionen zu verfallen.“ Luke verzog spöttisch die Mundwinkel. „Bis zum The Haven sind es nur zehn Minuten Fahrt.“
Sie warf ihm einen gereizten Blick zu. „Auch das weiß ich.“
„Gut. Um eine Frau zu verführen braucht man länger. Sogar ich.“
Es blieb keine Zeit für die scharfe Erwiderung, die ihr auf der Zunge lag. Sie waren auf den Vorplatz getreten, wo bereits die Fotografen warteten. Während Kane und Regina für die Ewigkeit festgehalten wurden, hielten sich April und Luke im Hintergrund, dann traten sie nach vorn, um sich in ihren Teil der Tortur zu fügen. Als endlich alle Fotos gemacht waren, hatten sich der Kirchhof und der Parkplatz bereits geleert und nur die beiden weißen Limousinen waren noch da.
Der Chauffeur des zweiten Wagens hielt April die Tür auf. Luke wartete, bis sie sich auf den Rücksitz gesetzt hatte, dann schob er mit einer lässigen Bewegung ihren Seidenrock beiseite, bevor er sich neben sie setzte. Sie rutschte so weit wie möglich von ihm weg. Der Blick, den er ihr unter halb gesenkten Lidern zuwarf, war halb verärgert, halb resigniert.
„Ich beiße nicht, das kann ich dir garantieren. Es sei denn, eine Lady bittet um den einen oder anderen Liebesbiss.“
„Da ich dich um überhaupt nichts bitte, dürften wir beide eigentlich kein Problem haben“, gab sie kühl zurück.
„Das ist eine Erleichterung. Fordernde Frauen können wirklich schrecklich ermüdend sein.“ Während das schwere Fahrzeug losfuhr und hinter der ersten Limousine, in der Braut und Bräutigam saßen, herglitt, machte Luke es sich in seinem Sitz bequem und streckte seine langen Beine aus. Er faltete die Hände über der Brust und schloss tief aufseufzend die Augen.
Sie hätte fast glauben können, dass er von Kanes wilder Party, mit der dieser seinen Abschied vom Junggesellendasein gefeiert hatte, erschöpft wäre, aber sie wusste von Regina, dass er erst in den frühen Morgenstunden aus Houston zurückgekehrt war. Ihre Stimme klang ein wenig schroff, als sie fragte: „Wie geht es der Freundin deiner Großmutter?“
Er öffnete die Augen. „Ganz gut … für ein aufmüpfiges altes Weib mit mehr Energie als Kraft, das sich einbildet, dass die Ärzte keine Ahnung haben.“
„Soweit ich gehört habe, war sie beim Flug für dich ein größeres Problem als die Frauen, die du normalerweise mitnimmst?“ Aprils Stimme war ein bisschen wärmer geworden, nachdem sie in seinem Ton ebenso viel Zuneigung wie Verzweiflung mitschwingen gehört hatte.
„Da hast du ganz richtig gehört. Obwohl mich schon mal interessieren würde, was du über meine Fluggewohnheiten so alles w…“
„Nichts bis auf das Wenige, was Regina oder Kane von Zeit zu Zeit nebenbei erwähnen“, unterbrach sie ihn eilig. „Wahrscheinlich hast du ja Schwierigkeiten, mir das zu glauben, aber ich habe tatsächlich andere Interessen.“
„Leider keine amourösen. Was für eine Verschwendung.“ Er schloss wieder die Augen.
„Was das für Interessen sind, kannst du überhaupt nicht beurteilen“, beschied sie ihn, wobei sie verärgert ihre schön geschwungenen Lippen verzog.
„Willst du damit behaupten, dass du jetzt ab und zu ausgehst? Oder handelt es sich nur um erotische Hirngespinste?“
„Das geht dich nichts an“, brauste sie wenig geistreich auf.
„Ich könnte aber machen, dass es mich was angeht. Ich möchte nämlich nicht, dass du allzu sehr benachteiligt wirst.“ Sie warf ihm einen forschenden Blick zu. Seine Augen waren geschlossen, und er klang fast schläfrig, so als ob ihn die Unterhaltung tödlich langweile und er seinen eigenen Erwiderungen kaum Aufmerksamkeit schenke. Sie fragte sich, ob das, was er eben gesagt hatte, persönlich gemeint gewesen war, oder ob er es zu jeder Frau sagte, der es vermeintlich an männlicher Zuwendung mangelte. Der Drang, ihn auf die Probe zu stellen, lauerte eine volle Sekunde in ihrem Hinterkopf, bevor sie ihn energisch wegschob. „Nein, vielen Dank.“
„Nicht interessiert, hm? Oder ist es nur, weil du einen Mann nicht mit anderen Frauen teilen willst?“
„Mich interessiert nur, was echt und aufrichtig ist“, gab sie unbeirrt zurück.
„Wahre Liebe, bis dass der Tod uns scheidet, Amen?“
„So ungefähr.“ Sie wandte den Kopf und schaute aus dem Fenster auf das grüne Waldland, das an ihnen vorbeiflog, wo unter den tief hängenden Zweigen der Bäume, zwischen denen sich wilder Wein wie dicke Taue rankte, hohe Farne wucherten.
„Bist du
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