Benedikt XVI
ersten Mal legt damit
ein amtierender Papst eine dezidierte theologische Studie über Jesus Christus
vor. Auf dem Umschlag allerdings steht als Autorenname Joseph Ratzinger.
Es ist eben kein Buch des
Lehramts, kein Buch, das ich in meiner päpstlichen Vollmacht geschrieben habe,
sondern ein Buch, das ich mir als letztes großes Opus lange vorgenommen und
mit dem ich bereits vor meiner Wahl zum Papst begonnen hatte. Ich wollte damit
ganz bewusst nicht einen lehramtlichen Akt setzen, sondern in die
theologischen Auseinandersetzungen mit eintreten und versuchen, eine Exegese
vorzulegen, eine Auslegung der Schrift, die nicht einem positivistischen Historismus
folgt, sondern den Glauben als Element der Auslegung mit einbezieht. Das ist
natürlich in der gegenwärtigen exegetischen Landschaft ein ungeheures Risiko.
Aber wenn Schriftauslegung wirklich Theologie sein will, dann muss es das
geben. Und wenn der Glaube uns helfen soll, zu verstehen, dann darf er nicht
als Hindernis verstanden werden, sondern als Hilfe, damit wir den Texten, die
aus dem Glauben kommen und zu ihm führen wollen, auch näherkommen .
Ein Papst wird nicht gewählt, um
Bestsellerautor zu werden. Aber muss es Ihnen nicht nachgerade als Fügung
erscheinen, dass Sie dieses Buch nun ausgerechnet da vorlegen können, wo Ihnen
nach dem kleinen Katheder der Universität die Kathedra Petri als die größte Bühne der "Welt zur Verfügung steht?
Das überlasse ich dem Lieben Gott.
Ich wollte das Buch geben, um Menschen zu helfen. Wenn es aufgrund der Wahl zum
Papst noch mehr Menschen helfen kann, freue ich mich natürlich.
"Jesus von Nazareth" ist
die Quintessenz eines Mannes, der sich als Priester, Theologe, Bischof,
Kardinal und nun als Papst sein ganzes Leben mit der Gestalt Jesu beschäftigt
hat. Was war Ihnen besonders wichtig?
Eben dass in diesem Menschen Jesus
- er ist ja ein wirklicher Mensch - mehr als ein Mensch da ist. Und dass nicht
erst im Laufe von weitergehenden Mythisierungen sozusagen das Gottheitliche hinzugefügt worden ist. Nein, schon am
Ursprung der Gestalt, in der ersten Überlieferung und Begegnung, erscheint
etwas, was alle Erwartungen durchbricht.
Ich habe gelegentlich
gesagt, am Anfang steht das Besondere; die Jünger
müssen es erst langsam rezipieren . Am Anfang steht
auch das Kreuz. Die Jünger versuchen zunächst noch, das Ereignis im Kontext des
allgemein Zugänglichen zu verstehen. Erst allmählich öffnet sich die ganze
Größe Jesu, und sie sehen immer deutlicher, was am Ursprung stand; sehen also
die Ursprünglichkeit der Jesusgestalt, von der wir im Credo sprechen:
Jesus Christus, den eingeborenen Sohn Gottes, empfangen durch den Heiligen
Geist.
Was will Jesus von uns?
Er will von uns, dass wir Ihm
glauben. Dass wir uns von Ihm führen lassen. Dass wir mit Ihm leben. Und so immer
mehr Ihm ähnlich und damit richtig werden.
Das Ereignis Ihres Werkes ist, dass
es einen Paradigmenwechsel markiert, eine Wende in der Betrachtung und im
Umgang mit den Evangelien. Die historisch-kritische Methode hatte ihre
Verdienste, aber sie hat auch eine verhängnisvolle Fehlentwicklung eingeleitet.
Sie hat mit ihrer "Entmythologisierung" nicht nur zu einer ungeheuren
Verflachung und Blindheit gegenüber den Tiefenschichten und den untergründigen
Botschaften der Bibel geführt. Heute müssen wir feststellen, dass die
vermeintlichen Fakten der Skeptiker, die seit 200 Jahren so gut wie alle
Angaben der Bibel relativierten, vielfach nur blanke Hypothesen waren.
Müsste man
nicht noch deutlicher sagen als bisher, dass hier zum Teil eine
Pseudowissenschaft betrieben wurde, die nicht christlich, sondern
antichristlich operierte und Millionen von Menschen in die Irre geführt hat?
Ich würde nicht ganz so hart
urteilen. Die Anwendung der historischen Methode auf die Bibel als einen
historischen Text war ein Weg, der gegangen werden musste. Wenn wir glauben,
dass Christus wirkliche Geschichte und nicht Mythos ist, muss das Zeugnis von
Ihm auch geschichtlich zugänglich sein. Insofern hat die historische Methode
uns auch vieles geschenkt. Wir sind wieder näher am Text und seiner
Ursprünglichkeit, sehen genauer, wie er gewachsen ist und vieles mehr.
Die
historisch-kritische Methode wird immer eine Dimension der Auslegung bleiben.
Das Vatikanum II hat dies deutlich gemacht, indem es einerseits die wesentlichen
Elemente der historischen Methode als notwendigen Teil des Zugangs zur Bibel darstellt,
aber
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