Benkau Jennifer
schieben einen Film rein und probieren aus, ob sich ein Pizzaservice in die Wildnis rauswagt.“
„Das klingt gut.“
„Prima.“ Sie hüpfte von der Arbeitsplatte und landete auf den knarrenden Holzdielen. „Dann sei so lieb und such eine DVD aus.“ Sie wies in den Wohnbereich unter die Decke. „Ich komm so schlecht dran. Nimm einfach irgendeine.“
Samuel trat an ihre Sammlung heran, sah sie durch und griff in einem Anfall morbiden Humors nach Highlander mit Christopher Lambert. Er legte die DVD ein, während Helena die Teetassen auf dem Couchtisch abstellte und sich aufs Sofa fallen ließ. Dass es sich dabei um einen Zweisitzer handelte, und es von der Schaukel abgesehen keine weiteren Sitzgelegenheiten gab, kam ihm nicht ungelegen. Sein Gewicht drückte das Polster ein und sie rutschte von allein ein wenig näher.
Das Gebräu, das sie als Tee bezeichnete, war nichts anderes als heißes Wasser mit Minzeblättern. Er nippte während der ersten Viertelstunde des Filmes daran und ließ nach und nach einen Kandiswürfel nach dem anderen hineinfallen. Besser wurde es dadurch nicht. Irgendwann lehnte Helena sich zu ihm rüber. Ihre Augen waren auf den Fernseher gerichtet, ihre Lippen aber berührten fast sein Ohr. Sie flüsterte.
„Im Schrank über der Spüle steht das Kaffeepulver. Das Wasser müsste noch heiß sein. Im Kühlschrank ist auch noch Orangensaft.“
Ihr Atem streichelte über seine Haut. Wäre seine Beherrschung nicht in vielen Jahrzehnten gewachsen, hätte er sie hier und jetzt an sich gezogen und geküsst, wie jeder normale Mann es getan hätte. Er verfluchte diese Jahrzehnte. Sie fühlten sich an wie Fesseln auf seiner Seele und hinderten ihn daran, der Mann zu sein, den Helena wollte. Der er selbst sein wollte.
„Ich mag den Tee“, log er leise.
Sie zog sich ein Stück zurück und ihr Blick bekam etwas Schelmisches. „Ich auch. Ich hab die Hoffnung, deinen auch noch trinken zu dürfen, ehe du ihn mit dem ganzen Zucker zu einer Gesundheitsgefährdung machst. Bringst du die Schokolade mit, die neben dem Kaffeepulver liegt?“
Sollte das ein Spielchen werden? „Doch keine Pizza?“
Sie rieb sinnierend die Lippen aneinander. „Nö.“
„Okay.“ Ein wenig schwerfällig kam er auf die Füße und flüchtete zum Kaffeekochen. Er spürte ihre Blicke im Rücken. Sie fühlten sich gut an.
Samuel zuzusehen, wie er sich völlig selbstverständlich in ihrer Küche bewegte, besaß einen ganz eigenen Reiz. Je länger Helena ihn beobachtete, desto sicherer wurde sie, dass er bei Weitem nicht so schüchtern war, wie er sich gab. Was immer sein Problem war, eswaren keinesfalls die psychischen Störungen, die sie zunächst an ihm vermutet hatte. Davon war sie inzwischen fest überzeugt. Noch weniger allerdings war er arrogant, wie Steffi behauptete. Dafür war er schlicht und ergreifend zu charmant, selbst wenn er schwieg. Wenn er sie auf diese nachdenkliche Weise ansah, schlug ihr Herz schneller.
Sie erwischte sich verärgert beim Nägelkauen, beschloss, dass zwei Minuten aus der Ferne anschmachten genug waren, und folgte ihm in die Küchenecke, wo sie sich daran machte, Obst aufzuschneiden. Auf Pizza war ihr die Lust vergangen, aber sie konnte ihn ja schlecht hungern lassen, schließlich sollte er noch eine Weile bleiben. Ihr eigener Magen war bereits wegen Überfüllung geschlossen, diverser Schmetterlinge wegen.
„Was zum Teufel ist das denn?“, fragte er und beäugte mit misstrauisch hochgezogener Braue eine Pitahaya in grellem Pink. „Schlüpft daraus ein Drache?“
Sie musste lachen. „Sag nicht, so was kennst du nicht. Banause.“ Sie schnitt die Frucht in der Mitte durch, löffelte ein wenig Fruchtfleisch heraus und hielt ihm den Löffel hin. „Probier mal. Keine Angst, es spuckt kein Feuer.“
„Die Frage ist, ob ich davon Feuer spucke.“ Samuel schaute mehr als skeptisch. „Sicher, dass man das essen kann? Ich befürchte, ich bin ein bisschen zu konservativ für rosa geschupptes Obst.“
„Stell dich nicht so an, du wirst nicht schwul, nur weil die Schale pink ist. Es schmeckt wirklich nicht schlecht. Eigentlich nur nach Wasser.“
„Warum isst du es, wenn es nach nichts schmeckt?“
So leicht war er offenbar nicht zu überzeugen. „Sie wecken Südsee-Feeling, sind gesund und sehen hübsch aus. Die Schale erinnert mich außerdem immer an diesen kleinen rosa Drachen aus der Serie, die in den frühen Neunzigern im Ferienprogramm lief. Sag schon, wie hieß der doch
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