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Benkau Jennifer

Benkau Jennifer

Titel: Benkau Jennifer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phoenixfluch
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sehen.“
    Helena nickte. Demnach zeigten sie sich ihr also wieder. Die Geister.
    „Dann sehen sie aus wie normale Menschen?“, fragte Samuel. „Kann man auch durch sie hindurchgehen?“
    „Natürlich. Gilt aber in diesen Kreisen als enorm unhöflich. Sie zu berühren ist für Sehende ein echter Fauxpas, denn es kränkt sie, wenn man ihnen zeigt, dass sie nicht mehr aus Fleisch und Blut sind.“ Sie behielt das Mädchen im Blick, wie es nachdenklich den Seifenblasen beim Zerplatzen zusah. „Es sind normale Menschen, mit dem Unterschied, dass ihre Körper gestorben sind, sie aber noch nicht weitergehen wollen. Kennst du nicht das Gefühl, dass eine Präsenz dich tröstlich berührt, wenn du traurig bist? Als streife dich der Wind, aber es ist windstill?“
    Er lächelte, aber es erreichte seine Augen nicht. „Falls ich das kannte, dann habe ich es vergessen. Hast du je einen Geist in meiner Nähe gesehen?“
    „Nein“, sagte sie und sah ihn schlucken. „Aber das ist kein Grund traurig zu sein. Keine Geister um sich zu haben bedeutet, dass alle Menschen, die dir nahestanden, ihren Frieden gefunden haben.“
    Samuel betrachtete die Mutter mit ihrem kleinen Jungen. „Das klingt schön.“

    „War es eigentlich sehr teuer?“ Das schlechte Gewissen tönte in Helenas Stimme.
    Samuel parkte den Wagen vor Lady Claires Anwesen und nahm Helenas Hand in seine. „Wenn es uns bei unserem Vorhaben weiterhilft, war es ein Schnäppchen.“ Und wenn nicht, dann war es ohnehin egal. Doch das auszusprechen, verkniff er sich. „Ich schlage vor, dass du im Wagen bleibst.“
    „Nein.“
    Ein kleines Wort, das seine Nerven aufrieb und Strom in seinem Kopf surren ließ. Er wollte nicht, dass die alte Frau Helena verriet, wer oder was dieser Dämon wirklich war und wie dieser Kampf enden würde, doch noch weniger wollte er es ihr hier, zwischen Tür und Angel, sagen. Die Worte kamen ihm nicht über die Lippen. Ihr Atemhauch würde die Flamme aus Hoffnung auslöschen, die schwach in ihm flackerte. Wenn Helena erfuhr, dass er selbst es war, der gegen sie kämpfte, würde sie ihn sofort verlassen.
    Er konnte es ihr nicht sagen. Alles, aber das nicht. Und so tat sich hier vielleicht die einzige Chance auf, durch die sie es erfahren könnte. Bei Gott, sie musste es doch erfahren.
    Gemeinsam stiegen sie aus dem Wagen und Samuel hob den Koffer mit dem Horn aus dem Laderaum, in den dieser gerade ebenhineingepasst hatte. Er war nicht sicher, ob er überhaupt weitere Informationen der alten Wiedergängerin wollte. Tief atmete er ein, doch der Sauerstoff klärte seinen Kopf nicht. Die Luft war zu warm für die Jahreszeit. Böiger Föhnwind wallte schwer die Straßen entlang und schien die Gedanken zu verlangsamen.
    Helena sah nach der grauenvollen Nacht vollkommen erschöpft aus und rieb sich wiederholt die Stirn.
    „Kopfschmerzen?“
    Sie gab ein Geräusch von sich, das vermutlich zugleich „Ja“, wie auch „Ist nicht wichtig“ aussagen sollte, und er massierte sanft die zarte Haut ihrer Schläfen.
    „Warum hast du ihm Geld geboten?“, fragte sie dann unvermittelt. „Er stand doch kurz davor, nachzugeben.“
    „Ich hab die Nerven verloren“, gestand er. „Das Gespräch dauerte zu lange, meine Geduld war am Ende.“
    Der Rest seiner Geduld verkochte in Lady Claires Wohnzimmer zu einem stickigen Dampf, der ihm vollends den Verstand umnebelte.
    Helena hielt sich tapfer, auch wenn es ihr immer nur für kurze Augenblicke gelang, die Lady anzusehen. Diese half ihnen keinen Zentimeter weiter. Stattdessen verlor sie sich in Erzählungen aus ihrer Vergangenheit, berichtete von schönen Kleidern, Fuchsjagden sowie Tanzfesten, und nötigte Helena Orangenkekse und eine Tasse Schwarztee mit Milch nach der anderen auf. Offenbar hatte Lady Claire Helena die Neugierde verziehen, nachdem diese ihr das Horn überreichte, doch auf alle entscheidenden Fragen antwortete die alte Frau im besten Fall ohne jeden Zusammenhang und zumeist überhaupt nicht. Immer mehr Sätze blieben unvollendet, immer wirrer wurde das Gerede, bis Samuel schließlich zum Aufbruch bat. Zu viel Zeit war verschwendet worden und Helena wurde im Angesicht der Wiedergängerin immer bleicher und stiller.
    Samuel war bereits im Foyer, als Lady Claire doch noch einmal das Wort ergriff.
    „Es ist ein Jammer, Helena.“ Die alte Frau seufzte schwer. „So ein Jammer.“
    Alles in ihm wollte Helena greifen und sie hinausschleifen, doch er blieb still stehen und wandte sich nicht

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