Benny und Omar
Minuten. Dann stieg er aus dem Fenster.
Das Dorf war gut beleuchtet. Große fluoreszierende Kugeln schwebten auf dünnen Aluminiumstielen. Sein Partner wartete hinter den Fässern.
»Willkommen zu Teil zwei«, flüsterte Omar. Benny sah nur Augen und Zähne, denn Omar hatte sein Gesicht mit irgendeiner schwarzen Schmiere eingerieben.
Der kleine Tunesier war beladen wie ein Kampfschwimmer von den Navy Seals. Mehrere lange Stücke Koaxialkabel wanden sich um seinen Körper. Benny fragte lieber nicht, woher er das hatte. Auf dem Kopf trug er eine Baseballkappe. Schwarz natürlich. Um seine Taille hing ein selbst gemachter Batman-Gürtel, in dem verschiedene Werkzeuge steckten, und dann hatte er noch ein orangefarbenes Stanley-Messer, das er sich mit einem Stück Schnur um den Hals gebunden hatte.
»Meine Güte, Omar. Wir sind nicht in Mission Impossible. «
Omar pfiff fröhlich die Titelmelodie und begann Bennys Gesicht mit einem schmierigen Zeug einzureiben. Benny, der im Laufe seines Lebens genügend Sportstiefel ins Gesicht bekommen hatte, wusste sofort, was es war.
»Schuhwichse!«, spuckte er. »Bleib bloß weg von mir!«
»Binny, Idiot.«
»Von wegen Idiot«, sagte Benny und versuchte, seine Zunge an seinen Zähnen abzukratzen.
Omar zeigte auf Bennys Gesicht: »Omar, Binny … Bee Gees.«
»Was?«
»Bee Gees. Omar, Binny, Bee Gees.«
»Du meinst, wir sehen aus wie Brüder, wenn wir dieses klebrige Zeug an uns haben?«
»Brüder, Binny?«
»Ja … Nam. Bee Gees. Brüder.«
Als das klar war, kam Omar zur Sache. Er zog die Lippen über die verräterisch weißen Zähne und verengte die Augen zu Schlitzen. Solchermaßen getarnt huschte er davon in Richtung Dorf. Benny trödelte hinterher. Im Schatten der Olivenbäume steuerten sie auf die Funkstation zu. Ungefähr acht Wachleute hatten Dienst, aber niemand erwartete irgendwelche Zwischenfälle. Und wenn – die Chance, dass ein paar Erwachsene zwei Jungen erspähten, die sich so vorsichtig bewegten wie Omar und Benny, war praktisch gleich null.
Nur für Mohamed Gama galt das vielleicht nicht. Wo der wohl war? Er hatte sich direkt vor der Funkstation aufgepflanzt. Direkt unter den Satellitenschüsseln. Er blickte äußerst wachsam. Wenn eine Horde von Fundamentalisten über diese Mauer käme, würde Benny seine paar Kröten auf Mohamed setzen.
»Mann, ist der groß«, wisperte er.
»Sieger im Schwergewicht«, erklärte Omar. »Unangefochten.«
Selbst bei diesen Lichtverhältnissen konnte man sich leicht vorstellen, welchen Schaden diese bösartig aussehenden Stiefel auf einem Hinterteil anrichten konnten.
»Kapitän Sisco«, sagte Omar und wies mit dem Kopf auf einen Wachmann.
»Michael Jordan«, stimmte Benny zu. Wie er hier so hockte und diesen glatzköpfigen aggressiven Koloss beobachtete, merkte Benny, dass er im Augenblick eigentlich keinen weiteren Feind brauchte.
»Game over?«, fragte er hoffnungsvoll.
Omar war bestürzt. »Ende? Mafi Ende. Plan B.«
»Plan B?«
» Nam. Binny Plan.«
»Mein Plan? Ich habe keinen Plan.«
» Nam. Binny Plan. B und E.«
Benny errötete unter der Wichse. B und E. Brechen und eintreten. Sein Plan.
» Mafi Plan B und E, Omar. Sehr schlechter Fetisch.«
Diese Bemerkung mit dem Fetisch war ein wenig übertrieben, aber Omar hörte ihn gar nicht. Er sauste davon und rannte hinten um die Schule herum. In Sekundenschnelle war er über dem Zaun und schlüpfte zwischen den Affenstäben hindurch. Benny stürzte ihm hinterher. Als er Omar eingeholt hatte, kauerte der vor einer der Junggeselleneinheiten. Wenigstens waren sie hier im Schatten der Mauer vor den Augen und mörderischen Absichten Mohamed Gamas geschützt.
»Plan B?«, keuchte Benny.
»Nam.« Omar machte eine Reihe militärischer Handzeichen.
»Klaro, Arnold«, schnaubte Benny.
Omar huschte in den Garten.
»Was hast du vor, Omar? Weißt du, was mein Vater mit mir macht, wenn wir hier erwischt werden?«
Omar ignorierte ihn und mühte sich damit ab, eine gelbe metallene Gasflasche aus einem Betonkasten zu ziehen. Benny musste ihm einfach helfen, sonst würde der kleine Kerl noch unter die Flasche geraten. Sie rollten die schwere Flasche beiseite. Benny schüttelte sie. Leer. Wenigstens würden sie nicht bei einer Explosion ums Leben kommen. Er drehte sich wieder um und Omar war verschwunden.
»Omar«, zischte er. »Komm her, du Lump.« Wo steckte der Kerl? Er hörte ein Kratzen in dem Gaskasten und ihm war klar, dass Omar es tatsächlich geschafft
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