Benny und Omar
hatte, sich dort hineinzuzwängen. Dann sah er das Loch, eine vierzig auf vierzig Zentimeter große Öffnung in der Grundmauer. Dieser kleine Wahnsinnige war im Haus.
Benny versuchte, das Bild eines fetten, dicht behaarten Saisonarbeiters in Sicherheitsschuhen zu verdrängen, und folgte. In der Küche rollte Omar schon das Kabel ab.
» Kif halek , Binny?«
»Schschsch, hier wohnt jemand.«
» Mafi schsch! Geisterstadt. Überraschung, Überraschung, Überraschung, niemand zu Hause!«
Benny hoffte inständig, dass Omars Englisch wenigstens dieses eine Mal richtig war. Er spähte vorsichtig ins Wohnzimmer. Kein einziges Möbelstück. Die Wohneinheit war nicht belegt. Er seufzte. Gott sei Dank wenigstens das.
Omar schlug mit einer alten Zange auf das eine Ende seines Koaxialkabels ein. In einer Ecke des Wohnzimmers schlängelte sich ein Kabel aus dem Zement. Omar verband es mit seinem Kabel. »Schön, wenn ein Plan aufgeht«, verkündete er großspurig.
»Oh, du sprichst ja schon recht fließend«, höhnte Benny, »dabei hast du doch sicher keine Ahnung, was du da tust.«
Omar zog eine Rolle Isolierband aus seinem Werkzeuggürtel und wickelte das Band ungefähr zwanzigmal um die Verbindungsstelle. »Nullo problemo« , grunzte er und überprüfte sein Werk. Nun hatten sie eine Verbindung zur Hauptantenne. Wenn sie es jetzt noch schafften, das Kabel zurück über die Mauer zu bringen, ohne verprügelt zu werden, war ihre Mission erfüllt.
Aber wie legt man ein Kabel durch ein ganzes Haus, drei Meter über Rasen und dann noch über eine Mauer, ohne von einem psychopathischen Wachmann geschnappt zu werden? Der erste Teil war leicht. Benny kniete neben den Teppich und rollte ihn auf. Es gab keine Unterlage und er war bestenfalls lückenhaft festgeklebt. Omar packte mit an und stopfte das Kabel unter den Teppichrand. Damit waren sie schon an der Küchentür.
Dort zog der kleine Tunesier noch ein Werkzeug hervor: ein Küchenmesser mit abgebrochener Spitze. Damit löste er die Sockelleiste und schob sie zur Seite. Im darunter liegenden Gips kam ein Loch zum Vorschein. Bingo. Sie waren in der Küche.
An der Wand standen Einbauschränke mit Kabeltunneln in der Rückwand. Es war kinderleicht. Omar krabbelte zwischen Ober- und Unterschränke und verlegte das Kabel ganz allein. Dann musste er nur noch der Gasleitung bis nach draußen folgen. Benny erinnerte sich schon gar nicht mehr daran, warum er zunächst so ängstlich gewesen war. Sie taten noch nicht einmal etwas Unrechtmäßiges! Man konnte ihm höchstens vorwerfen, dass er einem benachteiligten afrikanischen Jungen half, seinen Anteil am Reichtum der Ersten Welt zu bekommen. Das würde Dad gefallen. Natürlich würde ihm das gefallen.
Sie wanden sich wieder aus dem Loch heraus und achteten sorgfältig darauf, dass sie alles so zurückließen, wie sie es vorgefunden hatten. Dann entrollten sie das Kabel bis zum Ende des Wegs und drückten es tief zwischen Steine und Boden. Nicht einmal ein Rasenmäher würde es streifen.
Benny ging hinter Omar her und drückte die Grasnarbe wieder fest. Mit dieser Arbeit hatte er Erfahrung, denn in ihrem Vorgarten zu Hause hatte er den Rasen mehr als einmal mit ungestümen Schlägen aufgerissen.
Der Weg bog fast rechtwinklig ab und verlief dann parallel zu den Junggeselleneinheiten. Von hier aus führten sie das Kabel am besten direkt zur Mauer. Glücklicherweise lag der rückwärtige Lieferanteneingang direkt vor ihnen. Omar gluckste triumphierend und zog mit der Ferse eine Rinne. Benny übernahm wieder das Zuschütten. Festtreten, festtreten, zuschütten.
Das Lieferantentor war schon seit ewigen Zeiten nicht mehr geöffnet worden. Ein mit kunstvollem Arabisch beschriftetes Schild, das früher einmal weiß gewesen war, zeigte nur noch Schimmelflecken und Rostblasen. Sie konnten das Kabel problemlos darunter hindurchführen, aber wenn jemand das Tor tatsächlich einmal öffnete, wäre es um das Kabel geschehen.
Am Rahmen, wo die Wand nicht ganz bündig abschloss, bröckelte der Zement. Benny montierte einen Brocken heraus, und siehe da, die Wand war nur oberflächlich vergipst: ein kleiner Tunnel öffnete sich und gewährte freien Blick auf die andere Seite. Eifrig fädelten sie das Kabel hindurch. Kinderleicht.
Benny spielte in Gedanken schon die Einschaltzeremonie durch. Sie hatten diesem dicken glatzköpfigen Wachmann ein Schnippchen geschlagen und er ahnte nichts davon.
Zum Glück waren sie schon ein gutes Stück von dem
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