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Benny und Omar

Benny und Omar

Titel: Benny und Omar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eoin Colfer
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Beifahrer. Sein Gesicht war durch einen glänzenden Fes verborgen. Aber Pat erkannte ihn sofort. Ein Mann erkennt seinen Sohn auch in einem Gorillakostüm. Die zerschlissenen Reeboks und die Wexford-Jacke bestätigten es nur. Und genauso plötzlich, wie das Moped gekommen war, bog es zwischen zwei Metzgereien in einen schmalen Fußweg ein und war verschwunden.
    »Oh Gott!«, krächzte er.
    Jessica schreckte auf. »Was? Was ist los?«
    Pat riss sich zusammen. »Nichts. Ich … äh … Kopfschmerzen. Ist mir gerade reingefahren.«
    »Sie werden diesem Celtia abschwören müssen, Pat.«
    »Ja, Stuart, Sie haben Recht. Das wird es sein.«
    »Alles in Ordnung?«
    »Mir geht’s gut – ehrlich. Sehr gut. Ist mir nur kurz reingefahren. Mehr nicht.«
    Jessica lachte auf. »Was für ein Abend«, sagte sie und kuschelte sich in den Arm ihres Mannes.
    Pat Shaw hing düsteren Gedanken nach. »Und er ist noch nicht vorbei«, presste er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.
     
    George schaute sich National Velvet an. Es sah Benny überhaupt nicht ähnlich, ihn das Programm auswählen zu lassen. Aber vielleicht wurde sein Bruder im Alter noch gutmütig. Es wäre schön, wenn sie beide mal eine Weile miteinander auskommen könnten. Mutter würde das gefallen. Er wäre ja bereit, es einmal zu versuchen. Aber Benny! Der liebte den Streit. Der konnte nicht einfach guten Abend oder guten Morgen sagen. Immer hieß es gleich Schleimer hier und Schleimer dort. George merkte, wie er anfing, sich zu ärgern. Benny konnte nur … konnte nur herummotzen!
    Es war so schön hier. Die Schule war voll fett. Auch wenn er nicht ›voll fett‹ denken sollte. Das war umgangssprachlich. Aber es stimmte. Und Mr. Rossi – Bob – war der beste Lehrer, den er je gehabt hatte. Er sprach mit einem und versuchte einem in den Fächern, in denen man nicht so gut war, zu helfen. Aber das passte Benny natürlich alles nicht. Nein! Nichts war gut genug für seine Lordschaft. Mister Hurling-Spieler – der greinende, launische Bernard Shaw. Motzte nur herum. Es ist zu heiß. Niemand mag mich. Ich habe meinen Ball verloren. Quengeln, motzen, meckern!
    George wäre vollkommen glücklich, wenn ihn sein älterer Bruder nicht immer piesacken würde. Brüder sollten einen eigentlich davor beschützen, gepiesackt zu werden. So war das vorgesehen. Merkwürdigerweise hatte Benny tatsächlich einmal ein paar Typen vom Grundstück gejagt, die George drangsalierten. Niemand durfte George etwas antun, nur Benny.
    National Velvet war zu Ende. George merkte, dass er die letzte halbe Stunde gar nicht zugeschaut hatte. Er war zu beschäftigt damit gewesen, über seinen Bruder nachzudenken. Vielleicht sollten sie miteinander reden. Vielleicht war wenigstens ein Waffenstillstand möglich. Er schlich hinüber zu Bennys Zimmer und legte vorsichtig das Ohr an die Tür. Nichts außer dem surrenden Gezirpe der Zikaden. George hielt inne. Wollte er wirklich den gefürchteten Brennnesselgriff am Oberarm riskieren oder gar eingesperrt werden? Nein, eigentlich nicht. Aber er klopfte trotzdem.
    »Benny?« Keine Antwort. Vielleicht war er eingeschlafen.
    »Bernard. Bist du wach?« Immer noch nichts.
    »Ich komm rein – okay?« Er rüttelte einmal am Türknauf. Immer noch kein Widerspruch. Er klopfte und öffnete dabei die Tür.
    »Benny. Ich habe mir überlegt …«
    Aber Benny war nicht da. Georges Herz begann zu rasen. Man darf nicht vergessen, dass sich hinter all der Schauspielerei und all dem Getue ein kleines Kind verbarg.
    Was denkt ein Neunjähriger, wenn sein Bruder aus seinem Zimmer verschwindet? Ein Junge, der erst vor kurzem nach Afrika gekommen und mit Akte X und Tarzan aufgewachsen ist. Er denkt, dass etwas Schreckliches passiert sein muss.
    Vielleicht war ein Löwe ins Zimmer gesprungen und hatte Benny fortgeschleppt. Oder ein Tunesier, den Benny beleidigt hatte. Und jetzt war der ganze Stamm hinter ihm her mit diesen gebogenen Messern.
    Eine Million gewundener und blutrünstiger Theorien flimmerten Georgie durch den Kopf. Er betrat zögernd das Zimmer. Obwohl Benny verschwunden war, fiel es ihm schwer, gegen Bennys ausdrückliches Verbot in das fremde Zimmer einzudringen. George sah unter dem Bett und im Schrank nach. Erfolglos. Vielleicht sollte er mal die Nase zum Fenster hinausstrecken. Möglicherweise lag Benny verletzt auf dem Boden – niedergestreckt – und formte tonlos mit letzter Kraft den Namen seines Bruders. Georgie hüpfte auf das Bett und schaute

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