Benson, Amber - Jenseits GmbH 2 - Einmal Tod ist nicht genug
fünf Augenpaare mein Bild in den spiegelnden Fahrstuhlwänden beobachteten, als wir noch höher stiegen, doch ich ignorierte sie. Ich würde mich nicht auf ein Gefecht einlassen, sondern mich einfach um meine eigenen Angelegenheiten kümmern und hoffen, dass sie möglichst bald ausstiegen. Schließlich erreichten wir nach einer Ewigkeit den siebenundzwanzigsten Stock, und die Familie schlurfte schweigend hinaus.
Bevor die Tür sich hinter meinem Erzfeind im Kleinkindformat geschlossen hatte, schauten Ansel und ich einander in die Augen. Ich wusste, dass wir beide exakt das Gleiche dachten: Wir hatten ein Duell der Willenskraft ausgefochten … und ich war von einem Baby in Pampers geschlagen worden.
»Tühüs!«, sagte Ansel laut und winkte mir hingebungsvoll schlabbernd mit seiner pummligen, schokoladenfleckigen Hand – Himmel, hoffentlich war das Schokolade!
Die Tür schloss sich mit einem leisen Zischen, das ziemlich genau so klang, wie ich mir das Geräusch der ersten Schaufel Erde vorstellte, die auf den eigenen Sargdeckel traf. Bei dem Gedanken lief mir ein Schauer über den Rücken. Es war komisch, doch was ich auch tat, ich wurde einfach das Gefühl nicht los, dass mir etwas Unschönes bevorstand.
Jetzt, da ich allein im Inklinator war, lehnte ich mich an die Spiegelwand und schloss die Augen. Ich hatte keine Ahnung, was ich machen sollte, wenn ich Senenmut tatsächlich finden sollte. Hoffentlich war er noch im König-Tut-Museum, wenn ich dort ankam, aber wie sollte es dann weitergehen? Abgesehen davon, dass ich langsam mal die Arschbacken zusammenkneifen und Senenmut in die Hölle schaffen musste.
Wahrscheinlich hätte ich einfach Jarvis anrufen und ihn bitten können, sich mit mir im König-Tut-Museum zu treffen. Zusammen hätten wir Senenmut sicher überlisten und in ein Wurmloch locken können, das ihn zu Zerberus bringen würde. Doch wenn ich das tat, würde ich ganz alleine mit Bastet, der Königin der Katzen, fertigwerden müssen. Sie würde Daniel behalten, und ich würde dazu gezwungen sein, mit ihr um ihn zu kämpfen -und irgendwie hatte ich das Gefühl, dieser Aufgabe derzeit nicht gewachsen zu sein.
Ich brauchte Senenmuts Hilfe, und um sie zu bekommen, würde ich zuerst ihm helfen müssen.
Die Inklinatorfahrt nach unten ging sehr viel schneller vonstatten als die nach oben. Diesmal blieben die Türen fest geschlossen, als wir eine Etage nach der anderen passierten, bis wir das Atrium erreichten und der Inklinator sanft zum Stehen kam. Die Tür glitt auf, und ich trat auf den Teppichboden hinaus. Die Geräusche aus dem Casino weiter unten hüllten mich wie ein geisterhaftes Echo ein.
Ich folgte den Schildern zum Museum und hielt am Eintrittskartenschalter an, um meine 9,99 Dollar zu bezahlen. Bevor ich reinging, ließ ich den Blick über die mich umgebende Menge schweifen, in der Hoffnung, Senenmut zu entdecken, aber er war nirgends zu sehen. Also war er entweder im Museum oder schon lange fort, sodass ich ihn nie wiederfinden würde. Ich wusste nicht, warum, doch wenn ich eine Spielernatur gewesen wäre -was ich nicht mehr bin –, hätte ich darauf gewettet, Senenmut im Museum zu finden.
So oder so hatte ich offenbar ohnehin keine andere Möglichkeit, als hineinzugehen und mich umzuschauen, also drängte ich mich durch die Menschenmenge am Eingang, die auf ihre automatischen Headset-Museumsführer wartete, und schlüpfte ins Innere.
Ich kam an einer Videopräsentation vorbei, die König Tuts Grab und seine Entdeckung durch den Archäologen Howard Carter zeigte – und die ich mir nicht mal mit vorgehaltener Waffe zu Ende angesehen hätte. Der nächste Bereich des Museums war in mehrere Räume gegliedert, bei denen es sich um exakte Nachbildungen des Grabs handelte, wie es sich im ägyptischen Tal der Könige befand. Es gab einen Raum allein für König Tuts goldenen Sarkophag, für die Kanopen mit seinen inneren Organen und für Amphoren voller vergammelter Nahrung. In den anderen Räumen waren goldene Statuen zu sehen, Schmuck, Töpferwaren und Körbe – alles, was ein Pharao brauchte, wenn seine Seele ins Leben nach dem Tod überging. Alles in allem war es gar nicht so übel gemacht, wenn man von den Touristenhorden und den zahlreichen Scheinwerfern absah – keins von beidem hätte man in der echten Grabkammer von Tutanchamun erwartet.
Da gerade Wochenende war, war es gerammelt voll, und die blöden Führungs-Headsets machten das Gedränge nur noch schlimmer. Aus irgendeinem
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