Benson, Amber - Jenseits GmbH 2 - Einmal Tod ist nicht genug
er wahrscheinlich niemals abgehen würde, egal, wie sehr er sich anstrengte. Immerhin konnte wohl kaum etwas in dem Sarkophag drin sein – er war ja nur zum Anschauen. Warum sollte man ihn also öffnen können?
Er beachtete meine negative Bemerkung nicht und hob etwas auf, das wie ein Abbild der Schakalbrüder aussah. Er wog es in den Händen, packte es beim Schakalkopf und fing an, damit auf den Deckel einzuhämmern.
Jetzt wusste ich zweifelsfrei, dass der Sicherheitsdienst auf dem Weg sein musste. Man zerstörte nicht einfach Casino-Eigentum, löste eine Stampede aus und blieb anschließend noch ein bisschen, um noch mehr Sachen kaputt zu machen, ohne dass irgendjemand einen holen kam. Es gab auf der ganzen Welt keinen Fluchtplan, mit dem wir aus dem Schlamassel rauskommen würden, in dem wir steckten. Ich fand mich damit ab, die Nacht im Gefängnis zu verbringen – was mein Schicksal als nächste Wächterin des Nordtors der Hölle besiegeln und den Verlust von Daniel und Kümmerchen bedeuten würde –, setzte mich auf meine vier Buchstaben und wartete ab, was als Nächstes passieren würde.
Das alles war meine eigene Schuld. Meinetwegen war alles den Bach runtergegangen, und jetzt konnte ich niemanden außer mir selbst dafür verantwortlich machen. Wer war denn so blöd gewesen, überhaupt diesen Handel mit Zerberus abzuschließen?
Ich. Wer war so verpeilt gewesen, Daniel zu helfen, nur um sich seinen Schatten anschließend von der Katzenkönigin klauen zu lassen? Ich. Wer war das Dummbrot, das Mitleid mit Senenmut gehabt hatte, nur um anschließend herauszufinden, dass seine verlorene Liebe sich nicht mal mehr an ihn erinnerte? Ich höchstpersönlich. Niemand sonst.
Ich spürte, wie sich eine Runde Selbstmitleid ankündigte – und soweit ich das beurteilen konnte, war es eine große Runde, eine verdammte Kneipenrunde. Die Wut über meine eigene Dummheit überwältigte mich, und bevor mir klar wurde, was ich da tat, hob ich auch schon einen kaputten Tonkrug auf und schleuderte ihn so fest, wie ich konnte, auf Senenmuts Kopf. Offenbar hatte er das Wurfgeschoss erahnt, denn er wich ihm aus, sodass die große Scherbe den Sarkophag traf und in tausend Stücke zersprang.
Im selben Moment hörte ich ein leises Knallen … und dann fiel der Deckel von dem Mistding ab.
22
Ein blendender Lichtblitz zuckte durch den Raum, als der Deckel auf dem Boden aufschlug. Ich hielt mir die Hand vor die Augen, in dem Versuch, sie abzuschirmen, doch das Nachbild hinter meinen Lidern hielt sich hartnäckig. Ein trockener, heißer Luftzug wirbelte durch meine Haare und brachte mich zum Schwitzen. Dann folgte ein Ansturm kleiner, harter Körnchen, die mich überall, wo meine Haut frei lag, piksten. Das Piksen hielt nur ein paar Sekunden an, aber hinterher hatte ich das Gefühl, als hätte man mich am ganzen Leib mit Schmirgelpapier abgerieben.
Als die piksenden Körnchen ihre Attacke auf mich abbrachen, ließ auch der Wind nach. Da ich immer noch fürchtete, der Wind könnte jeden Moment wieder stärker werden, aber gleichzeitig neugierig war zu sehen, wo zum Teufel ich mich befand, öffnete ich ein Auge einen Spaltbreit. Nichts geschah, weshalb ich auch das andere Auge öffnete. Zu meiner Überraschung saß ich mitten in einer Wüste und trug feinste Leinenkleidung am Leib und Ledersandalen an den Füßen. Ich schaute auf meine Arme, in der Befürchtung festzustellen, dass die oberste Hautschicht abgeschmirgelt wäre, stellte jedoch erleichtert fest, dass meine Haut unversehrt und an einem Stück war.
»Willkommen in Ägypten.«
Ein langer Schatten fiel über den Sand, und ich blickte auf und sah Senenmut über mir stehen. Er trug die gleichen weißen Leinensachen wie ich – doch dieser Senenmut war ein ganz anderer Mann. Seine Haut hatte die Farbe gebrannter Mandeln, und sein dichtes, dunkles Haar wallte um seine Schultern. Doch die größte Veränderung bestand darin, wie entspannt und erholt er aussah.
»Das ist nicht das Ägypten meiner Gegenwart, oder?«, fragte ich, während ich aufstand und mir den Sand vom Hintern wischte. Mir fiel auf, dass das Leinengewand, das ich trug, genau so geschnitten war wie eines meiner absoluten Lieblingskleider: ein seidenes Givenchy -Wickelkleid, das meine Mutter mir zum siebzehnten Geburtstag geschenkt hatte. Ich hatte es so gern gemocht, dass ich es getragen hatte, bis es auseinandergefallen war. Dementsprechend hin und weg war ich nun, als ich feststellte, dass ich eine
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