Benson, Amber - Jenseits GmbH 2 - Einmal Tod ist nicht genug
Doch stattdessen holte ich tief Luft und versuchte mich zu entspannen.
»In Ordnung«, wisperte ich schließlich, und Senenmut drückte meine Schulter.
Ich würde tun, was mein Ägypter-Freund sagte: Ich würde abwarten – obwohl es gegen mein gesamtes Selbstverständnis ging. Ich gehörte in Sachen »Probleme kriegen« definitiv zur Erst-handeln-dann-denken-Schule, doch ich tat wie geheißen und hielt die Klappe.
Letztlich konnte ich ohnehin nichts dagegen unternehmen, wenn Kali beschloss, mich an Zerberus zu verschachern. Ich hatte mir die Suppe selbst eingebrockt, und jetzt musste ich sie auslöffeln – selbst wenn sie nach Hundefutter schmeckte.
»Wir vom Vorstand der Jenseits GmbH«, fuhr Kali fort und schaute dabei zu mir, »sind bereit, dich von deinem Vertrag zu entbinden, aber wir werden nicht gestatten, dass du deine Stelle an ein halb menschliches Wesen abgibst.«
Ja, schrie ich in Gedanken. Ja, ja, ja! Ich bin gerettet! Danke, halb menschliches Blut in meinen Adern!
In meinem ganzen Leben war ich noch nie so stolz darauf gewesen, zur Hälfte Mensch zu sein. Ich hatte den menschlichen Teil meiner selbst immer am höchsten geschätzt, und dies war die Belohnung dafür ein Hoch auf mich! Doch dann dämmerte es mir plötzlich, dass diese Halbmenschenbemerkung mich vor einem schlimmeren Schicksal als dem Tod bewahrt haben mochte, dass sie aber gar nicht als Kompliment gemeint gewesen war. Vielleicht war der Vorstand der Meinung, dass ich als zur Hälfte menschliches Wesen es gar nicht wert war, das Nordtor der Hölle zu bewachen. Vielleicht war ich ein verachtetes Halbblut, dem niemand eine wichtige Aufgabe anvertrauen wollte.
Nachdem dieser Gedanke es sich in meinem Schädel gemütlich gemacht hatte, wusste ich nicht mehr, ob ich jubeln oder mir die Pulsadern aufschneiden sollte – wenn auch nur im übertragenen Sinne.
»Ich will damit sagen, Stinkemaul«, fuhr Kali in ihrem gewöhnlichen Tonfall fort, »dass wir jemanden suchen, um dich zu ersetzen, wenn du deinen Job loswerden willst. Ohne irgendwelche Spielchen.«
Die drei Köpfe hörten sofort auf zu winseln, und Knurrkopf richtete seinen einäugigen Blick wieder auf die indische Göttin.
»Du musst es nur sagen, Stinkemaul.«
Knurrkopf dachte einen Moment lang über seine Antwort nach, ohne den Blick seines grimmigen gelben Auges von Kali abzuwenden. Anscheinend rechnete er damit, irgendeinen Haken an ihrem Angebot zu finden, und versuchte nun eilig, alle möglichen Folgen seiner Entscheidung abzuwägen, um zu verstehen, wie man ihn täuschen wollte. Die beiden anderen Köpfe entspannten sich, nun, da sie wussten, dass das Ende ihrer ewigen Mühsal nach wie vor zur Debatte stand, und leckten abwechselnd Zerberus’ Eier.
Nach einer gefühlten Ewigkeit blinzelte Knurrkopf und signalisierte damit, dass er eine Entscheidung getroffen hatte.
»Wir nehmen das Angebot an.«
Kali nickte.
»Dann kannst du von hier verschwinden.«
Doch der riesige, dreiköpfige Hund regte sich nicht von der Stelle. »Wir wüssten gern, wer unseren Job übernimmt, wenn nicht die Tochter des Todes.«
»Was interessiert es dich?«, fragte Kali, deren zickige Seite nun voll zum Vorschein kam. »Dir ist dein Job doch scheißegal, Stinkemaul.«
Knurrkopf seufzte. »Es interessiert uns.«
Kali zuckte mit den Schultern. »Wenn du es denn unbedingt wissen möchtest, Stinkemaul …« Sie schnippte mit den Fingern. »Komm raus!«
Der Äther um uns herum kräuselte sich, und mit einem Mal saß Kümmerchen neben Kali.
»Hi, Dad«, sagte Kümmerchen, und ihre neugeborene Stimme war genauso niedlich wie der Rest von ihr. Sie mochte zwar gerade erst das Sprechen gelernt haben, aber ihr Tonfall verriet keine Spur von Unsicherheit.
»Du kannst sprechen?«, flüsterte ich und kam mir dabei wie eine ausgesprochen schlechte Mutter vor, weil ich mich wie eine Weltenbummlerin in Las Vegas, dem alten Ägypten und im Jenseits rumgetrieben hatte und nicht dabei gewesen war, als sie ihre ersten Worte gesprochen hatte.
Argh , ich hätte mir am liebsten eine reingehauen!
Kümmerchen nickte und wedelte voller Stolz über ihre neue Fähigkeit mit dem Schwanz. Mit ihrem rosa Halsband (das ich bei unserer ersten Begegnung herbeigezaubert hatte) und ihrem in der Nachmittagssonne glänzenden dunklen Fell sah die kleine Höllenhündin kaum noch wie ein Welpe aus, sondern voll ausgewachsen. Am liebsten hätte ich losgeheult.
»Ich habe meine Stimme früh gefunden«, sagte Kümmerchen
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