Benson, Amber - Jenseits GmbH 2 - Einmal Tod ist nicht genug
so prüde vorkam.
»Oh«, murmelte die Auraspezialistin und räusperte sich. »Ich verstehe.«
»Es war, um mein Leben zu retten, glaube ich, und nur ein Mal.« Ich bedachte sie mit meinem reuigen Lächeln, und sie tätschelte mir die Hand.
»Mein armes Kleines, es gibt keinen Grund, sich zu schämen«, schalt mich die Auraspezialistin. »Es ist nichts Falsches daran, ineinanderzufließen … insbesondere, wenn dir jemand dadurch helfen wollte.«
»Könnte das dazu geführt haben, dass meine Aura sich mit der dieses Kerls verwoben hat?« Ich kam mir vor wie eine sechzehnjährige Jungfrau im Sexualkundeunterricht, die noch nicht so richtig kapiert hatte, wie man sich Geschlechtskrankheiten zuzog.
»Ja, ich glaube, ein Ineinanderfließen kann so etwas verursachen«, sagte Madame Papillon weise. »Ich habe so etwas noch nie zuvor beobachtet, aber theoretisch kann es passieren.«
Sie stellte ihre Teetasse auf den Bauarbeiter und seufzte tief. Dann nahm sie meine Hand und drückte sie fest.
»Du hast mich gefragt, ob Tote eine Aura haben. Bezog sich das auf die Person, mit der du ineinandergeflossen bist?«
Ich nickte. »Ich dachte, dass er tot wäre, aber jetzt weiß ich es nicht mehr …«, stotterte ich, doch sie brachte mich mit einem Kopfschütteln zum Schweigen.
»Lass dir das gesagt sein, meine Liebe«, erwiderte Madame Papillon, und mir fiel zum ersten Mal auf, wie schön sie als junge Frau gewesen sein musste. Sie hatte einen wunderbar feingliedrigen Körper und unvergessliche Augen; Augen, von denen man sich hypnotisieren lassen konnte, wenn man nicht aufpasste.
Ich blinzelte, um das Bild von der jüngeren, schöneren Madame Papillon aus meinem Kopf zu verbannen, und genau in diesem Moment knallte sie mir die Nachricht rein, die mir Herz und Hirn verflüssigte:
»Ich weiß aus sehr verlässlicher Quelle, dass dein junger Mann alles andere als tot ist.«
4
Ich saß allein auf dem Pottery-Barn-Sofa in meiner unaufgeräumten Wohnung, zog langsam den Faden heraus, den Muna aus dem Polster gerupft hatte, und überlegte, was ich als Nächstes tun sollte.
Nachdem die Nachricht, dass Daniel doch nicht tot war, mich emotional ganz gehörig durchgerüttelt hatte, war der Rest von Madame Papillons Besuch wie im Flug vergangen. Natürlich wurde mir erst klar, wie sehr ich neben mir gestanden hatte, als sie und ihre launische Minke längst weg waren.
Ich hatte mich einverstanden erklärt, mich von Madame Papillon magisch unterweisen zu lassen.
Und es ging hier nicht um irgendeine x-beliebige Magie-Lektion. Ich würde nicht nur irgendwas verzaubern. Nein, ich würde zulassen, dass die Auraspezialistin mir beibrachte, wie man Wurmlöcher beschwört und in ihnen navigiert, etwas, das ich bislang noch nie hingekriegt hatte.
Ich musste sie nur rufen, und sie würde es mir beibringen -gratis.
Meine ältere Schwester Thalia – die sich mittlerweile sicher in ihrer gemütlichen kleinen Zelle in den tieferen Regionen des Fegefeuers befand, wo sie die hundert Jahre Einsamkeit absaß, zu denen sie wegen ihrer Rolle bei der Entführung meines Vaters verurteilt worden war – hatte mir mal erzählt, dass ich magisch unfähig sei, dass ich nicht mal gut genug dazu sei, um jemandem zu dienen, der Magie beherrschte. Damals war ich erst zwölf gewesen – und hatte gerade eine empfindliche und pummelige Phase durchgemacht, in der mir nichts an meinem Körper und/ oder Verstand richtig vorgekommen war, weshalb sich ihr Vorwurf der magischen Unfähigkeit sehr gut ins Gesamtbild fügte. Trotzdem kann ich Thalia nicht die ganze Schuld an meinen magischen Minderwertigkeitsgefühlen geben.
Die Pubertät ist die Zeit, in der sich Magie bei jungen Frauen langsam ernsthaft bemerkbar macht – was wahrscheinlich mit all den frei flottierenden Hormonen zu tun hat. Aber bei mir kam und ging die Pubertät, ohne dass irgendein Anzeichen von Magie auftrat. Mein Mangel an magischer Begabung war mir schrecklich peinlich, und noch peinlicher war mir die Begeisterung meines Vaters über meine magische Unfähigkeit.
Während er sich Thalias Fähigkeiten in Sachen Magie bewusst zu sein schien, ohne sich groß dafür zu interessieren, ging es ihm bei mir einzig und allein darum, die Gabe zu hemmen. Das verstand ich bis heute nicht hundertprozentig, insbesondere jetzt, da er Madame Papillon zu mir schickte, um mir Privatunterricht zu geben – und ihr dafür wahrscheinlich mehr bezahlte, als ich in einem ganzen Jahr verdiente.
Das
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