Benson, Amber - Jenseits GmbH 2 - Einmal Tod ist nicht genug
helfen konnte.
Das Schlafzimmer meiner kleinen Schwester sah aus wie so ein japanisches Retro-Turnschuhgeschäft, bei dem man zweimal hinschauen muss, bevor man kapiert, dass es sich tatsächlich um ein Turnschuhgeschäft handelt.
Natürlich war ihr Zimmer nicht seit jeher so stromlinienförmig und raumschiffmäßig eingerichtet gewesen – bis vor zwei Wochen hatte es sehr viel wohnlichere Lebensbedingungen geboten, doch dann hatte Clio beschlossen, alles vom Boden bis zur Decke neu zu gestalten.
Auf eine Person wie mich, die gern auf Stühlen sitzt, die wie Stühle aussehen – und nicht wie Aluminiumkeile – wirkte das Zimmer ziemlich kahl.
Der Boden bestand aus silbernem Industrielinoleum mit aufgestanzten Ringen, das so perfekt zur Struktur der grauen Wandverkleidung passte, als hätte man beides bei der Produktion aufeinander abgestimmt. Beim Bett handelte es sich um so eine Tempurschaummatratze, die in den Fußboden eingelassen war, und wenn die silberne Tagesdecke mit Ringmuster festgesteckt war, sah sie – ihr habt es erraten – wie ein Stück Boden aus.
Das habe ich herausgefunden, als ich darauf getreten und der Länge nach hingeflogen bin, weil ich nicht damit gerechnet hatte, dass der Boden nachgeben würde. Nicht schön, aber auch nicht besonders schmerzhaft.
In einer Ecke gab es einen großen Arbeitsbereich aus Metallmodulen, wo Clio ihre Massen von Computerutensilien aufbewahrte. Daneben war ein Flachbildschirm-Fernseher an der Wand angebracht, mit direkter Sichtlinie zum Bett. Da ich nicht einmal einen Fernseher im Schlafzimmer hatte, war die Vorstellung, etwas so Großes und Kinoartiges anschauen zu können, während man auf dem Rücken lag und Chips in sich reinstopfte, etwas ziemlich Neues für mich.
Ich fragte mich, wie schwer es sein würde, meinen eigenen Fernseher (bei dem es sich eigentlich nur um eine Kuriosität handelte, da ich nicht einmal Kabelanschluss hatte) über meinem Bett an der Decke zu befestigen, so ähnlich, wie man es in Motels und Krankenhauszimmern beobachten konnte. Das wäre doch ziemlich cool gewesen, oder?
Dann fiel mir ein, dass mein Schlafzimmer eigentlich in keinerlei Weise an ein Motel oder ein Krankenhaus erinnern sollte, und ich beschloss, doch lieber alles beim Alten zu lassen. Mein kleiner Zweiundzwanzig-Zoll-Fernseher machte sich ganz hervorragend als Staubfänger im Wohnzimmer.
»Ich kann ein anderes Mal wiederkommen, wenn du zu tun hast«, sagte ich, während ich zusah, wie meine kleine Schwester auf einem dieser köstlich anzuschauenden ergonomischen Stühle an ihrem Computer saß und die Finger über die Tastatur klappern ließ.
Ich saß auf dem Aluminiumkeil, der nur entfernt an einen Stuhl erinnerte.
Ohne innezuhalten, wandte sie sich zu mir um und verdrehte die Augen. »Von mir aus, Cal.«
»Ich meine«, sagte ich und rutschte in dem Versuch hin und her, es mir auf dem Aluminiumkeil gemütlich zu machen, »wenn du zu tun hast, will ich dich nicht stören oder so.«
Ihre Finger huschten noch immer über die Tastatur. Sie schüttelte den Kopf. »Sei nicht blöd. Ich bin fast fertig, und dann hast du meine volle, ungeteilte Aufmerksamkeit, versprochen.«
»Ah, bestens«, murmelte ich sarkastisch.
Sie bedachte mich mit einem spöttischen Lächeln, gefolgt von etwa zwanzig Sekunden Wimpernklimpern, und wandte sich dann wieder ihrer Arbeit zu.
Plötzlich spürte ich, wie etwas Kaltes und Glitschiges mir über den rechten Handrücken leckte. Erschrocken riss ich den Arm so heftig weg, dass ich beinahe vom Keilstuhl aufs Linoleum gefallen wäre.
»Verdammt noch mal!«, quiekte ich und schaute nach unten, wo Höllenhundwelpe Kümmerchen saß und mir fröhlich mit dem Schwanz zuwedelte. »Lass das, Kümmerchen! Ich hab fast einen Herzanfall gekriegt … Himmel.«
Der wunderschöne, schwarze Höllenhundwelpe setzte sich auf die Hinterläufe und legte den Kopf auf die Seite. Ich wusste genau, was Kümmerchen dachte: Calliope Reaper-Jones muss mal ein bisschen runterkommen – und damit lag sie absolut nicht falsch.
»Tut mir leid, Kümmerchen. Ich hab ein paar harte Wochen hinter mir.« Ich streckte die Hand aus und kraulte sie hinter den weichen, flauschigen Ohren. Sie neigte den Kopf nach vorne, sodass ich besser an ihren Hals kam und mein Kraulen verstärken konnte. Das fasste ich als Signal dafür auf, dass sie meine Entschuldigung angenommen hatte und mir keinen Vorwurf aus meiner Schreckhaftigkeit machte.
Ich schaute in ihre leuchtend
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